Vom Oettinger Heimatbund
Förderpreis für vier junge Altöttinger Heimatforscherinnen

07.03.2024 | Stand 07.03.2024, 11:00 Uhr

Die vier ersten Trägerinnen des Förderpreises des Oettinger Heimatbundes sind mittlerweile alle im Studium, zur Verleihung konnten deshalb nur zwei von ihnen, Christiane Teppich (2. von links) und Veronika Burghardt, kommen. Vorsitzender Andreas Esterer (links) und sein Stellvertreter Christian Haringer (rechts) übergaben die Auszeichnungen. Geschichtslehrer Felix Ambros freut sich mit seinen ehemaligen Schülerinnen. − Foto: Csellich

Der Oettinger Heimatbund hat erstmals einen Förderpreis ausgelobt. Preisverleihung an die vier Gewinnerinnen war am Montagabend im Maria-Ward-Gymnasium.

Nachdem Vorsitzender Andreas Esterer die Gäste begrüßt hatte, stellte 2. Vorsitzender Christian Haringer die Idee des Preises vor, mit dem geschichtliche, geografische, sprachwissenschaftliche oder volkskundliche Arbeiten ausgezeichnet werden, die im inhaltlichen Zusammenhang mit der Kreis- und Wallfahrtsstadt Altötting stehen. Beim Blick auf die Preisträgerinnen betonte Haringer, Heimatforscher seien in der Vergangenheit vor allem „alt, weiß und männlich“. Umso mehr freute er sich, dass der Förderpreis beweise, „dass es nun auch junge und weibliche Heimatforscher gibt“. Haringer hatte die Arbeiten bewertet und hofft, dass dies ein Startschuss für alle anderen Schulen für die nächsten Jahre ist.

Die vier Abiturientinnen des vergangenen Jahres arbeiteten gemeinsam mit ihrem Geschichtslehrer Felix Ambros im W-Seminar rund eineinhalb Jahre am „Streifzug durch die Geschichte Altöttings“. Die Arbeiten erfüllten wissenschaftliche Standards und führten zu einem Mehrwert von neuen Erkenntnissen und Materialien. Der 1. Preis ging an Veronika Burghardt, deren Zeitzeugeninterviews Neues lieferten und damit durchaus ein Plus für die Ortsforschung darstellen. Platz 2 belegte Jolanda Maria Rieder, Eva Pospiech und Christiane Teppich teilten sich den 3. Platz. Der Förderpreis ist heuer für den 1. Platz mit 300 Euro dotiert, für den 2. Platz mit 200 Euro und für die beiden Drittplatzierten jeweils mit 100 Euro.

Entwicklung Altöttings in der Nachkriegszeit



Veronika Burghardt, die Landschaftsnutzung und Naturschutz studiert, präsentierte ihre Forschungsarbeit „Entwicklung Altöttings in der Nachkriegszeit“ live. Sie ging der Frage nach, was mit der Stadt und den Menschen im Landkreis nach der bedingungslosen Kapitulation geschah und beleuchtete die einzelnen Aspekte der unmittelbaren Nachkriegszeit in Altötting. Sie stellte die Organisation der amerikanischen Militärregierung für den gesamten Landkreis dar und erläuterte die unmittelbare Hilfe für die Bevölkerung, aber auch die Umerziehung und Entnazifizierung und wirtschaftliche Entwicklung. Die junge Forscherin hatte bei ihrer Recherche auf alte Zeitungen zurückgegriffen und sich von Zeitzeugen Fragen beantworten lassen, die in keiner Literatur zu finden waren.

Auswirkung des 30-jährigen Kriegs auf Alt- und Neuötting



Eva Pospiech konnte nicht vor Ort sein, sie hatte aber eine Power-Point-Präsentation geschickt, die von Christian Haringer vorgetragen wurde. Ihr Thema: „Welche Auswirkungen hatte der Dreißigjährige Krieg damals und heute auf die Bevölkerung in Alt- und Neuötting?“ Die Autorin ging anfangs auf den Glaubenskrieg zwischen Katholiken und Protestanten ein. 1632 griffen die Schweden Neuötting an. Um den Kapellschatz und das Gnadenbild zu retten, wurden diese zuerst in den Salzburger Dom überführt. Der zweite Teil der Präsentation galt dem Feldherrn Tilly, dessen sterblichen Überreste in der Tilly-Gruft der Altöttinger Stiftspfarrkirche liegen. Sein Herz befindet sich in der Gnadenkapelle. Die Historiker sind sich zur Person Tilly nicht einig: Ist er Kriegsverbrecher oder Heiliger? Seit 2005 steht sein Reiterstandbild am Kapellplatz, Tillyplatz, die Tilly-Apotheke oder der Tilly-Markt erinnern an ihn.

Die gesellschaftlichen Auswirkungen der Bürgermorde in Altötting



Jolanda Maria Rieder studiert in Stuttgart und schickte deshalb eine besprochene Präsentation. Sie richtete ihre Forschung auf „die gesellschaftlichen Auswirkungen der Bürgermorde in Altötting“. Acht Männer bezahlten ihren Widerstand gegen das NS-Regime mit ihrem Leben. Die Auswirkungen der Bürgermorde auf das Zusammenleben der Altöttinger Bürger stellen sich wie folgt dar: Vor den Bürgermorden gab es Spannungen im städtischen Binnenklima und signifikant gegensätzliche politische Überzeugungen. Danach kam eine „tumultuöse Folgezeit“, mit Propaganda, Denunziation, Sprengung der Marienbrücke, Blockierung der Stromversorgung und einer Demonstration. Nach der friedlichen Übergabe Neu- und Altöttings an US-Truppen wechselte der Schockzustand zu Erleichterung. Die Aufarbeitung der Geschehnisse dauert bis heute an. Die Interviewpartner – keine Zeitzeugen im eigentlichen Sinn – bemängeln, dass die jüngere Generation oder Zugezogene kaum bis gar keinen Bezug zu diesen Ereignissen hätten. Die Forschungsarbeit von Jolanda Maria Rieder wurde auch vom Lions-Club Altötting-Burghausen mit einem Preis ausgezeichnet und ist im 43. Jahresband 2023 der heimatkundlichen Schriftenreihe „Oettinger Land“ nachzulesen.

Die Architektur der Altöttinger Kirchen und Kapellen



Christiane Teppich studiert derzeit Fahrzeugtechnik und Mobilität und erforschte „die Architektur der Altöttinger Kirchen und Kapellen“. Sie hatte über zehn Kirchen und Kapellen in Altötting zur Auswahl und entschied sich dann für vier verschiedene Kirchen mit vier verschiedenen Stilepochen: die karolingische Gnadenkapelle, die gotische Stiftskirche, den geplanten barocken Kapellüberbau sowie die neobarocke Basilika und ging dabei auf die stilprägenden Unterschiede ein. Zum Gesamtbild des Altöttinger Kapellplatzes wies die Heimatforscherin darauf hin, dass das Oktogon das Herzstück ist. Das zusammenfassende Fazit lautet: Kein ganzes Bauwerk am Platz ist der Romanik zuzuordnen. Antike frühchristliche, byzantinische Elemente finden sich an der Gnadenkapelle; die Spitzbögen der Stiftkirchen gehen auf die Gotik zurück, der geplante Kapellenüberbau mit den komplexen Kuppelbauten ist barock und das eklektizistische Zurückgreifen auf Elemente der Romantik, Renaissance, Barock oder Rokokos entspricht dem Historismus der Basilika St. Anna.

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