Ein neuer Stadtschreiber ist gefunden. Die Jury des „Writers-in-residence“-Stipendiums hat sich unter insgesamt 36 Bewerbern für den Berliner Jungautoren Marty Sennewald entschieden. Der Doktorand für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin wird im Frühjahr für acht Wochen in Burghausen wohnen und sich dabei seinem unveröffentlichten Buch, aber auch der örtlichen Kultur- und Literaturszene widmen.
Um den Posten des Stadtschreibers neu zu besetzen, wählte die sechsköpfige Jury aus den anonym eingereichten Leseproben ihre Favoriten aus. Die Jurymitglieder orientierten sich dabei vor allem an der Relevanz und Aktualität der Texte sowie an der Frage, ob es den Autoren gelingt, eine gewisse Spannung aufzubauen. Die fünf am höchsten bewerteten Texte wurden dann nochmals genauer unter die Lupe genommen, bis Sennewald als Gewinner feststand. Für den jungen Autor als neuen Stadtschreiber spricht laut Christin Moll, Jury-Mitglied und Betreuerin des Stipendiums, neben seiner allgemeinen Kulturaffinität vor allem sein Handling mit dem von ihm gewählten literarischen Stoff. „Sein Umgang damit ist einfach passend zu der Zeit“, erklärt sie und verweist auf den Schreibstil des Berliners.
Der Roman, an dem der Literaturwissenschaftler gerade schreibt, ist sein erstes größeres literarisches Werk. Allerdings hat Marty Sennewald schon einige Artikel in Literaturzeitschriften veröffentlicht und schreibt regelmäßig Theater- und Opernrezensionen für das Berliner Kulturmagazin „Kultur 24“. Auch unzählige Songtexte stammen aus seiner Feder. Im ersten Buch des 32-Jährigen geht es um einen Erzähler, der Briefe eines Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg findet und sich auf Spurensuche begibt. Der Erzähler ist reine Fiktion, die Briefe hat Sennewald aber tatsächlich gefunden.
Eigentlich wollte der Autor Radiomoderator werden. Oscar Wildes Roman „Das Bildnis des Dorian Gray“, den er während seines Soziologiestudiums zum ersten Mal las, entfachte bei ihm jedoch die Liebe zur Literatur. Er entschied sich daraufhin, Vergleichende Literaturwissenschaft zu studieren und promoviert in dem Fach. Der Musik ist Sennewald jedoch treu geblieben. Er ist Sänger einer Psychedelic Rockband und Pianist. Neben seiner Promotion gibt er Klavierstunden.
Von der Zeit in Burghausen erhofft sich Sennewald, ein paar Wochen konzentriert am Schreibtisch sitzen und schreiben zu können. Auch möchte er in der Salzachstadt viele kreative Kontakte knüpfen und sich inspirieren lassen. „Ich freue mich sehr auf das Literatur Festival. Das wird sicher spannend“, erklärt er.
Die Stadt Burghausen vergibt das Aufenthaltsstipendium „Writers-in-residence“ bereits zum zweiten Mal. Sennewald übernimmt die literarische Position von der Autorin Rina Schmeller, die 2020 Burghausens Stadtschreiberin war. Das Stipendium ist für junge Schriftsteller gedacht, die ein literarisches Projekt, zum Beispiel einen Roman oder einen Erzählband, geplant haben und noch nicht bei einem Verlag unter Vertrag stehen. Sie bekommen von der Stadt eine Unterkunft und 1200 Euro pro Monat und haben während des Aufenthalts in Burghausen die Möglichkeit, sich ihren literarischen Projekten zu widmen. Gleichzeitig betreuen sie in der Zeit eine Schreibwerkstatt für Schüler weiterführender Schulen. Außerdem sollen sich die Autoren in das kulturelle Leben Burghausens einbringen, zum Beispiel mit einem Auftritt bei „Literatur Live“. Moll: „Wir wollen jungen Literaten die Möglichkeit geben sich voll auf das Schreiben konzentrieren zu können. Gleichzeitig bereichern sie das kulturelle Leben in Burghausen. Und wer weiß, vielleicht findet sich dann ein kleines Stück Burghausen in den Werken der Stipendiaten wieder.“
Das Burghauser Literaturfestival „Literatur Live“, findet schon seit 1991 alle zwei Jahre statt. Inzwischen ist es weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und literarische Größen wie Axel Hacke, Doris Dörrie oder Saša Stanišić waren schon in Burghausen zu Gast. Weitere Informationen über das Programm gibt es auf der Homepage der Stadt Burghausen. Der Ticketverkauf startet am 1. Februar.
− red
Eine sechsköpfige Jury entschied, wer das „Writers-in-residence-Stipendium“ bekommt: Konrad Kammergruber (v.l.), Birgit Reineke-Reiprich, Christin Moll, Prof. Dr. Silvia Seibold, Stefan Angstl. Es fehlt: Dr. Norbert Lehning. −Fotos: red
