Drittes Jahr als Radprofi
„Traum, der in Erfüllung geht“: Ramsauer Anton Palzer tritt beim Giro d’Italia an

28.04.2023 | Stand 16.09.2023, 22:56 Uhr

In seinem dritten Jahr als Radprofi ist der ehemalige Weltklasse-Skibergsteiger Anton Palzer beim Giro d’Italia dabei. −Foto: imago images

In seinem dritten Jahr als Radprofi nimmt Anton Palzer (30) nach der Vuelta a España 2021 die nächste, dreiwöchige Landesrundfahrt unter die Räder: Der ehemalige Skibergsteiger startet für Bora-hansgrohe beim Giro d’Italia.



Im Interview spricht der gebürtige Ramsauer (Berchtesgadener Land) über seine Aufgaben im Team, persönliche Ziele und Gänsehaut beim Gedanken an die Drei Zinnen.

Herr Palzer, der Giro d’Italia – ist das für Sie der nächste Schritt in Ihrer Karriere als Radprofi?
Anton Palzer: Der nächste Schritt und definitiv auch ein Traum, der in Erfüllung geht. Die Vuelta 2021 war für mich, nach nur fünf Monaten im Radsport, eine sehr spezielle Erfahrung. Für meine Entwicklung aber auch ein ganz wichtiger Baustein. Der Giro ist nach der Tour de France die zweitwichtigste Rundfahrt im Radsport, dementsprechend groß ist die Freude, dabei zu sein und das Vertrauen meines Teams zu bekommen.

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Bora-hansgrohe hat mit Jai Hindley die Rundfahrt im vergangenen Jahr gewonnen, die Erwartungshaltung des Teams ist hoch. Wie sieht Ihre Rolle in den nächsten drei Wochen aus?
Palzer: Der Erfolg beim Giro war bestimmt einer der wichtigsten Meilensteine für Bora-hansgrohe. In diesem Jahr gehen wir mit dem Vorhaben, den Titel zu verteidigen in das Rennen. Aleksandr Vlasov und Lennard Kämna sind unsere Kapitäne, für die ich in den nächsten drei Wochen arbeiten werde. Meine Rolle ist ganz klar: Ich bin Helfer – vom ersten bis zum letzten Tag. Ich versuche unsere Kapitäne zu eskortieren, versorge meine Teamkollegen mit Flaschen und stecke die Nase in den Wind.

Welche persönlichen Ziele haben Sie für den Giro d’Italia?
Palzer: Mein erstes Ziel war die Nominierung für den Giro d’Italia, dafür habe ich in den letzten Monaten hart gearbeitet. Jetzt heißt es für mich, alles für unsere Kapitäne und den Erfolg des Teams zu geben. Wenn ich in der dritten Woche mit einer starken Performance wichtige Arbeit für die Mannschaft leisten kann, dann bin ich schon sehr zufrieden.

Gibt es eine Etappe, die Sie bereits jetzt im Roadbook angestrichen haben?
Palzer: Ganz klar Etappe 19, Bergankunft an den Drei Zinnen. Gänsehaut, wenn ich nur daran denke! Als Bergläufer konnte ich den Drei-Zinnen-Lauf gewinnen, als Skibergsteiger den Drei Zinnen Ski Raid. Jetzt als Radprofi zurückzukehren ist schon irgendwie eine verrückte Geschichte. Familie, Freunde und frühere Wegbegleiter werden mit Sicherheit an der Strecke stehen − ich kann es eigentlich kaum erwarten!

Die Nominierung für den Giro ist die Belohnung für starke Leistungen in der ersten Saisonhälfte und die Bestätigung Ihrer positiven Entwicklung als Radprofi. Wie ist Ihre Saison bisher verlaufen?
Palzer: Die ersten Gespräche mit dem Team zum Thema Giro gab es bereits im Dezember, damals war ich noch nicht für den Kader vorgesehen. Sollte ich aber bis zur Katalonien-Rundfahrt eine ansprechende Leistung zeigen, könnte ich mich noch für einen Platz im Giro-Aufgebot empfehlen. Die Rennen und Rundfahrten im Frühjahr sind dann sehr gut verlaufen. Ich konnte meine Aufgaben als Helfer bei der Valencia-Rundfahrt oder auch in Katalonien unter Beweis stellen und mir schlussendlich einen von acht Plätzen beim Giro sichern.

Ihr Trainingsjahr beginnt im November nach einer kurzen Saisonpause im Oktober. Wie haben Sie den Winter verbracht?
Palzer: Nach der letzten Saison habe ich fünf Wochen Pause gemacht, die waren für mich auch sehr wichtig. Ab Anfang November stand dann wieder strukturiertes Training an. So gern ich daheim im Berchtesgadener Land bin und dort trainiere, die Bedingungen während der Wintermonate sind nicht ideal für einen Radprofi. Ich habe im Dezember und Januar viel Zeit in Spanien verbracht, dort meine Trainingsblöcke abgearbeitet und war zur Regeneration immer wieder ein paar Tage zuhause. Das hat für mich gut funktioniert, und ich bin, bis auf kleinere Infekte, auch von Krankheiten verschont geblieben. Ende Januar stand mit der Mallorca Challenge bereits das erste Rennen an. Danach folgten die Valencia-Rundfahrt, zwei Klassiker in Frankreich, die Katalonien-Rundfahrt, der GP Miguel Indurain in Spanien und die Baskenland-Rundfahrt. Vom Schnee und Winter in der Heimat habe ich wenig mitbekommen – macht aber auch nichts, ich bin Radprofi und eben kein Skibergsteiger mehr!

Wie viele Renntage und Trainingskilometer stecken in diesem Jahr bereits in Ihren Beinen, wenn Sie am 6. Mai beim Giro d’Italia starten?
Palzer: Zum Giro reise ich mit 25 Renntagen. Seit 1. Januar bin ich 11.000 Trainingskilometer mit knapp 200.000 Höhenmetern gefahren. Hinzu kommen noch Krafttraining und Ausgleichseinheiten wie Mobilisation und lockere Läufe.

21 Etappen und fast vier Wochen in Hotelzimmern erwarten Sie beim Giro. Wie verbringen Sie die letzten Tage daheim?
Palzer: Am 1. Mai fahre ich noch das Eintagesrennen Eschborn-Frankfurt, am 3. Mai ist unser Anreisetag zum Giro. Aktuell genieße ich die Zeit zuhause mit meiner Freundin, Familie und Freunden. Der Frühling ist angekommen, die Trainingsbedingungen sind gut, und ich absolviere meine letzten Einheiten auf den Bergstraßen des Berchtesgadener Landes.

− red