Plattling
"Red Cross Kickers": Wenn Psychiatrie-Patienten und "Normalos" zusammen bolzen

25.05.2019 | Stand 18.09.2023, 3:43 Uhr

Jeder wie er kann – bei den Plattlinger "Red Cross Kickers" haben die Spieler am Ball ganz unterschiedliche Qualitäten. Akzeptiert werden sie aber alle und auf die Schwächeren nimmt man im Spiel Rücksicht. −Fotos: Schweighofer

Es ist ein Donnerstag, wie er leider nur zu typisch ist für diesen Frühsommer. Also: Es regnet und das Thermometer traut sich um kurz vor 17 Uhr kaum über die 10-Grad-Marke. Matze scheint das nichts auszumachen. Der junge Mann steht in seiner grünen Regenjacke vor dem Fußballplatz an der Plattlinger Mittelschule und grinst. "Ist doch wunderbar! Echtes Fritz-Walter-Wetter, da kann man gut grätschen." Stefan grätscht verbal gekonnt dazwischen: "Naja, vielleicht wird es ja das Wunder von Bern!" Nun, das Wunder von Bern – also der sensationelle WM-Titel einer Deutschen Fußballnationalmannschaft 1954 – ist an diesem greislichen Donnerstagnachmittag doch ein Stückchen weg. Aber es ist auch kein ganz gewöhnliches Fußballtraining, das hier auf dem saftigen Grün der Plattlinger Mittelschule ihren Lauf nimmt. Auf dem Platz stehen 14 Fußballer – die meisten von ihnen leiden an einer psychischen Erkrankung.

Die Idee zu dieser besonderen Fußballmannschaft, den "Red Cross Kickers Plattling", hat der Dipl.-Sozialpädagoge Günther Skibbe, beschäftigt beim Sozialpsychiatrischen Dienst Plattling, schon im Jahr 2000. Und wie die meisten guten Ideen, fängt alles erst einmal klein und unspektakulär an. "Das ist aus einer Laune heraus entstanden. Ich hab schon immer gerne Fußball gespielt und einfach ein paar Leute gefragt", erzählt Skibbe. Am Anfang sagen vier, fünf Spieler zu – ein überschaubares Team. Doch Günther Skibbe lässt nicht locker...

"Machen Sie den Schiedsrichter?" Fritz hat sein Aufwärmprogramm unterbrochen und kommt in kurzer Hose und kurzem Shirt zum Reporter, eingehüllt in einen Wintermantel, getrabt. "Nein, einen Schiedsrichter brauchen wir gar nicht", gibt er selbst schnell die Antwort. "Wir verstehen uns alle gut." Und tatsächlich braucht man nur ein paar Minuten dieses frostige Training zu beobachten, um genau zu verstehen, was damit gemeint ist. "Klasse Flori!", kommt es gleich aus mehreren Richtungen, als der Torwart einen relativ harmlosen Ball in Richtung Eckfahne entschärft hat. Positive Ansprachen, sich immer wieder gegenseitig anfeuern und ermutigen – das sind Selbstverständlichkeiten bei den "Red Cross Kickers", bestätigt nach dem Training Initiator Günther Skibbe.

Die meisten Spieler an diesem Nachmittag auf dem Trainingsplatz haben bereits Psychiatrieerfahrung, erzählt Skibbe. Einige seien auch nicht diagnostiziert, würden aber ebenfalls auffälliges Verhalten an den Tag legen. Und dann ist da noch eine kleine Gruppe von Spielern der Plattlinger Kickers, die eher zufällig mal an einem Training der "Red Cross Kickers" teilgenommen hat und dabei geblieben ist. "Ja, wir integrieren auch Normalos", sagt Skibbe und lacht.
Die ganze Geschichte lesen Sie am Samstag, 25. Mai, in Ihrer PZ.