In allen Bereichen der Pflege daheim

Generalistische Ausbildung: Klinik-Mitarbeiterinnen und stv. Schulleiter ziehen ein erstes Fazit

25.09.2023 | Stand 25.09.2023, 17:00 Uhr

„Ich finde es gut, dass ich gezwungen bin, mir alles anzuschauen“, sagt Jana Bachhammer (rechts), die soeben die Ausbildung begonnen hat. Alina Jakusevski (links) kann das nur bestätigen, sie arbeitet seit Anfang September auf der Intermediate Care Station am InnKlinikum Altötting.  − Foto: Kinsky

Seit 2020 gibt es in Deutschland eine neue Pflegeausbildung. Ende August hat nun der erste Jahrgang am InnKlinikum Altötting seinen Abschluss gemacht. Das neue Konzept mache den Beruf „moderner und attraktiver“, warb die Bundesregierung vor drei Jahren. Der Anzeiger hat die frischgebackene Pflegefachfrau Alina Jakusevski nun nach ihrer Meinung gefragt. Die Neuanfängerin Jana Bachhammer erzählt, warum auch sie sich für die Ausbildung entschieden hat.

Zur Erklärung: Die neue Ausbildung bildet zu einer umfassenden Pflegekraft aus, die auch in der Altenpflege und in der Kinderkrankenpflege eingesetzt werden kann. Spezialisierungen sind erst nach dem Einstieg in das Berufsleben möglich.

„Wir sind sozusagen als erster Jahrgang in die Generalistik geschmissen worden“, sagt Alina Jakusevski. Die 20-Jährige aus Unterneukirchen hat sich nach einem freiwilligen sozialen Jahr auf der Neuro-Akut-Station im Altöttinger Krankenhaus für die Ausbildung entschieden.

„Ich bin froh, dass ich in allen Bereichen einmal gearbeitet habe“, sagt sie. So habe sie einen genaueren Einblick bekommen, und sich später besser entscheiden können. Seit Anfang September ist sie auf der Intermediate Care Station fest angestellt – die Zwischenpflege für Patienten nach der Intensivstation.

Als erster Jahrgang habe es organisatorisch natürlich stellenweise ein Durcheinander gegeben, sagt Jakusevski. Auch weil parallel noch die alte Pflegeausbildung lief. Zum Beispiel hätten die Lehrer in den ersten Schulaufgaben zu viel Anatomie abgefragt. „Die lernen wir jetzt nur noch im spezifischen Zusammenhang mit den Krankheitsbildern“, erklärt Alina Jakusevski. Nicht mehr so umfassend wie davor. Auch bei den außerklinischen Einsätzen seien die Azubis stärker als üblich in die Organisation mit eingebunden worden.

Manche hätten zudem kritisiert, dass die Kinderkrankenpflege zu stark in den Hintergrund gerückt sei, und lediglich im ersten Jahr durchgenommen werde. „Ich kenne schon welche, die sich da mehr gewünscht hätten“, sagt Jakusevski. Ihr persönlich habe es aber nicht gefehlt.

Sehr positiv fand Alina Jakusevski die Kommunikation der Lehrerschaft. „Immer wenn etwas Neues von der Regierung kam, haben sie uns informiert und uns die Dinge erklärt.“ Außerdem seien die Azubis stets um Rückmeldung gebeten worden. Das Durcheinander habe sich mittlerweile gelegt.

Die 19-jährige Jana Bachhammer aus Reischach hat sich heuer nach ihrem Abitur für die Pflegeausbildung entschieden. Dass sie sich in Altötting nicht mehr für eine spezifische Pflegeausbildung entscheiden kann, findet sie nicht schlimm. Im Gegenteil: „Ich finde es gut, dass ich gezwungen bin, mir alles anzuschauen“, sagt sie. Derzeit würde sie gerne irgendwann auf der Intensivstation oder in der Notaufnahme arbeiten. „Aber das kann sich mit der Ausbildung auch noch ändern.“

Auf ganz Deutschland gesehen ist die Zahl der Pflege-Azubis gestiegen, sagt Albert Kreilinger, der Konrektor der Berufsfachschule für Pflege im InnKlinikum Altötting. Aktuell seien allerdings starke Schwankungen in den Abbrecherquoten erkennbar – einen klaren Trend könne man deshalb noch nicht ausmachen. „Im Landkreis Altötting sind stabile bis leicht steigende Zahlen feststellbar.“

Die neue Pflegeausbildung schafft nicht automatisch die Ausbildungen zum Altenpfleger und zum Kinderkrankenpfleger komplett ab. Die meisten Ausbildungsträger hätten sich aber aus vielerlei Gründen für die Pflegefachfrau/-mann entschieden, sagt Albert Kreilinger. Die Mehrgliedrigkeit werde im Jahr 2025 per Gesetz noch einmal überprüft.

Verbesserungspotenzial sieht der stellvertretende Schulleiter derzeit noch in der Abstimmung mit den zwölf lokalen Partnerbetrieben – Altenheime und ambulante Pflegedienste. „Es sind Betriebe von unterschiedlicher Größe und mit unterschiedlichen Abläufen“, sagt er. Zudem würde er sich unter anderem vom Landkreis wünschen, dass die kommunale pflegerische Versorgung einen ähnlichen hohen Stellenwert einnimmt wie die Krankenhausversorgung. Vor allem könne sich der kommunale Träger mehr bei der Koordination der Pflegekräfte und bei der Finanzierung einbringen. Überfällig seien zudem Gesetze, welche die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten der Pflegefachkräfte nach ihrem Berufseinstieg regeln.

Herausfordernd fand Albert Kreilinger in den vergangenen drei Jahren die Konzipierung der neuen Lehrpläne, Curricula, Ausbildungsnachweise und den Aufbau der Zusammenarbeit mit der Partnerbetrieben. „Dies wird uns auch die nächsten Jahre noch beschäftigen“, sagt er. Dass die Kooperation bestehe sei grundsätzlich positiv, weil sich ein besseres gegenseitiges Verständnis dadurch entwickle. „Aber die Aufgabe ist kein Sprint, sondern eher als Mittelstrecke oder Marathon zu betrachten“, sagt Albert Kreilinger.

− mak