Ringen
Freud und Leid der Tatarinov-Zwillinge – Eduard und Artur stehen sich mit ihren Teams im deutschen Finale gegenüber

26.01.2024 | Stand 26.01.2024, 11:02 Uhr

Wenig Grund zum Lachen hatten die Tatarinov-Zwillinge aus Traunstein im Finale 1 der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft in Burghausen: Artur (links) verlor seinen Kampf gegen Wackers Michael Widmayer, der pausierende Eduard „Edi“ litt mit seinem Bruder mit. − Foto: Zucker

Sie sind zweieiige Zwillinge, haben gemeinsam ihre Liebe zum Ringen entdeckt und es in ihrem Sport bis in die Bundesliga, ja sogar in die nationale Spitze gebracht: Am Sonntag, 28. Januar, um 17 Uhr treten Eduard und Artur Tatarinov in der Untermainhalle in Elsenfeld zum Final-Rückkampf um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft auf die Matte – allerdings in rivalisierenden Teams. Eduard reist mit dem SV Wacker Burghausen an, der das erste Treffen mit 12:9 gewonnen hat und nun nach seinem fünften Titel greift. Artur dagegen vertritt die Farben des SC Siegfried Kleinostheim. Die Truppe aus Unterfranken möchte ihre Außenseiterchancen nutzen und sich erstmals die nationale Krone aufsetzen.

Die Tatarinov-Brüder sind in Kirgisistan geboren, siedelten aber bereits im Alter von drei Monaten mit ihrer Familie nach Deutschland über und wuchsen in Traunstein auf. Als sie zehn Jahre alt waren, brachte sie ein guter Freund zum Ringen. „Wir haben verschiedene Sportarten ausprobiert, das hat uns alles nicht getaugt“, sagt Eduard, den alle nur „Edi“ nennen und der zehn Minuten älter ist als sein Bruder. Mit dem Ringen fanden beide ihre Passion und beim TV Traunstein zunächst ihre sportliche Heimat. Hier erarbeiteten sie sich auch ihre ersten Lorbeeren auf der Matte. Als sie erwachsen waren, trennten sich dann 2018 die Wege der heute 26-Jährigen. „Edi“ landete über den SV Johannis Nürnberg in Burghausen und Artur über den SV Siegfried Hallbergmoos in Kleinostheim.

Das habe sich so ergeben, vor allem aus beruflichen Gründen, erzählt Edi, der in der Heimat geblieben ist und bei der Stadt Traunstein als Elektriker arbeitet. Artur ist ebenfalls im öffentlichen Dienst tätig, aber bei der Stadt Erlangen im Büro und wohnt deshalb auch in Nürnberg. Zwar telefonieren die Brüder fast täglich miteinander, wie Edi verrät, „aber während der Saison sehen wir uns nur alle drei bis vier Wochen. Sonst kommt Artur alle ein bis zwei Wochen nach Traunstein“. Wegen der Familie und der Freunde – und natürlich wegen seinem Bruder.

Jeweils Platz5 beim Nachwuchs größte Erfolge

In ihrer Karriere haben die Tatarinovs, die übrigens beide noch unverheiratet sind, erst wenige Male gegeneinander gekämpft. „Bei der Jugend bei der Bezirksmeisterschaft war das mal“, erinnert sich Edi, der als seine größten Coups den 5. Platz bei der EM der U23 sowie die Deutsche Einzelmeisterschaft bei den Männern 2023 nennt. Aktuell wäre ein Direktduell ohnehin schwierig, denn Edi tritt im Freistil bis 86 kg an, sein „jüngeres“ und mit viermal Rang 5 bei der Kadetten- und Junioren-EM sowie fünf DM-Titeln etwas erfolgreicheres Pendant gilt als Greco-Spezialist – aber im 75-kg-Limit.

Diese Kategorie hat er auch beim Hinkampf in Burghausen besetzt und gegen Michael Widmayer eine 1:4-Niederlage nach Punkten kassiert. Am Mattenrand hat der andere Tatarinov, der ohne Einsatz war, mitgefiebert. Da Wackers Cheftrainer Eugen Ponomartschuk erkrankt verhindert war, fungierte er als Co-Trainer. Als sein Bruder dran war, habe er jedoch seinen Posten verlassen: „Das nimmt einen schon mit, wenn es beim Bruder nicht so läuft. Und diesmal ist es unglücklich gelaufen.“ Generell sei er natürlich für seine Mannschaft, so der Wackerianer, „aber wenn der eigene Bruder kämpft, dann halte ich natürlich zu ihm“.

Die Tatarinovs stehen halt zusammen. Aber wenn es um die Aufstellung der Teams vor dem nationalen Finale geht, dann geben sie sich bei aller Bruderliebe verschlossen. Das Ringen sei zwar immer ein Thema, aber: „Wir reden nicht über Taktik und über unsere Mannschaft“, versichert Edi. Das wäre sicher anders, wenn die beiden Traunsteiner gemeinsam in einer Bundesliga-Staffel antreten würden. „Das haben wir schon lange vor“, verrät Edi, der seinen Bruder gerne zur Burghauser Staffel lotsen würde. Der einen halben Kopf kleinere Artur ist nicht abgeneigt und erwidert: „Ich bin froh, dass wir nicht gegeneinander ringen müssen. Natürlich wäre es schöner mit meinem Bruder in einem Team zu stehen, aber im Moment ist es halt so.“

Und wer kann am Sonntag mit seinen Vereinskollegen den Pokal in die Höhe recken? „Unser Team hat hier und da ein paar Punkte liegen gelassen, aber noch ist nichts verloren. Wir werden unser Bestes geben und versuchen, den Serienmeister Burghausen weiter zu ärgern“, sagt Artur, der wohl wieder zum Zug kommen sollte, den Wackerianern und damit auch seinem Bruder den Kampf an. „Das wird eine enge Kiste, aber ich bin guter Dinge, dass wir das schaffen“, entgegnet Edi. Schließlich sei die Saison bisher super gelaufen.

„Der Teamgeist ist heuer brutal“

„Der Teamgeist ist heuer brutal, selbst nach ein paar Rückschlägen. Alle sind heiß auf den Titel“, erklärt Edi, der bis zu fünfmal die Woche von Traunstein nach Burghausen ins Mattentraining fährt. Der SVW-Starter ist sich ziemlich sicher, dass er diesmal sein Können zeigen darf. „Die Form kommt wieder“, sagt er mit dem Hinweis auf das Halbfinale, wo er den vierten Sieg im fünften Saisoneinsatz bejubeln durfte. Dabei hatte der kräftige Athlet, der sich selbst als „lebensfreudig, lustig und hilfsbereit“ beschreibt, Weihnachten noch wegen eines Außenbandrisses und eines Abszesses am Oberschenkel im Krankenhaus verbracht.

Egal, wie das finale Kräftemessen am Sonntag ausgeht, eines ist sicher: Freud und Leid werden auch diesmal bei den Tatarinovs eng beieinander liegen.