Von "Altherrenfußball" bis Torhüter-Wechsel: So watschn Experten Jogi und seine Jungs ab

15.10.2018 | Stand 19.09.2023, 0:42 Uhr

Im Zentrum der Kritik: Bundestrainer Jogi Löw. −Foto: dpa

Nach dem blamablen 0:3 in der Nations League in Holland lehnt DFB-Präsident Reinhard Grindel schnelle Konsequenzen ab. Der Verbandschef rief am Sonntag dazu auf, sich nicht auseinanderdividieren zu lassen. "Dass der Weg unserer Mannschaft nach der WM auch Rückschläge mit sich bringen kann, war uns allen klar. Umso wichtiger ist es, jetzt gemeinsam auf und neben dem Platz als ein Team zusammenzustehen", übermittelte Grindel auf Anfrage.

Bundestrainer Joachim Löw hatte nach der "sehr brutalen Niederlage" in Amsterdam bei Fragen nach seiner Zukunft auf die Zuständigkeit anderer verwiesen: "Dafür bin ich der falsche Ansprechpartner."

Der 57-jährige Grindel äußerte sich nicht direkt zu Löw. Oliver Bierhoff (50), Manager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, hatte die Niederlage gegen den Nachbarn nach dem Spiel überhaupt nicht kommentiert. "Natürlich hätten wir uns ein anderes Ergebnis gewünscht, aber der Blick muss klar nach vorne gehen", äußerte DFB-Boss Grindel am Tag danach.

Joachim Löw wehrte sich derweil vehement gegen Kritik an seiner Treue zu den Champions von 2014: "Nach dem War-Zustand wird niemand bewertet, sondern immer nach dem Ist-Zustand", beharrte der Bundestrainer, obwohl er beim 0:3 gegen Holland mit fünf festen Größen von Rio in der Startelf gerade einen fatalen Achsbruch erlebt hatte.

Neuer, Boateng, Hummels, Kroos, Müller – Löws Achse funktioniert einfach nicht mehr, zumindest nicht in der kompletten Besetzung. "Prinzipiell ist es immer Sache des Trainers, wie er aufstellt. Jeder hat die Qualität bei uns zu spielen, auch die Spieler, die auf der Bank saßen", bemerkte Confed-Cup-Sieger Joshua Kimmich.

Löw bleibt dabei: Ohne seine ehemaligen Weltmeister will er nicht planen. Das birgt Konfliktpotenzial. Man dürfe nicht "Wunderdinge" von den Spielern Anfang 20 erwarten. "Deswegen ist es immer noch wichtig, dass wir in der Mannschaft eine gute Mischung zwischen Erfahrung und Jugend haben", betonte der 58-Jährige.

Von immer mehr Experten wird Löw unterdessen in Beschuss genommen. Nachdem vor einigen Tagen bereits Michael Ballack gegen Löw geschossen hatte, meldeten sich am Wochenende weitere Ex-Spieler und -Trainer zu Wort. Olaf Thon zum Beispiel kritisierte die Aufstellung zahlreicher Spieler des FC Bayern. "Man muss die Spieler aufstellen, die jetzt in der Bundesliga topfit sind und das waren gerade die Spieler beim FC Bayern nicht", sagte Thon am Sonntag dem TV-Sender Sky.

Dem 52-Jährigen missfiel beim 0:3 gegen die Niederlande besonders die Leistung der Münchner Innenverteidiger Mats Hummels und Jérôme Boateng. "Ein Neuanfang von Joachim Löw mit neuen Kräften sieht anders aus. Vor allem in der Innenverteidigung mit Jérôme Boateng und Mats Hummels. Das ist Altherrenfußball", sagte Thon.

Der frühere Bundesliga-Trainer Christoph Daum sieht den Job von Löw nun möglicherweise in Gefahr. "Es ist versäumt worden, den Generationswechsel einzuleiten. Wenn die Kritik berechtigt ist, dann wird er sich nicht mehr lange halten können", sagte der 64-Jährige in der TV-Sendung "Doppelpass" bei Sport1. Von Löw und Oliver Bierhoff habe er nach der desolaten WM in Russland nur Absichtserklärungen gesehen, keine Taten. "Wir werden bald Ankündigungsweltmeister."

Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus fordert derweil einen Wechsel im Tor. "Manuel Neuer hat aktuell nicht die Form und Sicherheit, die er vor seiner schweren Verletzung gehabt hat. Er ist noch nicht wieder in der Form, die ihn viermal zum Welttorhüter gemacht hat", schrieb Matthäus in seiner aktuellen Kolumne auf skysport.de. Marc-Andre ter Stegen spiele "seit Jahren Weltklasse bei Barcelona. Ich finde, er hätte langsam die Chance verdient, ein wichtiges Spiel von Anfang an zu bestreiten, selbst wenn Neuer zur Verfügung stünde", analysierte der Ehrenspielführer weiter. Die Achse, auf die Löw vertraue, funktioniere aktuell nicht, schrieb Matthäus nach dem 0:3 der DFB-Elf gegen die Niederlande in der neuen Nations League.

"Denn diese Spieler haben mit sich und mit Problemen in ihren Vereinen zu kämpfen. Als da wären: Neuer, Jerome Boateng, Mats Hummels, Toni Kroos, Thomas Müller. Sie sind die Erfahrensten, haben den Laden aber aktuell überhaupt nicht im Griff." Er habe sich "sehr über die Aufstellung von Joachim Löw gewundert", meinte Matthäus.

Auch die internationale Presse ging hart mit der DFB-Elf ins Gericht. So schreibt zum Beispiel die spanische "AS": "Holland zerstört Deutschland. Deutschland versinkt in der Krise nach dem Schiffbruch gegen Holland. Joachim Löw wird wieder angezählt wie nach dem Aus in der Gruppenphase der WM. Die 'Mannschaft' ist nur noch eine Karikatur ihrer selbst."