Jedermann-Festnahmerecht
Schleuser per Traktor gestoppt: Ermittlungen gegen drei Berchtesgadener eingestellt

21.03.2024 | Stand 21.03.2024, 13:32 Uhr

Mit einem Traktor versperrte ein einheimischer Landwirt dem mutmaßlichen Schleuser den Weg. Anschließend hielten mehrere Anlieger den Mann bis zum Eintreffen der Polizei fest. − Foto: privat

Die Staatsanwaltschaft Traunstein hat die Ermittlungen gegen drei Männer aus Oberau (Berchtesgadener Land) eingestellt, die im Dezember in der Hofeinfahrt eines Bauernhofs einen mutmaßlichen Schleuser festgehalten hatten. Das gab sie am Donnerstag in einer Mitteilung bekannt.



Der Grund: Ein Teil der Vorwürfe sei nicht nachzuweisen, die übrigen Handlungen durch das sogenannte Jedermann-Festnahmerecht gerechtfertigt, erklärte die Behörde.

Der 39 Jahre alte mutmaßliche Schleuser soll am 27. Dezember vergangenen Jahres versucht haben, 18 Menschen aus Syrien in einem Transporter nach Deutschland zu bringen. In der Hofeinfahrt wollte er die Flüchtlinge nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft absetzen. Die drei Anwohner hätten verhindert, dass er wegfährt. Der mutmaßliche Schleuser wurde schließlich von der Polizei festgenommen.

39-Jähriger bei Rangelei verletzt



Bei ihm seien Verletzungen an der Nase und den Knien festgestellt worden, erklärte die Staatsanwaltschaft. Der Transporter sei beschädigt gewesen. Die Staatsanwaltschaft sei gesetzlich dazu verpflichtet gewesen, den Sachverhalt zu klären, weil es einen Anfangsverdacht der Körperverletzung, Nötigung und Sachbeschädigung gegeben habe.

Durch Jedermann-Festnahmerecht gedeckt



Die Prüfung ergab nun, dass nicht nachzuweisen war, dass der 39-Jährige absichtlich verletzt worden war. Im Übrigen sei das Verhalten der drei Anwohner durch das Jedermann-Festnahmerecht gedeckt, erklärte die Staatsanwaltschaft. Dieses gelte nur, um einen auf frischer Tat ertappten Straftäter den zuständigen Behörden zu übergeben. Die Anwendung von Gewalt müsse dabei verhältnismäßig sein.

In dem Fall hätten sich die drei Privatleute verhältnismäßig verhalten. Denn der 39-Jährige sei einer schweren Straftat dringend verdächtig. Er habe mutmaßlich 18 Menschen ungesichert transportiert. Der Verdacht laute auf Einschleusen von Ausländern unter einer das Leben gefährdenden Behandlung. Eine mögliche fahrlässige Körperverletzung, das Fixieren des Manns am Boden und das Einschlagen der Scheiben am Transporter seien im Verhältnis dazu noch verhältnismäßig.

Staatsanwalt: „Zivilcourage ist wichtig“



Der mutmaßliche Schleuser sitzt in Untersuchungshaft. Der Leiter der Traunsteiner Staatsanwaltschaft, Wolfgang Beckstein, erklärte: „Zivilcourage ist wichtig und grundsätzlich zu begrüßen.“ Gerade im Bereich der Schleuserkriminalität gingen Täter aber immer skrupelloser vor. „Deshalb rate ich dringend dazu, in derartigen Fällen sofort die Polizei zu verständigen und sich nicht selbst in erhebliche Gefahr zu begeben.“

− dpa