Kammeroper München in Burghausen
Jung, erfrischend, mutig: Großes Opernvergnügen mit „Figaros Hochzeit“

15.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:28 Uhr
Ulrike Beitler

Die jungen Stimmen der Münchner Kammeroper überzeugen in „Figaros Hochzeit“ durchweg – für viele ein Karriere-Sprungbrett. −Foto: Beitler

Mit donnerndem Applaus bedankte sich am Ende das Publikum im vollen Burghauser Stadtsaal für das Gastspiel der Kammeroper München – das doch um ein Haar hätte nicht stattfinden können: der Darsteller des Grafen Almaviva war erkrankt. Und das bei einer Opernversion, deren Witz auch darin besteht, dass sie um ein Drittel gekürzt und mit neuer deutscher Übersetzung versehen ist. Der mutige Retter, der hier kurzfristig und ohne vorherige Probe einsprang, ist der italienische Bariton Giulio Alvise Caselli. Lediglich mit einem Tablet für seinen deutschen Text unterstützt, gab er einen würdigen Grafen Almaviva.

Gefangen zwischen Begehren und Eifersucht, sucht er seine Autorität zu erhalten, angesichts der vielfältigen Verwicklungen an diesem „tollen Tag“. Da wirbelt vor allem der schwer gefühlsverwirrte Knabe Cherubin herum, ideal verkörpert durch die Sopranistin Tabea Mitterbauer. Mit ihrer Arie „Sagt holde Frauen“ rührt sie sogar die angeschwärmte Gräfin zu einem innigen Kuss.

Laura Albert als vom Gatten vernachlässigte Gräfin legt mit großer Stimme ihre Gefühle bloß, von leiser Klage um die verlorene Liebe bis zu kraftvoll-leidenschaftlichen Ausbrüchen. In der zentralen Rolle der Susanna lenkt Elisabeth Freyhoff das Geschehen mit Witz und Herz und erfreut mit ihrem lyrischen Sopran. Sowohl stimmlich als auch mit begeisternder Bühnenpräsenz leuchtet der junge Bariton Jakob Schad die Emotionen seines Figaro aus, grimmig-selbstbewusst in der Arie „Wenn mein Herr Gräflein Lust hat zu tanzen“, oder zweifelnd an Susannas Treue im vierten Akt. Dass er Cherubino statt zum Militär als Gärtner in die Arktis (Klimawandel!) verabschiedet, ist einer der witzigen Einfälle dieser erfrischend gekürzten Opernfassung durch Alexander Krampe, der damit an die gestrichene Figur des Gärtners erinnert.

Nebenrollen gibt es in dieser Inszenierung eigentlich gar nicht, denn Gabriel Fortunas glänzt als Dr. Bartolo in seiner Rachearie, und der Tenor Robin Neck zeigt als Basilio und Don Curzio, dass er noch mehr zu bieten hätte, ebenso Nina Schumertl als Marcelina, sowie Veronika Seghers, die mit ihrem hellen Sopran der süßen, naiven Barbarina besonderen Charme verleiht. Es sind durchweg wunderbare junge Stimmen, denen die Kammeroper ein Karriere-Sprungbrett bietet.

Wunderbar auch das kleine Orchester, das mit sichtlicher Freude Mozarts Musik gestaltete, präzise geleitet von Johanna Soller am Hammerklavier. Diesem jungen Ensemble zuzuhören war ein Genuss, auch wenn – mangels Orchestergraben – die Saal-Akustik stellenweise zu dominant wirkte. Am Ende des spritzig inszenierten Verwirrspiels kann das Publikum reich beschenkt nach Hause gehen.

Ulrike Beitler