Burgkirchen
„Es war eine Berufung“

Frauenärztin Dr. Erika Mißberger beendete Praxistätigkeit – 18 000 Patientinnen in 30 Jahren

17.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:19 Uhr
Rosi Spielhofer

Dr. Erika Mißberger hat ihre Berufstätigkeit als niedergelassene Frauenärztin in Burgkirchen beendet. An ihren letzten Arbeitstagen erledigte sie Telefonate und noch ausstehende Büroarbeiten. −Foto: Spielhofer

Dr. med. Erika Mißberger hat ihre Praxistätigkeit beendet und somit ihre Berufstätigkeit als niedergelassene Frauenärztin. 30 Jahre lang war sie eine geschätzte Institution in Burgkirchen. Für Frauen jeden Alters mit unterschiedlichen frauenärztlichen Bedürfnissen war sie stets eine vertrauensvolle Ansprechpartnerin auf Augenhöhe.
Die Heimatzeitung besuchte Dr. Erika Mißberger an einem ihrer letzten Arbeitstage in der Praxis am Kienbergring im Ortsteil Holzen. Die Ärztin trägt eine legere Praxiskleidung, am Schreibtisch erledigt sie Telefonate und letzte Büroarbeiten. „Ich möchte aufhören, solange ich noch gerne und gut meine Aufgaben erfüllen kann. Ich möchte nicht darauf warten, dass ich aufgrund körperlicher oder geistiger Defizite aufhören muss“, sagte sie. Diese Entscheidung hat sie gemeinsam mit ihrem Ehemann getroffen, der jetzt, nach 34 Jahren selbstständiger Tätigkeit im eigenen Architekturbüro in Burgkirchen, die Geschäftsführung an einen jüngeren Kollegen abgibt.
30 Jahre lang lag der Lebensmittelpunkt in Burgkirchen, der Wohnort ist in Tittmoning. Das Ehepaar Mißberger möchte nun gemeinsame Zeit verbringen, zur Ruhe kommen und für Dinge Zeit haben, für die sonst keine Zeit war. „Wir freuen uns darauf, ohne Zeitdruck mit unseren beiden erwachsenen Töchtern mehr Zeit verbringen zu können. Ich freue mich darauf, in der Natur zu wandern, Bücher zu lesen oder einfach nur über den Sinn des Lebens und des Erlebten nachzudenken“.
Insgesamt blickt Dr. Erika Mißberger mit großer Dankbarkeit auf ihr Berufsleben zurück: „Es war mehr als ein Beruf, es war eine Berufung.“ Es sei ein großes Glück gewesen, dass sie diese Leidenschaft tatsächlich verwirklichen durfte. Zunächst im Krankenhaus in Altötting und dann in der eigenen Praxis in Burgkirchen. Die Ärztin hat immer versucht, nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohle ihrer Patientinnen zu handeln. Für sie war immer wichtig, den Patientinnen auf Augenhöhe zu begegnen, immer die Wahrheit respektvoll auszusprechen und immer gemeinsam nach Lösungen zu suchen. „Ich war und bin, glaube ich, Frauenärztin aus Leidenschaft. Das Schicksal, mein Ehemann, meine Familie, mein tolles Praxisteam und vor allem meine Patientinnen waren immer auf meiner Seite“, sagt sie im Rückblick. In der Phase des Abschiednehmens in den vergangenen Wochen und Monaten erlebte die Ärztin viel Zuspruch und liebevolle Abschiedsworte, die sie tief berührten.
Die Arbeit in der Praxis war immer erfüllend und nahm viele Stunden des Tages ein. Besonders schön war immer die Feststellung von Schwangerschaften und die ärztliche Begleitung der werdenden Mutter bis zur Geburt. „Anfangs habe ich von jedem Baby ein Foto an der Pinnwand in der Praxis aufgehängt“, erinnert sie sich. Schwer hingegen waren immer schlimme Diagnosen, wenn beispielsweise eine Fehlbildung beim ungeborenen Kind vorlag oder wenn man eine Krebserkrankung mitteilen musste. Das erinnerte Dr. Mißberger an ihre eigene Mutter, die sehr jung, innerhalb von nur drei Monaten, an Krebs verstorben war. Dieses schicksalhafte Ereignis führte dazu, dass sie Medizin studierte und Frauenärztin wurde.

Dr. Erika Mißberger, geborene Schneider, stammt aus Burghausen. Nach dem Abitur am Aventinus-Gymnasium studierte sie Humanmedizin an der LMU in München. Nach dem dritten Staatsexamen folgte die Ausbildung zur Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe am Kreiskrankenhaus Altötting im Jahr 1991. Als sie 1993 ihre eigene Praxis in Burgkirchen eröffnete, war schnell erkennbar, dass ein großer Bedarf nach einer weiblichen Frauenärztin bestand. Etwa 18000 Patientinnen aus Burgkirchen und aus der Region kamen im Lauf der drei Jahrzehnte in die Praxis. Diese hohe Zahl konnte Dr. Erika Mißberger auf Dauer nicht allein betreuen. Es sei großes Glück gewesen, dass sie seit 20 Jahren mit Dr. Kirstin Bettstetter eine „ideale Kollegin“ an der Seite hatte. Dr. Erika Mißberger ist dankbar, dass sie nun ihr Lebenswerk in gute Hände legen kann, denn Dr. Kirstin Bettstetter führt die Praxis weiter. Alles hat seine Zeit, es ist gut.