Inn/Salzach-Fußball wird Frauensache: Am Freitag soll Carmen-Jutta Gardill Kreisvorsitz übernehmen

18.01.2018 | Stand 19.09.2023, 0:16 Uhr
Alexander Hübner

Designierte neue Vorsitzende des Fußballkreises Inn/Salzach: Carmen-Jutta Gardill (54) aus Seeon. − Foto: BFV

Die Fußballer im Kreis Inn/ Salzach werden künftig von einer Frau geführt. Carmen-Jutta Gardill aus Seeon ist die einzige Kandidatin, wenn die Vereine am Freitag ab 19 Uhr im Rosenheimer Kultur- und Kongresszentrum einen neuen Kreisvorsitzenden wählen. Kreisspielleiter Bernd Schulz aus Großkarolinenfeld verabschiedet sich auf dem Fußball-Kreistag nach zwölf Jahren. Seit 2010 trug er auch den Titel "Kreisvorsitzender".

Nun werden die Aufgaben getrennt: Die designierte Kreisvorsitzende Gardill soll den Bayerischen Fußball-Verband (BFV) vor allem bei repräsentativen Anlässen wie Vereinsjubiläen und Ehrungen vertreten, aber auch in der Zusammenarbeit mit der lokalen Politik oder anderen Verbänden. Der Herren-Spielbetrieb bleibt in den Händen des Kreisspielleiters. Thomas Langner aus Taching, seit vier Jahren bereits als Spielleiter für die Gruppe Ruperti zuständig, übernimmt das Amt zusätzlich.

"Ich bin mehr der Praktiker. Um zu repräsentieren, wäre ich der Falsche", sagt der 44-Jährige. Auch Schulz hält die Trennung für richtig: "Meine Aufgaben sind in den vergangenen Jahren immer mehr geworden. Die Vereine fühlen sich oft überfordert. Es ist gut, wenn sie jemanden haben, mit dem sie auch über ihre Probleme sprechen können."

Bernd Schulz hatte seine Nachfolgerin selbst als Funktionärin entdeckt. Bei der Spvgg Pittenhart war Gardill als Mutter eines Fußball spielenden Sohnes eingestiegen, zunächst als Betreuerin und Trainerin. Später gründete sie als Jugendleiterin auch Mädchenmannschaften – so erfolgreich, dass der Dorfklub den DFB-Vereinswettbewerb gewann. Der Kreisspielleiter kam, brachte ein paar Fußbälle mit – und gewann die heute 54-Jährige als Kreis-Ehrenamtsbeauftragte.

Dieses Amt gibt sie nun nach sieben Jahren an den bisherigen Schiedsrichter-Einteiler Helmut Riedl (Bruckmühl) ab. Und die Spielleitung der Damen- und Mädchen-Staffeln im Kreis übernimmt im Sommer Michaela Heinzlmaier (Saaldorf). Ihr Liebe zum Fußball hatte Carmen-Jutta Gardill, im Hauptberuf Versicherungsangestellte, schon als Kind entdeckt – in Würzburg, wo sie aufwuchs, stürmte ihr Onkel in den 70er-Jahren bei den Kickers in der 2. Bundesliga Süd: "Da war ich natürlich jedes Wochenende im Stadion", sagt sie.

Der künftige Kreisspielleiter Thomas Langner hat den vielleicht exotischsten Lieblingsverein, den man im Südosten Bayerns haben kann: Erzgebirge Aue. Das liegt daran, dass er in Chemnitz aufwuchs und erst 1992 nach Bayern kam. "Da hatte ich jahrelang nichts mit Fußball zu tun." Die Alten Herren des SV Taching waren die "Wiedereinstiegsdroge". Als das Team zerfiel, wurde Langner Schiedsrichter. Dort hörte er 2014 davon, dass der heutige Bayernliga-Spielleiter Andreas Mayländer (Teisendorf) einen Nachfolger für die Gruppe Ruperti suchte. Wenige Monate später hatte er den Job. "Ich wollte den Verband quasi von innen revolutionieren", schmunzelt er. "Aber es bringt nichts, am Anfang gleich alles umzuwerfen." Die bröckelnden Mannschaftszahlen im Kreis Inn/Salzach nimmt er achselzuckend hin. "Das ist demografisch bedingt. Aber man kann vielleicht die Hürden senken, um den Einstieg zu erleichtern."

In der Gruppe Chiem bekommt Langner einen neuen Mitarbeiter. Denn Marcus Fischer (Rosenheim), der sich zuletzt vier Jahren um die Kreisklassen, A-, B- und C-Klassen im Westen kümmerte, nimmt aus familiären Gründen den Hut. Ihm folgt Franz Schaffner aus Bernau, den viele noch als Spieler des TSV Bad Endorf oder Trainer kennen. Als Rentner möchte sich der 59-Jährige jetzt wieder engagieren. "Ich will den Kontakt zu den Vereinen intensivieren, um Eskapaden, wie wir sie kürzlich wieder auf den Plätzen gesehen haben, zu verhindern." Das ist auch im Sinne von Bernd Schulz: "Der Ehrgeiz ist stark in den Vordergrund gerückt. Früher war mehr Miteinander, heute wird alles viel zu ernst genommen. Dabei geht es doch nur um Fußball", bilanziert der 64-Jährige.