"Fehlende Verhältnismäßigkeit"
Kommentar zum Zaun-Zwang: Regierung sollte Zuschauer-Ausschluss überdenken

05.08.2020 | Stand 19.09.2023, 1:42 Uhr

Ein aktuelles Bild vom vergangenen Wochenende: Zaungäste beim Fußballtestspiel.

Vor wenigen Tagen fanden in Niederbayern die ersten Fußball-Testspiele seit März statt. Zuschauer durften und dürfen aber nicht dabei sein. Sportredakteur Andreas Lakota kommentiert die Entscheidung der bayerischen Staatsregierung.

Hinter uns liegt ein Super-Sommer-Samstag. An den Badeseen tummelten sich tausende Sonnenhungrige. In den Biergärten stritten die Besucher um die letzten freien Platzerl. Vor den Eisdielen bildeten sich lange Schlangen. Und auf den Fußballplätzen der Region? Da herrschte gähnende Leere. Die Staatsregierung gab zwar grünes Licht für Testspiele, zeigte Zuschauern aber zugleich die rote Karte. Warum? Das weiß eigentlich niemand, eine Begründung für den Platzverweis blieb aus. Kein Wunder also, dass viele Spieler und Vereine diese Entscheidung mit einem Kopfschütteln quittierten.

Freilich, auch im Fußballerlager darf die Corona-Situation keinesfalls ins Abseits gestellt werden, Maske und Abstand bleiben die besten Verteidiger im Kampf gegen das Virus. Für Unverständnis sorgt allerdings die fehlende Verhältnismäßigkeit. Während im Wirtshaus die Gläser klirren, bei Konzerten bis zu 200 Besucher lauschen und Tausende Urlauber quer durch Europa tingeln, bleibt dem regionalen Fußballfan nur der Blick durchs Zaunloch. Sogar die Eltern der jüngsten Kicker sollen draußen warten. Dabei bieten Sportplätze doch genügend freien Raum, um Fouls in Sachen Abstand zu verhindern. Erst recht, weil mit Massenandrang nicht zu rechnen ist. Partien in den unteren Klassen verfolgen selten mehr als 100 Interessierte.

In vielen Bundesländern wird bereits seit längerem vor Fans gekickt. Ebenso bei unseren Nachbarn in Österreich. Probleme mit Corona-Ausbrüchen gab es bisher keine. Nicht zuletzt deshalb sollte die Staatsregierung den Videobeweis bemühen – und die rote Karte für Zuschauer überdenken. Spätestens zum Pflichtspielstart. Denn ohne Publikum funktioniert Amateursport nicht.