16. Geo-Tag
Entdeckertour in den Garchinger Brennen: Über 550 Arten notiert

16.08.2023 | Stand 12.09.2023, 23:26 Uhr

Der streng geschützte Eisvogel war einer von 44 verschiedenen Arten, die bei einer Exkursion und am Geo-Tag kartiert wurde. −Fotos: Paul Bogner/Monika Vitzthum

Die drei Hektar große Brennenfläche in Garching unterhalb des Freibades war das „Jagdgebiet“ von zehn Kindern, die am 16. Geo-Tag am 30. Juni und 1. Juli teilgenommen haben. Organisiert hat diesen die Bund Naturschutz Kreisgruppe Altötting (BN).

Die Halbtrockenrasenfläche existiert seit Anfang der 2000er Jahre, die BN-Brennenflächen wurden Anfang 2022 freigestellt und im April 2023 von zwei Schulklassen mit autochthonem Saatgut eingesät. Allerdings hatten sich bereits im Vorjahr große Bestände verschiedener Königskerzen, Natternkopf, Klappertopf u.ä. angesiedelt, sodass beim Geo-Tag die Ansaat noch weitgehend unsichtbar war.

Am Freitagnachmittag starteten zehn eifrige Kinder bei gutem Wetter in den Geo-Tag. Sie fingen hauptsächlich Wanzennymphen, welche die Experten überwiegend nicht bestimmen konnten, leicht bestimmbar waren hingegen die erwachsenen Streifenwanzen (Graphosoma lineatum). Auch Heuschrecken, Käfer und Spinnen landeten in den Fangdöschen. 25 verschiedene Arten, welche die Kinder gesammelt hatten, konnten zugeordnet werden.

In den Brennen findet man seltene Arten

Die Besonderheit des untersuchten Gebietes sind die Brennen, denn dort findet man seltene Arten wie den Kreuz-Enzian (Gentiana cruciata, RL 3), das Alpen-Leinblatt (Thesium alpinum RL V), den Edel-Gamander (Teucrium chamaedrys, RL 3), den Berg-Haarstrang (Peucedanum oreoselinum, RL V), den Schopfigen Hufeisenklee (Hippocrepis comosa, RL V), den Kiel-Lauch (Allium carinatum RL 3), das Nordische Labkraut (Galium boreale RL V), den Heide-Wacholder (Juniperus communis), das Ovalblättrige Sonnenröschen (Helianthemum ovatum, RL V) und einige weitere Arten der Roten Liste.

An den schottrigen Uferböschungen und in der Au gedeihen noch größere Bestände der Lavendel-Weide (Salix elaeagnos, RL V) und einige Sträucher des heimischen Gebirgs-Sanddorns (Hippophae rhamnoides, RL V NatEGSch), sowie Heidewacholder (Juniperus communis). Im Bereich des Wehrs im Uferbereich, wohl ausgehend aus Gärten, hat sich leider die invasive Armenische Brombeere (Rubus armeniacus) angesiedelt und einen großen Bestand gebildet. Im Ufersaum der Alz wächst an mehreren Stellen die seltene Kleinblättrige Brunnenkresse (Nasturtium microphyllum RL G).

Besonders wasserpflanzenreich ist der klare Mühlbach, mit Arten wie dem Spreizenden Wasserhahnenfuß (Ranunculus circinatus, RL 3), dem Teichfaden (Zannichellia palustris, RL V), dem Durchwachsenen Laichkraut (Potamogeton perfoliatus) und dem Ährigen Tausendblatt (Myriophyllum spicatum).

Auf ehemaligen Waldschlägen fanden Kinder Mehlige Königskerze

Auf den ehemaligen Waldschlägen fanden die Kinder große Bestände der Mehligen Königskerze (Verbascum lychnitis) und der Kleinblütigen Königskerze (Verbascum thapsus), darunter auch an einigen Stellen der Große Klappertopf (Rhinanthus angustifolius, syn serotinus, RL 3), das Echte Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea, RL V, BArtSchV), die Steife Wolfsmilch (Euphorbia stricta) und das Steife Barbarakraut (Barbarea stricta, RL 2).

Auffällig häufig kommen in den Auwäldern einige neophytische Zwergmispel-Arten (Cotoneaster dielsianus) vor – vermutlich wurden Früchte bzw. Samen von Vögeln aus Gärten verschleppt und/oder Gartenabfälle abgelagert. Hervorzuheben ist auch das Vorkommen der Pionierbaumart Schwarzpappel (Populus nigra, RL 2) und der nicht so häufigen Berg-Ulme (Ulmus glabra, RL V).

57 verschiedene Pilzarten landeten auf der Liste



Die Pilzexperten der Arbeitsgemeinschaft Mykologie Inn/Salzach (AMIS) um Till R. Lohmeyer waren auch heuer mit zwölf Personen die größte Expertengruppe. Zwar ist der Juni für die Pilzsuche nicht sehr vielversprechend, doch Inge Rößl aus Aufham im Berchtesgadener Land sorgt als Expertin für kleine und kleinste Pilze zu jeder Jahreszeit für eine respektable Pilz-Ausbeute. So gelangten 57 verschiedene Pilzarten auf die Liste. Das Highlight war der sehr seltene Berberitzen-Zitterling (Tremella exigua, RLD R). Dieser kleine, dunkel olivgrün gefärbte Pilz wächst ausschließlich an abgestorbenen Berberitzenzweige, die vom Berberitzen-Kugelpilz (Cucurbitaria berberidis) befallen sind. Der Fund ist der erst dritte Nachweis in der Inn-Salzach-Region. Auch das Kirschenholz-Polsterbecherchen (Dermea cerasi) wurde erst zum dritten Mal im Inn-Salzach-Gebiet gefunden.

Die Vogelwelt wurde am 16. April diesen Jahres bei einer Exkursion und am Geo-Tag ab 7 Uhr kartiert. 44 verschiedene Arten gelangten auf die Liste. Darunter der streng geschützte Eisvogel (Alcedo atthis, RL3), der Mauersegler (Apus apus, RL 3), die Wasserralle (Rallus aquaticus, RL 3) und die Mehlschwalbe (Delichon urbica, RL3). Letztere flog mit vielen Rauchschwalben (Hirundo rustica) am Parkplatz des Freibades dicht über dem Mühlbach.

Bei den Schmetterlingen sah es nicht ganz so gut aus. Das kalte Frühjahr und der Regen am Untersuchungstag reduzierten die Ausbeute, sodass nur 39 Arten angetroffen wurden. Das Gebiet hat aber weit größeres Potenzial für diese Artengruppe. Unter den Funden war das schöne und besonders geschützte Weißbindige Wiesenvögelchen (Coenonympha arcania) das mit den vielen Weißlingen die blütenreichen Flächen besuchten. Ein bemerkenswerter Fund von Walter Sage war der Kokon des Veränderlichen Rotwidderchens (Zygaena ephialtes, RL 3), der das Tier daheim durchgezogen und dann bestimmt hatte. Die Lichtturmaufstellung eine Woche nach dem Geo-Tag brachte vergleichsweise wenige Arten. Mit einem Lockstoff konnten drei Exemplare des nicht häufigen Schwarzen Ordensbands (Morma maura) angelockt werden.

Lückiger Bewuchs des kiesigen Bodens ist ideal für sehr seltene Arten



Die Halbtrockenrasenfläche und die neuen Brennenflächen bieten Spezialisten einen immer seltener werdenden Lebensraum. Vor allem der lückige Bewuchs des kiesigen Bodens in den neuen Flächen ist ideal für einige seltene bis sehr seltene Arten. Unter den Käfern sind z.B. der Flockenblumen-Dickrüssler (Larinus beckeri, RL 2) und der Deutsche Sandlaufkäfer (Cylindera germanica, RL 2) zu nennen. Bei den Heuschrecken der Heidegrashüpfer (Stenobothrus lineatus, RL 3) und die Nymphen der Blauflügeligen Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens, RL 3). Bei den Spinnen sind es z.B. der Gewöhnliche Ameisendieb (Callilepis nocturna, RL 3), das Mooskammbein (Drassyllus pumilus, RL 3), die Orangekreuzspinne (Araneus alsine, RL3) und die Gewöhnliche Tapezierspinne (Atypus affinis, RL 3).

Bei den (Wild)-Bienen dominierten die Hummeln und Honigbienen (Apis melifera). Aber auch ein paar Gelbbindige Furchenbienen (Halictus scabiosae) und ein Exemplar der nicht häufigen Schmuckbiene (Epeoloides coecutiens) wurden entdeckt. Mit fünf Libellenarten war die Gruppe eher schwach vertreten.

Regen war für Schnecken optimal: 13 Arten gefunden



Der Regen war aber für die Schnecken ideal: Es wurden 13 verschiedene Arten gefunden, vor allem wunderschöne Exemplare der Weinbergschnecke (Helix pomatia). Am Ufer der Alz hatte Conny Hahn-Hickel Wassertierchen untersucht und notierte zwölf verschiedene Arten.

Über 550 Arten wurden in die Listen eingetragen. Eveline Merches erstellt einen Bericht, der nach der Fertigstellung über die Homepage der Bund Naturschutz-Kreisgruppe einsehbar sein wird.

− red