Wohin geht Regensburgs Reise?
Selimbegovic im Interview: Über den Jahn-Höhenflug, Mentalität und Bundesliga-Träume

27.10.2021 | Stand 19.09.2023, 2:21 Uhr

Viel Grund zum Jubeln hatten die Regensburger um Trainer Mersad Selimbegovic in dieser Saison. Hier feiert der Coach mit Joël Zwarts und Konrad Faber den jüngsten 3:1-Sieg gegen Hannover. −Foto: Weigel/dpa

Mit Wille, Spaß und Leidenschaft mischt der SSV Jahn gerade die 2. Liga auf. 22 Punkte nach 11 Spieltagen, Platz 2 – damit hat niemand gerechnet. Was sind die Gründe für den Höhenflug? Und: Wohin kann die Reise der Regensburger noch gehen? Wir haben bei Trainer Mersad Selimbegovic (39) nachgefragt.

Herr Selimbegovic, viele sprachen vor der Saison von der besten 2. Liga aller Zeiten. Nach 11 Spieltagen steht der Jahn auf Platz 2, vor Schalke, Hamburg und Bremen. Überrascht?
Mersad Selimbegovic: Auf jeden Fall. Man kann wirklich nicht sagen, dass wir das erwartet haben. Wenn du 22 Punkte nach elf Spielen hast, ist das schon eine sehr gute Ausbeute. Aber es reicht auch noch nicht für unser Ziel.

Was ist denn Ihr Ziel?
Selimbegovic:
Wir wollen möglichst schnell die 40-Punkte-Marke knacken. Das heißt, dass du nichts mit dem Abstieg zu tun hast. In dieser Liga kann Jahn Regensburg immer noch kein anders Ziel ausgeben, als möglichst schnell im sicheren Wasser zu schwimmen.

Vor dem Spiel gegen Hannover haben Sie schon den Finger gehoben und vor zu viel Euphorie gewarnt. Dann gewannen ihre Jungs – fast im Stile einer Spitzenmannschaft – 3:1. Ist denn der Jahn schon eine Spitzenmannschaft?
Selimbegovic:
Auf gar keinen Fall. Eine Spitzenmannschaft entscheidet diese Partie schon in der ersten Halbzeit. Aber wir haben Hannover, einen starken Gegner wie alle anderen in dieser Liga, wieder ins Spiel kommen lassen und hatten in einer Phase Glück, dass wir nicht den Ausgleich bekommen. Das zeigt: Wir sind in dieser Liga noch weit weg von einer Spitzenmannschaft. Wir sind im Moment gut drauf, wir sind selbstbewusst, es klappt vieles. Das muss man mitnehmen und den Moment genießen. Aber wir starten jede Woche bei Null und müssen in jedes Spiel alles investieren, was in unserem Tank ist.

Geht der Jahn nach diesem Start überhaupt noch als Außenseiter durch? Oder hat sich die Wahrnehmung schon verändert?
Selimbegovic:
Wir werden schon etwas anders wahrgenommen. Vor allem medial. Und auch vom Gegner. Aber für uns selbst hat sich nichts verändert. Wenn wir gegen Hannover spielen, können wir nicht sagen, wir sind jetzt Favorit. Wir wissen genau, dass wir es ständig mit hochkarätigen Teams zu tun haben und wir mehr leisten, mehr investieren müssen als der Gegner – sonst holst du keinen Punkt. Von daher: Wir wären gerne Favorit. Aber wir sind noch nicht so weit, dass wir das sagen können.

Sechs Siege, vier Remis und erst eine Niederlage. Was macht Regensburg aktuell so stark?
Selimbegovic:
Wir haben einen klaren Plan. Dazu einen guten und ausgeglichenen Kader, der auch in der Breite etwas zu bieten hat. Und uns zeichnet dieser unbedingte Wille aus, jeden Zweikampf zu suchen und diesen auch gewinnen zu wollen. Wenn wir immer alles reinwerfen, was wir haben, ist es schwierig, gegen uns was zu holen.

Sie sprechen den Willen und die Mentalität an. Haben Ihre Spieler diese Tugenden im Blut oder müssen Sie diese immer wieder einfordern?
Selimbegovic:
Das ist ein Prozess. Und der dauert schon sehr lange hier im Verein. Jeder weiß, was wir haben wollen. Aber natürlich muss man diesen Prozess auch täglich pflegen, immer wieder vorleben. Denn alles, was man hat, und nicht pflegt, geht auch irgendwann verloren.

Lassen Sie uns zum Schluss noch ein bisschen träumen. Regensburg in der 1. Liga. Könnte das überhaupt funktionieren?
Selimbegovic:
Im Moment ist das eher Utopie als realistisch. Aber wenn wir nach 32 Spieltagen noch immer da stehen, wo wir aktuell sind, wären wir sicher die letzten, die sagen, wir wollen das nicht. Aber wir wissen ganz genau, dass wir mit dem Klassenerhalt schon viel erreichen würden. Das ist und bleibt das klare Ziel.

Interview: Andreas Lakota. Das ganze Gespräch lesen Sie in der Mittwochsausgabe der Heimatzeitung.