Lachnummer, Kreisliga, Kasperlverein: Kult-Coach Wettberg rechnet mit 1860 ab

15.06.2015 | Stand 15.06.2015, 8:51 Uhr

Übt heftige Kritik an der Vereinsführung: Karsten Wettberg. − Foto: Archiv bit

Harte Worte – doch damit hat er vielen Fans aus dem Herzen gesprochen. Karsten Wettberg, der Kulttrainer des TSV 1860 München, hat am Wochenende heftig über die Vereinspolitik beim Zweitligisten gewettert. Im Rahmen eines Fanprotestes gegen Gerhard Poschner übte der 73-Jährige schwere Kritik am Sportdirektor, dem Ismaik-Vertrauten Noor Basha sowie weiteren Vereinsverantwortlichen. In seiner flammenden Rede sprach Wettberg von Kasperlverein und dass die Löwen mittlerweile eine Lachnummer in ganz Fußball-Deutschland seien. Poschner habe noch nichts Gutes für 1860 München gemacht. "So wie er die Mannschaft zusammengestellt hat, da würde man nach vier Wochen in der Kreisliga rausgeschmissen werden", schimpfte Wettberg und fügte an: "Für was braucht der einen Kaderplaner ? Damit hat er doch schon gesagt, dass er es alleine nicht kann." Und zu Basha meinte der "König von Giesing", dass er noch nie jemanden gesehen habe, der so wenig Ahnung vom Fußball hätte. Bei 1860 brauche man Leute mit "Stallgeruch" und von denen würde es auch viele geben, die sich engagieren wollen. Von den Fans wurde Wettberg mit Sprechchören gefeiert, während seine Rede schallten Poschner-Raus-Rufe übers Gelände.

Nicht nur Wettbergs Wutausbruch macht deutlich: Nach dem in der Relegation gegen Holstein Kiel denkbar knapp verhinderten Absturz in die 3. Liga befinden sich die Löwen weiter in einem Schwebezustand. Die Lage ist verworren. Am Wochenende protestierten einige hundert Fans am Vereinsgelände. Ihr Unmut richtete sich besonders gegen Sportdirektor Gerhard Poschner, dem sie die größte Schuld für den Beinaheabstieg in der vergangenen Spielzeit geben. "Poschner go home" oder "Rote Karte für Poschner" war auf den Transparenten zu lesen. Vereinsvertreter möchten Poschner ebenfalls loswerden. Der Ex-Profi wurde bislang aber von der Investorenseite geschützt.

Eine Woche vor dem Trainingsstart hat die Vereinsführung des TSV 1860 München zumindest die quälende Funkstille mit Investor Hasan Ismaik beenden können. Präsidium und Vereinsvertreter im Beirat des Fußball-Zweitligisten befänden sich nach "längerer Zeit" mit dem Gesellschafter aus Jordanien und dessen Rechtsberatern "in sehr ernsthaften und produktiven Gesprächen", vermeldeten die "Löwen" am Sonntag.

Dem von Gerhard Mayrhofer angeführten Präsidium geht es kurz vor der Mitgliederversammlung am kommenden Sonntag in den Verhandlungen mit Ismaik darum, "rasch eine gute und für den künftigen sportlichen Erfolg des Vereins tragfähige Lösung zu finden". Von Ismaiks Plänen für die Zukunft war noch nichts zu hören. Unklar ist besonders, welche finanziellen Mittel der Jordanier für 2015/16 bereitstellt.

Der Verein machte bei seinem öffentlichen Vorstoß am Sonntag deutlich, dass "die derzeitige Phase der Unsicherheit" beim deutschen Meister von 1966 schnell beendet werden müsse. Es solle eine Lösung präsentiert werden, die Fans, Verein und auch der Mannschaft es wieder ermöglichen sollen, sich gemeinsam auf den sportlichen Erfolg zu konzentrieren. Die "Löwen" gehen in ihre zwölfte Zweitliga-Saison seit dem Abstieg aus der Bundesliga 2004.

Über Inhalte und mögliche Ergebnisse der Gespräche zwischen Verein und Investor, die in der kommenden Woche fortgesetzt werden, machte der Verein keine konkreten Aufgaben. Beim 1860 München bleibt es spannend.

Die Profis nehmen am 22. Juni wieder die Arbeit auf. Die Zukunft von Trainer Torsten Fröhling ist allerdings noch nicht geklärt. Der Vertrag des 48-Jährigen läuft am 30. Juni aus. Er war im Februar zum Chefcoach befördert worden. Fröhling hatte nach dem Klassenverbleib signalisiert, weitermachen zu wollen. Auch Führungsspieler wie Kapitän Christopher Schindler hatten sich nach der Rettung gegen Kiel klar für Fröhling ausgesprochen.

− dpa/red