Nach Kritik an Lehrerfortbildung
Ministerin Kaniber reagiert auf Peta-Vorwürfe und verteidigt die Pidinger Molkerei

12.04.2024 | Stand 12.04.2024, 9:22 Uhr

Grünland können nur Wiederkäuer für die menschliche Ernährung nutzbar machen, so ein Argument von Michaela Kaniber für die Milchviehhaltung. Die hier abgebildeten Exemplare hat unser freier Mitarbeiter Hans Fürmann im vergangenen Herbst abgelichtet. Sie grasen in der Nähe vom Sechshögl vor dem Panorama von Staufen und Zwiesel.  − Foto: RoHa-Fotothek Fürmann

Über Peta und ihre Kritik an einer Lehrer-Fortbildung in der Molkerei Piding (Landkreis Berchtesgadener Land) ärgert sich Stimmkreisabgeordnete und Staatsministerin Michaela Kaniber. In einer Pressemitteilung nimmt sie zu den Aussagen der Tierschutzorganisation Stellung und verteidigt die Genossenschaft.



Wie berichtet, vertritt Peta die Auffassung, der Besuch der Lehrkräfte in den Milchwerken würde eine „einseitige und wirtschaftlich orientierte Ernährungsbildung“ unterstützen. Außerdem forderte die Organisation, pflanzliche Ernährung im Lehrplan zu berücksichtigen und damit tierethische und umweltfreundliche Perspektiven.

Einsatz für Tierwohl und Nachhaltigkeit

Sie sei entsetzt, mit welchen Kampfbegriffen und Behauptungen Peta gegen das Lebensmittel Milch vorgehe, beginnt die Ernährungs- und Landwirtschaftsministerin ihre ausführliche Erklärung. Sie stelle sich vor die Lehrer, die sich freiwillig umfassend über die Milchwirtschaft und bäuerliche Produktion informiert haben. „Es ist unmöglich, wie diese durch die Lobby-Organisation Peta an den Pranger gestellt und unter Druck gesetzt werden sollen.“

„Ungeheuerlich“ seien die verwendeten Floskeln, wonach Kühe „ausgebeutet“ würden. Dieser Unterstellung widerspreche sie aufs Schärfste, so Kaniber. Im Einzugsgebiet der Milchwerke kümmere sich eine Bauernfamilie im Schnitt um 27 Tiere. Es sei absurd, gerade die Molkerei Berchtesgadener Land zu kritisieren, die wie kaum eine andere die Aspekte Nachhaltigkeit und Tierwohl in den Mittelpunkt stelle und dafür viel unternehme. Neben Beratungen, Schulungen, Weideseminaren und einer Wissenswerkstatt, bekommen die Erzeuger einen höheren Milchpreis für besonders artgerechte Haltungsformen. Zusätzliche Prämien vergebe die Molkerei für Laufställe, Auslauf und die Weide.

„Offenbar keine Ahnung“

„Offenbar keine Ahnung“ habe die Tierschutzorganisation, welche Bedeutung die Milchviehhaltung für den Erhalt der Natur- und Kulturlandschaft habe. Kaniber beruft sich auf den Ehrenvorsitzenden des Bund Naturschutz Bayern, laut dem die auf der Weide stehenden Rinder keine Klimakiller seien, sondern es schützen. Wiederkäuer seien wichtig für die Erhaltung von Graslandschaften und nur sie seien in der Lage, für den Menschen unverdauliche Halme in Milch und Fleisch umzuwandeln.

Auch den Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland zitiert Kaniber: „Nachhaltiges Weidemanagement vergrößert die Wurzelmasse der Pflanzen. So können sie mehr Wasser aufnehmen und tiefere Wasserschichten erreichen. Das hilft durch lange Dürreperioden. Die Kuhfladen sind besondere Lebensräume für viele Insekten.“ Ob Peta diese Lebensräume zerstören wolle, fragt die Ministerin.

Gesundheitlicher Wert von Milch „unstrittig“

Auch für eine intakte Kreislaufwirtschaft sei Tierhaltung wichtig, denn Pflanzenbaubetriebe bekämen dort ihren Dünger her. Außerdem sei der allergrößte Teil – gut zwei Drittel bis fast drei Viertel – der landwirtschaftlichen Flächen des Planeten Grünland. Diese würden für die menschliche Ernährung nur über Wiederkäuer nutzbar.

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„Der Versuch, das Lebensmittel Milch zu diskreditieren, empört mich“, erklärt Kaniber. Sie enthalte lebenswichtige Nährstoffe für den Körper. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfehle den täglichen Verzehr von Milch und Milchprodukten. Der gesundheitliche Wert sei unstrittig. „Das Eiweiß in der Milch ist zum Beispiel wichtig für den Muskelaufbau, der Milchzucker und die Mineralstoffe unterstützen das Wachstum und sind wertvoll für den Stoffwechsel und das Nervensystem. Zudem enthält Milch die Vitamine B2 und B12 sowie den Mineralstoff Kalzium und die Spurenelemente Zink und Jod“, listet Kaniber auf. 27 Prozent der Vitamine B2 und B12 werden ihr nach über den Verzehr von Milchprodukten aufgenommen, beim Mineralstoff Kalzium seien es fast 50 Prozent. Kalzium und B2 seien zwar auch in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, aus Milch seien sie für den menschlichen Körper aber besonders leicht nutzbar. „Die empfohlene tägliche Zufuhr an Kalzium wird in Deutschland weder bei Jugendlichen noch bei Erwachsenen erreicht. An die Nährstoffdichte der Milch kommt keines der Ersatzprodukte heran.“

Sozialistische Argumentationsmuster

„Richtig absurd“ werde die Debatte, wenn von „Ausbeutung für Konsum“ oder von den „wirtschaftlichen Interessen der Milchindustrie“ gesprochen wird, heißt es in der Presseaussendung. Es handle sich um sozialistische Argumentationsmuster, wobei es offenbar mehr um die Beseitigung der sozialen Marktwirtschaft gehe, als um die Wirklichkeit. Die bayerischen Lebensmittel und eine gesunde Ernährungsweise würden mit dem Schlagwort „Konsum“ diskreditiert werden. Außerdem sei es „fast schon lächerlich“, solche Begriffe auf eine Molkerei anzuwenden, die genossenschaftlich organisiert ist und damit den bäuerlichen Familienbetrieben selbst gehört.

Peta mahne zwar eine Information über eine ausgewogene Ernährung an, diffamiere dann aber Lehrer, Bauern und Molkereimitarbeiter, wenn über einen Aspekt davon informiert wird. „Schon daran ist zu erkennen, dass es denen nicht um Ausgewogenheit geht“, sondern vielmehr um „ein Feindbild, das sie für das eigene Spenden-Marketing pflegen“.

Ideologische Denkverbote

Die Lehrerinnen und Lehrer, die an dieser Fortbildung teilgenommen haben, setzen hingegen nicht nur auf einseitige Darstellungen, so Kanibers Auffassung. „Man darf den Lehrern zutrauen, dass sie sich vor Ort selbst ein Bild machen. Die ideologischen Denkverbote von Peta sind aufs Schärfste abzulehnen.“ Davon sollten sich Schulen und Lehrkräfte nicht beeindrucken lassen. Die vielseitige Information, der Praxisbezug zu Wirtschaft und bäuerlichen Betrieben, die Information über Strukturen und Einrichtungen in der eigenen Region, seien enorm wichtig. Sie würden dazu beitragen, Schülerinnen und Schülern Alltagskompetenz zu vermitteln. „Wer das alles bekämpft, versucht seine eingeengte Gedankenwelt auf andere überzustülpen. Das sollten wir uns nicht gefallen lassen“, beendet die Ministerin ihr Schreiben.

− red