Burghausen
Bader Bauer ohne Frisör

Der Laden schließt zum Jahresende, da die Betreiber keine Mitarbeiter mehr finden

14.12.2022 | Stand 17.09.2023, 8:26 Uhr

Stefanie Groß möchte mit ihrer Mutter Anita Lampert weitermachen, sich jedoch verkleinern. −Foto: Schönstetter

Es ist ein Orientierungspunkt in der Altstadt, ein Hinweis für Orientierungslose: „Beim Bader Bauer vorbei und dann ...“ – wohin auch immer. Bader Bauer in der Mautnerstraße 285 ist ein Haus, das man kennt – und, natürlich, ein Frisör. Bisher zumindest und seit fast 150 Jahren. Zum Jahreswechsel wird sich das ändern. Die aktuellen Pächter hören auf, ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin werden noch gesucht.

„Das ist eine rein rationale, keine emotionale Entscheidung“, sag Frisörin Stefanie Groß. „Und leicht ist uns das nicht gefallen.“ Ihre Mutter Anita Lampert betreibt das Geschäft seit über 20 Jahren, viele davon gemeinsam mit Stefanie. Sie selbst ist im Haus aufgewachsen, die Familie hat früher über dem Laden gewohnt. Jetzt aber fehlen Mitarbeiterinnen – und zwar auf lange Sicht, wie Stefanie Groß erklärt: „In den beiden Landkreisen Altötting und Mühldorf haben heuer sieben Leute die Gesellenprüfung der Frisör-Innung gemacht.“ Die 38-Jährige ist schwanger mit ihrem zweiten Kind, der Laden für ihre Mutter allein viel zu groß. Damit ihre Arbeit rentabel bleibt, müsste sie sechs Wochen nach der Geburt wieder 30 Stunden im Laden stehen, hat sich Stefanie Groß ausgerechnet. „Der Staat unterstützt selbstständige Frauen hier leider kaum.“ Sie und ihre Mutter wollen weiterhin selbstständig sein, sich aber verkleinern.

Und so macht der Bader Bauer zum 1. Januar 2023 zu. Der Altstadt bleiben aber auch im Jahr 2023 noch zwei Frisöre: Der Wöhrsee-Salon hat im Sommer nach einem Pächterinnenwechsel wieder neu eröffnet und den Traditions-Salon in der Mautnerstraße gibt es auch nach wie vor. Und der Bader Bauer? Ob die Ladenräume wieder zum Frisör werden, wie das schmiedeeiserne Schild über der Tür verspricht, ist noch nicht klar. Dass das Haus aber bei den Burghausern der „Bader Bauer“ bleiben wird, das dürfte selbstredend sein.

Das waren die Bader

In Burghausen gab es im 19. und 20. Jahrhundert eine Familie, die über mehrere Generationen das Baderhandwerk ausübte – und zwar in der Mautnerstraße 285. Im Burghauser Stadtmuseum wird die Geschichte der Familie erzählt.

Der erste Bauer war Josef Bauer, noch kein Bader, sondern Bataillonsbüchsenmacher, der mit der Garnison nach Burghausen kam, wie Stadtarchivarin Eva Gilch nachgeschlagen hat. Sein Sohn Roman Bauer I. (1847 bis 1898) erlernte das Baderhandwerk, heiratete 1874 eine Burghauserin und eröffnete in der Mautnerstraße 285 einen Baderbetrieb. Das war Burghausens erster „Bader Bauer“. 1877 wurde Sohn Roman Bauer II. geboren. Auch er erlernte den Baderberuf. Seine Ausbildung erhielt er im Krankenhaus rechts der Isar in München, bevor er 1897 das Geschäft des Vater in Burghausen übernahm.

1928 richtete der Bader Bauer dort in der Mautnerstraße 285 zusätzlich einen Friseursalon ein. Zu tun hatte Roman Bauer genug: Zudem arbeitete er als Narkotiseur im nahegelegenen Spitalkrankenhaus und als Leichenbeschauer in vier Gemeinden. 1950 übergab er das Geschäft an seinen Sohn Roman III., ebenfalls Bader. Roman Bauer II., der 1970 im Alter von 93 Jahren gestorben ist, war Träger der Goldenen Ehrennadel Burghausens. Er war nicht nur in der Stadt engagiert, sondern ihm ist es auch zu verdanken, dass der Wöhrsee in städtischer Hand ist: Um die Jahrhundertwende sollte der See, der sich damals in Privatbesitz der Müllersfamilie Kothlechner befand, verkauft werden – an einen auswärtigen Geschäftsmann. Roman Bauer wirkte auf die Politiker der Stadt ein, bis sich diese entschlossen, den See zu kaufen.