Nicht bei Olympia
Karrierebremse Kreuzbandriss: Freund und Wellinger – warum die Rückkehr an die Spitze so schwer ist

27.01.2022 | Stand 27.01.2022, 10:00 Uhr

Severin Freund. −Foto: dpa

Severin Freund und Andreas Wellinger prägen im deutschen Skispringen eine Erfolgsgeschichte. Dann kommen schwere Knieverletzungen – und der Abstieg aus der absoluten Weltspitze. Für Olympia in Peking ist nun selbst die interne Qualifikationshürde zu hoch.

Die Skisprung-Karrieren von Severin Freund und Andreas Wellinger lassen sich in jeweils zwei Hälften teilen. Am Anfang standen Weltmeister-Titel, Olympiasiege, Medaillen, grandiose Flüge und bei Freund sogar ein Gesamtweltcup-Titel. Der zweite Teil hingegen ist geprägt von Misserfolgen, Frust und dem unerbittlichen – häufig vergeblichen – Kampf um den Anschluss nach ganz oben. Getrennt sind die beiden Phasen durch eine Verletzung, die in jedem Sport schlimm ist, aber in kaum einer Sportart so einschneidend und nachhaltig wirkt wie beim Skispringen: den Kreuzbandriss.

Den heute 33 Jahre alten Routinier Freund erwischte es 2017 gleich zweimal. Seitdem hat der Waldkirchener keinen Einzelweltcup mehr gewonnen und wurde nie mehr so stark wie zuvor, als er jahrelang Deutschlands unumstrittene Nummer eins war.

Pyeongchang-Olympiasieger Wellinger zog sich die schwere Knieverletzung im Sommer 2019 zu. Es folgte ein Pausenjahr, ein Frustjahr und nun der Winter, der zu den Spielen führen sollte. Doch daraus wurde nichts. Stattdessen hat der 26-Jährige – wie auch Freund – die Nominierung für Olympia verpasst und wird in Peking nur Fernsehzuschauer sein, sofern es keine positiven Corona-Tests im deutschen Springerteam gibt.

Freund und Wellinger wird das frustrieren, beide sind mit hohen Erwartungen in den Winter gestartet. "Ich habe zwei Jahre hinter mir, die nicht ganz so das Zuckerschlecken waren. Deswegen bin ich umso mehr motiviert und freue mich auf das, was kommt", hatte Wellinger vor Saisonbeginn gesagt. Im Vierkampf mit Constantin Schmid und Pius Paschke waren es am Ende auch unglückliche Umstände, die gegen das Duo den Ausschlag gaben: Freund stürzte und erfüllte zu spät die Norm des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Wellinger ließ ein Wochenende wegen eines Stichs im Knie aus und musste dann am vergangenen Freitag wegen eines positiven Corona-Tests passen.

Doch selbst ohne diese Umstände wären die einstigen Topathleten Freund und Wellinger weit von der Weltspitze entfernt. So geht es im hochsensiblen Skispringen den allermeisten Athleten, die nach einem Kreuzbandriss wieder einsteigen. Wellinger beschrieb sich nach seiner langen Pause als "Roboter, der zwar die Schanze runtergefahren ist und ein paar Hüpfer gemacht hat". Das nötige Feingefühl fehlte aber komplett. Bei Freund, der sich nach dem Auskurieren eines ersten Kreuzbandrisses zügig im Training eine schmerzhafte Reruptur zuzog, dürfte dieses Gefühl erst recht ausgeprägt sein.

Wellingers Karriere scheint derzeit ein wenig in der Sackgasse. Die letzten größeren Erfolge sind vier Jahre her, seit der schweren Verletzung ist viel Frusttoleranz und noch mehr Geduld gefragt. Doch mit 26 hat der Bayer, der in jungem Alter schon ganz große Erfolge feierte, noch einige Jahre vor sich. Auch Olympia 2026 in Mailand und Cortina d"Ampezzo dürfte ein realistisches Ziel sein.

Bei Freund hingegen geht es allmählich in Richtung Karriereende, auch wenn er das noch nicht offen ausspricht. "Es gibt kein fixes Enddatum. Natürlich ist es so, dass man sich überlegt, was kommt", sagte der Niederbayer zu seinen Zukunftsplänen. Als mögliche große Ziele nennt er die Skiflug-WM in Vikersund in diesem März sowie die Nordische Ski-WM in Trondheim, bei der Freund im Jahr 2025 schon 36 Jahre alt wäre.

− dpa