Bürgermeister zu Stromplänen:
Umspannwerk „äußerst negative Sache“ für Haiming

09.03.2024 | Stand 09.03.2024, 5:00 Uhr

Rund 15 Kilometer Leitungsstrecke liegen zwischen den Umspannwerken bei Burghausen und Simbach. Zwischen 20 und 30 Hektar Fläche werden jeweils für die Trafoanlagen benötigt. − Karte: TenneT

Auf den Niedergern fokussiert sich der Blick bei den aktuellen Plänen des Leitungsinfrastruktur-Unternehmens TenneT, die am Mittwoch in Altötting vorgestellt wurden. Wie am Donnerstag berichtet, soll zusätzlich zu jener 380-kV-Leitung, die von Pirach Richtung Zeilarn geplant ist, eine weitere entstehen, die Burghausen mit Simbach verbindet und das Bayerische Chemiedreieck spätestens ab 2035 mit zusätzlichem Strom versorgen soll. Die Leitung würde quer durch die Gemeinde Haiming führen, die auch „Suchraum“ für ein 26 Hektar großes Umspannwerk ist.

Bürgermeister Wolfgang Beier war am Mittwoch auch bei der Informationsveranstaltung zum Projekt im Sparkassensaal. Dort brachte er bereits seine Bedenken vor, die er gegenüber der Heimatzeitung wiederholt hat. Bezüglich der 380-kV-Trasse sagt er, Diskussionen darüber habe Haiming schon vor 15 Jahren durchgemacht. Ob die damals festgelegte Streckenführung übernommen werden kann, sei noch nicht klar. Zu prüfen seien Notwendigkeit, Alternativen und eine möglichst verträgliche Streckenführung.

„Eine unangenehme Überraschung“

„Eine unangenehme Überraschung“ nennt Beier das Umspannwerk im Umgriff der Burghauser Industrie, für dessen Bau sich der Suchraum vor allem auf Haiminger Gebiet beziehe: „Das ist eine äußerst negative Sache.“ Seine Gemeinde habe eine exponierte Lage, sei in der Flächenentwicklung durch Inn, Salzach und den Staatsforst eingeschränkt. Die freien Flächen würden landwirtschaftlich genutzt, seien stark besiedelt und somit höchst begrenzt. Das Umspannwerk sei auf freier Fläche seiner Ansicht nach „so nicht umsetzbar“, sagt Beier.

Wobei der Bürgermeister deutlich macht, dass er die Notwendigkeit der Leitung und der zugehörigen Infrastruktur nicht infrage stellt. Es müssten aber sämtliche Alternativen durchgedacht werden, auch jene technischer Art. Denn Haiming leiste seinen Beitrag: „Wir haben schon zwei Hochspannungsleitungen und bekommen wohl auch Windräder.“

Ruf nach verträglichen Lösungen



Man sei nun ganz am Anfang des Diskussionsprozesses zu den Plänen. „Es liegt ein längerer Weg vor uns“, sagt Beier und erklärt, er werde schnellstmöglich eine Info-Veranstaltung zum Thema anberaumen, bei der TenneT das Projekt vorstellen solle. Es sei ein Dialog nötig, um so früh wie möglich verträgliche Lösungen zu finden.

Burghausens Bürgermeister Florian Schneider informierte im Bauausschuss des Stadtrates am Mittwoch brandaktuell. Eine Maßnahme auf dem Weg zur Klimaneutralität sei diese zweite 380-kV-Leitung mit neuem Umspannwerk in oder bei Burghausen. „Jetzt beginnt die Flächensuche, das Planfeststellungsverfahren startet 2028 und der Bau ab 2030. Deutlich vor 2035 soll es in Betrieb gehen“, nannte Schneider den Zeitplan. Die Krux: Das Umspannwerk muss möglichst nah an der Industrie, also am Verbraucher sein. Schneider nannte einen Drei-Kilometer-Radius und Platzbedarf von etwa 26 Hektar. Diese Fläche zu finden, sei eine große Herausforderung.

Landrat Erwin Schneider hatte am Mittwoch bei der Präsentation betont, das Leitungsbauprojekt, aber auch die Ertüchtigung des bestehenden 110-kV-Netzes sicherten die Zukunft des Chemiedreiecks und seien neben den Windrädern ein weiterer Baustein für die Energiesicherheit. Der Landkreis Altötting stehe aktuell „im Zentrum des strompolitischen Orkans“, sagte Schneider. Es stünden nun intensive Diskussionen und Verhandlungen bevor bezüglich der Leitungsführung, aber auch der Standorte der Umspannwerke bei Burghausen und Simbach. Deshalb seien zu dem Präsentationstermin in Altötting auch die betroffenen Bürgermeister, die Landräte und weitere Mandatsträger eingeladen gewesen.

Die hiesigen Abgeordneten fehlten



Wer allerdings fehlte, waren die Land- und Bundestagsabgeordneten aus dem hiesigen Stimm- bzw. Wahlkreis. MdL Martin Huber (CSU) war beim EVP-Kongress zur Europawahl in Bukarest – „ein Pflichttermin für den CSU-Generalsekretär“. Seit Jahren setze er sich für einen zukunftsfähigen Netzausbau ein. Auf Landes- und Bundesebene unterstütze die Staatsregierung die Transformation hin zur klimafreundlichen Industrie: „Nur so werden Bayern, die Region und der Landkreis seinen Wohlstand in den kommenden Jahrzehnten erhalten können. Entscheidend sind dabei die Netze, gerade für unsere chemische Industrie außerdem die zukünftige Wasserstoffversorgung. Auch das Windpark-Projekt ist ein wichtiger Baustein und Standortfaktor. Heimatenergien ersparen teuren Stromimport“, so Huber.

MdB Stephan Mayer (CSU) erklärt in einer Stellungnahme gegenüber der Heimatzeitung, er beurteile die Pläne von TenneT und Bayernwerk als positiv. Er sei am Mittwoch wegen verschiedener Termine in Berlin gebunden gewesen, u.a. in seiner Sprecher-Eigenschaft der Fraktion, sei aber im Detail informiert. Die Versorgung mit Energie aus den großen Windkraftanlagen des Nordens seien für die Transformation von entscheidender Bedeutung, Strom aus örtlichen Windkraftanlagen und aus Wasserstoff könne einen zusätzlichen Beitrag leisten. Ein großes Thema werde neben der zweiten 380 kV-Leitung zwischen Simbach und Burghausen die Beschaffung von Flächen für den Bau von zwei Umspannwerken sein. Die Planer mit transparent mit Bürgern und Kommunalpolitik kooperieren“, fordert Mayer.

MdB Sandra Bubendorfer-Licht (FDP) sei wegen eines anderen langfristig zugesagten Termins am Mittwoch verhindert gewesen. Sie kenne die Studien mit den Energieprognosen, die Vorstände von ChemDelta kämen nächste Woche nach Berlin, um mit ihr Termine im Bundesfinanzministerium und Bundesverkehrsministerium wahrzunehmen. „Die Pläne für den Ausbau sind da, aber sie sind mit großen Hürden verbunden. Die Bürger wollen günstige Strompreise und eine sichere Versorgung, aber niemand will Stromtrassen, Windparks etc. nur ansatzweise in der Nähe seines Wohnortes“, sagt Bubendorfer. Die Bundesregierung und die Bundesnetzagentur zeigten sich optimistisch, dass die Energieversorgung mittelfristig gesichert sei. „Gescheiterte Projekte wie die Windräder in Mehring sind generell Gift für eine gesicherte Stromversorgung und in diesem Fall Gift für unsere Region“, so die Abgeordnete.

− ecs