Bellinis „I Capuleti e i Montecchi“ bei den Festspielen
Neuer Stern am Salzburger Opernhimmel: die russische Mezzosopranistin Aigul Akhmetshina

20.08.2023 | Stand 12.09.2023, 23:12 Uhr
Elisabeth Aumiller

Im September singt sie Carmen an der Bayerischen Staatsoper in München: Aigul Akhmetshina, hier in Salzburg. −Foto: SF/Marco Borrelli

Bei den Salzburger Festspielen ist am Wochenende die konzertante Aufführung von Vincenzo Bellinis lyrischer Tragödie um das Liebespaar Romeo und Julia „I Capuleti e i Montecchi“ in der Felsenreitschule zum glänzenden Fest der Stimmen geworden. Bellinis Belcanto-Melodik bringen die Sängerinnen und Sänger in einschmeichelnden Kantilenen zum Tragen, sie lassen aber auch mit leidenschaftlich dramatischem Impetus aufhorchen.

Als große Entdeckung des Abends feiert die junge russische Mezzosopranistin Aigul Akhmetshina in der Rolle des Romeo ihr umjubeltes Salzburger Debüt. Ihre Stimme besitzt persönliche Qualität im Timbre, hat einen warmen runden Klang ohne Schärfen bis in die fabelhafte Höhe, ist tragfähig und technisch exzellent geführt. Zudem sind Piano- und Fortepassagen gut ausbalanciert. Nichts wirkt überzogen als bloßes Zurschaustellen der stimmlichen Fähigkeiten, sondern ihr Singen ist ganz der rollengerechten Ausdrucksskala gewidmet. Eindrucksvoll in den Arien „Se Romeo t’uccise“ und „Deh tu bell’anima“, ebenso in den Duetten und in der großen Schlusszene „Ah crudel che mai facesti“.

2017 wurde die Sängerin, die aus der Stadt Ufa rund 1300 Kilometer östlich von Moskau stammt, Mitglied im Programm junger Künstler an der Londoner Covent Garden Oper, gewann in Folge mehrere bedeutende Wettbewerbe und singt inzwischen international an den großen Opernhäusern. Im September ist sie die Carmen an der Bayerischen Staatsoper in München.

Auch die übrigen Solisten zeigen sich als hervorragende Protagonisten im rollendeckenden Einsatz. Elsa Dreisig gibt mit ihrer hellen jugendlichen Sopranfarbe eine passende Giulia. In ihrer Auftrittsarie „Oh quante volte“ punktet sie mit fein gesponnenem Pianoansatz und schönen lyrischen Linien. In den Duetten mit Romeo interagiert sie mit Verve und Engagement.

Mit imponierendem Bass ist Michele Pertusi der gebieterische Capellio, unnachgiebig streng gegen die feindlichen Montagues. Tenoralen Glanz und emotionalen Ausdruck steuert der leidenschaftlich in Giulia verliebte Tebaldo von Giovanni Sala bei. Roberto Tagliavini führt mit kernig klangvollem Bariton einen überzeugenden und sympathischen Lorenzo ins Treffen. Der Philharmonia Chor Wien liefert eindrückliche choristische Gesangskultur, gut artikuliert und im Klangcharakter gut angepasst an die Inhalte. Marco Armiliato ist am Pult des Mozarteumorchesters der erfahrene Sachwalter für Italianità und führt das Orchester zu brillantem melodischem Einsatz. Da glänzen schöne solistische Passagen vom Horn, von der Klarinette und der Oboe, von Harfe und Cello. Armiliato setzt ebenso auf gefällige Lyrismen wie auf dramatische Klangreize und forsche Tempi.

Das Liberetto zur etwas veränderten Dramaturgie von Bellinis Oper schuf Felice Romani aus verschiedenen italienischen Quellen. 1830 fand die Uraufführung statt. Capelllio von den Capulets will seine Tochter Giulia zur Ehe mit Tebaldo zwingen und kennt keine Gnade für das Friedensangebot des feindlichen Montague Romeo. Dieser schlägt Giulia die Flucht vor, aber sie will nicht zustimmen. So wird Lorenzo ins Vertrauen gezogen. Er will Giulia mit einem Schlaftrunk vor der erzwungenen Ehe bewahren. Nach dem fatalen Ausgang klagt Lorenzo Capellio als Mörder der beiden Liebenden an.

Elisabeth Aumiller


Wieder am 21. August, Info auf salzburgerfestspiele.at