Biathlon-WM
„Da hätte viel mehr rausspringen können“ – Johannes Kühn sieht Deutschland bislang chancenlos in der Materialschlacht

12.02.2024 | Stand 12.02.2024, 17:38 Uhr

„Da war etwas Kühlung nötig:“ Bei Flutlicht – angesichts der warmen Temperaturen ohne Mütze und Brille – kämpfte sich Johannes Kühn bei der WM in Nove Mesto im Sprint auf den 14. Platz. In der Verfolgung landete der Tüßlinger dann auf Rang 15. − Foto: imago images

Nicht ganz an die vielen Top-Ergebnisse dieses Winters herangekommen ist bislang Biathlet Johannes Kühn bei seiner fünften WM-Teilnahme in Nove Mesto. Der aktuell Rangneunte des Gesamtweltcups aus Tüßling schlug sich mit den Plätzen14 im Sprint und 15 in der Verfolgung dennoch achtbar – auch angesichts der schwierigen Verhältnisse.

In erster Linie machen Kühn wie dem gesamten DSV-Team die Temperaturen zu schaffen, die sich rund um die anspruchsvollen Laufstrecken in Mähren deutlich im Plusbereich bewegen. Zu den für die Skijäger seltenen, nassen Bedingungen kommen noch der Schmutz in der Loipe, der fehlende Frost über Nacht und die große Menge des „übersommerten“ Schnees, der fast schon zu einer Eisschicht komprimiert ist. Das alles macht das Präparieren der Ski zu einem Glücksspiel und zu einer Materialschlacht.

Dementsprechend durchwachsen waren auch die Voraussetzungen für das Sprintrennen über 10 Kilometer bei Flutlicht. Die sieben Grad Außentemperatur waren Kühn „viel zu warm“. Die Strecke sei zwar „einigermaßen brauchbar“ gewesen, aber die Sorge vor den Schneebedingungen und den möglicherweise langsamen Ski ging schon nach dem Sprint der Damen am Vortag um.

Mit Startnummer 4 hatte der 32-Jährige eigentlich eine gute Auslosung erwischt und sich entsprechend viel vorgenommen. Auch die Form passte. Im liegenden Anschlag legte Kühn alle fünf Scheiben um und konnte damit seine Trefferquote dieser Saison, die hier bei beachtlichen 96 Prozent liegt, weiter steigern.

Auch stehend lief es zunächst nach Plan, ehe die letzte Patrone ihr Ziel verfehlte. „Das war natürlich sehr ärgerlich und hätte auch nicht sein müssen“, wurmt den Starter des WSV Reit im Winkl dieser Fehler. Dennoch zeigt er sich zufrieden: „Für die Umstände habe ich ein richtig gutes Rennen gemacht.“ Allerdings sei das Material an diesem Tag nicht konkurrenzfähig gewesen. „Wir hatten keine Chance“, so Kühn, der bis zum Schluss um jede Sekunde kämpfte, „obwohl ich schon nach ein paar Metern gemerkt habe, dass es nicht richtig rutscht“. Nachdem er sich unterwegs bereits seiner Mütze und Brille entledigt hatte, kam der Oberbayer völlig geschafft im Ziel an – mit der 16. Laufzeit und 1:41 Minuten Rückstand auf Sieger Sturla Holm Laegreid aus Norwegen. Sein 14. Platz sei zwar ein gutes Resultat, aber „natürlich nicht das, wofür wir hergekommen sind“, war der sonst so laufstarke Kühn am Ende doch sehr frustriert: „Da hätte viel mehr rausspringen können.“

Beim Verfolger über 12,75 Kilometer war dann angesichts des großen Rückstands eine „deutlich bessere Platzierung schon von vorneherein nicht wirklich realistisch“. Das Rennen sei erneut nicht schlecht gewesen. „Die Ski liefen zwar etwas besser, aber wieder nicht optimal und dann haben wir uns alle irgendwo im Niemandsland bewegt“, spricht der Mann vom Skiteam des Zoll auch für seine DSV-Kollegen, denen es ähnlich erging. Kühn schoss bei den beiden liegenden Aufgaben eine „Fahrkarte“, stehend handelte er sich dann noch drei Strafrunden ein. „Da war ich schon ganz schön abgekämpft und dann kam noch eine Windböe dazu“, kommentiert er die beiden Fehlschüsse bei der abschließenden Serie. Aber die fielen angesichts der deutlichen Abstände ohnehin nicht mehr ins Gewicht.

„Vier Fehler sind natürlich nicht optimal, aber die Bedingungen waren kompliziert und viele andere vor uns haben auch Fehler geschossen“, erklärt Kühn für die ganze Mannschaft, „aber wir konnten halt nichts aufholen“. Natürlich ärgere er sich über die letzten Schüsse, „aber dann wäre ich halt 13. oder 14. geworden“, so das Fazit des besten Deutschen bei diesem Lauf: „Verloren haben wir das Rennen schon am Vortag.“

Die Hoffnung von Kühn liegt nun auf der zweiten WM-Woche. Da das Wetter aber ähnlich bleiben soll, „muss sich beim Material was tun, sonst wird es schwierig“, blickt er voraus. Dennoch will sich der 32-Jährige am Mittwoch, 14. Februar, im schweren Einzel über 20 Kilometer, wo er bei der Generalprobe in Antholz mit Rang3 das fünfte Solo-Podium seiner Karriere erobert hat, und beim abschließenden Massenstart über 15 Kilometer am Sonntag, 18. Februar, wieder voll ins Zeug legen. Dazwischen könnte Kühn am Samstag, 17. Februar, mit der Männer-Staffel sogar eine Medaille ins Visier nehmen – es wäre seine erste bei einer WM.