Burghausen
„Das Abenteuer kann nicht funktionieren“

Notaufnahme und Notarztstudie, die den Burghauser Standort infrage stellt, bewegen den Stadtrat

15.12.2022 | Stand 17.09.2023, 8:20 Uhr

Die Öffnungszeiten der Notaufnahme sollen nicht noch weiter reduziert werden – dafür will sich Bürgermeister Florian Schneider einsetzen. −Foto: Richter

In Burghausen kommt gerade einiges zusammen. Bürgermeister Florian Schneider wählte in der Stadtratssitzung am Mittwoch für zwei große Themen, die die Stadt gerade beschäftigen, den „Überbegriff Gesundheit“. Einmal ist da die Situation am Burghauser Standort des InnKlinikums: Die innere Abteilung und die Intensivmedizin sind seit 1. Oktober geschlossen und nach Altötting verlagert, die Notaufnahme hat kürzere Öffnungszeiten.

Nach Informationen von Dr. Markus Braun, CSU-Stadtrat und Leiter des Burghauser Notdienstes, sei die Altöttinger Notaufnahme nun noch stärker überlastet, lange Wartezeiten seien dort üblich. Dazu komme, dass die Burghauser Intensivbetten im Landkreis derzeit fehlten, da sie in Altötting noch nicht kompensiert wurden. „Meines Erachtens war die Schließung zu früh“, sagte er. „Der Notarzt in Burghausen stabilisiert die Patienten im Moment bei akuten vitalen Notfällen in der Klinik Burghausen mit dem Dienstarzt und verlegt die Notfallpatienten dann in die umliegenden Kliniken oder in die Klinik in Altötting.“ Eine „ganz schwierige Situation“ sei das, berichtete Braun aus der Praxis.

Und nun kommt zu all dem noch die jüngst veröffentliche Notarztstudie hinzu, die anhand theoretischer Berechnungen eruiert hat, dass es den Notarztstandort Burghausen nicht mehr braucht und stattdessen ein Standort in Tittmoning eröffnet werden sollte. Die Empfehlung ist nicht bindend und der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Traunstein plant den Vorschlag auch nicht umzusetzen. Frühestens 2024 werde man sich Gedanken machen – wenn flächendeckend der Breitbandanschluss so ausgebaut ist, dass ein Telenotarzt eingeführt werden könnte.

Auch wenn alles nur Theorie ist, so beschäftigt die Studie doch die Burghauser. „Die Schließung des Standorts wäre eine Katastrophe“, bekräftigt Braun. Er habe zuletzt politisch Druck gemacht und etwa ein Schreiben an MdB Stephan Mayer gerichtet. Im Stadtrat nutzte er die Gelegenheit, sich an öffentlich an das Stadtoberhaupt zu wenden. „Ich wollte Sie noch einmal bitten, zu schauen, dass der Notarztstandort in Burghausen gehalten wird.“

Schneider verwies darauf, dass in der Studie nicht berücksichtigt sei, welche Infrastruktur es vor Ort gibt. Und die sei in Burghausen mit Krankenhaus und Arztpraxen nunmal viel besser als in Tittmoning. Er werde sich dafür einsetzen, dass das nicht so kommt. „Das Abenteuer mit Tittmoning kann gar nicht funktionieren. Wir wollen den Notarztstandort da, wo er jetzt ist, aufrecht erhalten und weiter besetzen können.“ Zusammenfassend sagte Schneider: „Wir haben schon mit dem Krankenhaus eine Diskussion, wir wollen nicht auch noch mit dem Notarzt eine haben.“

Bezüglich der Altöttinger Notaufnahme sprach sich Schneider für einen raschen Ausbau aus, dann würde organisatorisch vieles leichter. Aktuell sei das „keine zufriedenstellende Lösung“. Er werde sich dafür einsetzen, dass die Öffnungszeiten der Burghauser Notaufnahme nicht noch weiter reduziert werden. „Aber wir sollten uns keine Illusionen machen, dass die Situation von vor ein paar Jahren wiederhergestellt werden könnte.“ Personell sei das nicht stemmbar. „Wir müssen das Profil für unseren Standort schärfen und ein starkes Altötting haben.“ Auf Nachfrage von Thomas Schwembauer (AfD) bekräftigte Schneider: „Wir brauchen in Burghausen eine Notaufnahme.“

Auf Rückfrage informiert Wachleiter Jürgen Eder, dass der Rettungsdienst-Standort Burghausen nicht zur Diskussion steht. Die Studie des Innenministeriums habe sich lediglich auf die Notärzte konzentriert. Aktuelle Untersuchungen zu Rettungswachen gebe es nicht; die zuletzt veröffentlichten ergaben, dass die Burghauser Rettungswache nötig ist. Eder hofft, dass die Notarztkollegen weiterhin in Burghausen bleiben und könne sich ebenfalls nicht vorstellen, dass es zu einer Verlegung nach Tittmoning kommt.

Zahlen und Fakten

Nach Informationen des Burghauser Notarztdienstleiters Dr. Markus Braun sind in Burghausen aktuell 15 Notärzte stationiert, die hier freiwillig, nebenberuflich und in ihrer Freizeit Dienst tun. „Der überwiegende Anteil ist ortsansässig, somit lassen sich Ausfälle meist recht schnell kompensieren. Die wenigen bisher in Burghausen und Altötting tätigen Kollegen präferieren zudem klar den Standort Burghausen. Ca. 1400 Mal pro Jahr rückt die Notarztmannschaft um Braun zu medizinischen Notfällen aus.

− jor