Am Wochenende Finale dahoam
"Immer volles Risiko!" Ramona Hofmeister rockt einmal mehr den Snowboard-Winter

18.03.2021 | Stand 18.09.2023, 20:37 Uhr
Hans-Joachim Bittner

Ramona Hofmeister in Action: Ihre Siege sind seit dem WM-Sieg von Kathi Hölzl im alpinen Riesenslalom 2009 und deren Weltcup-Sieg 2009/10 in dieser Disziplin der größte sportliche Erfolg auch für den WSV Bischofswiesen. − Foto: privat

Kaum zu glauben: Ramona Hofmeister durfte noch nie ein Weltcup-Rennen auf ihrem Heimathang oberhalb Bischofswiesens bestreiten. "Unsere Heim-Rennen finden in der Regel in Winterberg statt." Der Götschen ist normalerweise kein Bestandteil des Wettkampf-Kalenders der weltbesten Snowboard-Damen. Umso mehr freut sich die 24-Jährige, dass es am kommenden Wochenende endlich soweit ist: "Ein Weltcup am Götschen – das war immer ein großer Traum. Endlich geht er in Erfüllung."

Ein Traum ist auch die bisherige Saison für die schnelle Snowboard-Dame des WSV Bischofswiesen. WM-Silber im Parallel-Slalom folgte der vorzeitige Gewinn der kleinen Weltcupkugel im Parallel-Riesenslalom. Selbst der Gesamtweltcup ist einmal mehr in nächster Griffweite.

Schon in der Saison 2019/20 holte Hofmeister den Gesamtweltcup plus die Riesenslalom-Disziplinwertung – beides mit großem Vorsprung. Seitdem stehen zwei der prächtigen Kristallglas-Preise in ihrem Wohnzimmer in Bischofswiesen-Stanggaß. Es hätten letztes Jahr sogar drei sein können, da sie mit Stefan Baumeister (SC Aising-Pang) zudem den Mixed-Bewerb anführte, ehe der Snowboard-Winter just vor dem letzten Bewerb in Winterberg abgebrochen wurde. Die Silber-Medaille gab’s obendrein in der Slalom-Disziplinwertung.

In den ersten Wochen nach dem Saisonabbruch 2020 war Hofmeister "richtig traurig", wie sie erzählt, dass "der große Lohn" durch die Virus-Krise verhindert wurde: "Die Siegerehrungen, die Feiern… – die damit verbundenen Emotionen blieben mir verwehrt. Das schmerzte sehr, weil das alles nicht nachzuholen ist." Sie weiß ganz genau, dass diese Erlebnisse ein Leben lang in Erinnerung bleiben. Ausgerechnet jetzt, in ihrer vielleicht besten Sportzeit, muss sie damit leben, dass das ganz große Feiern nicht möglich ist.

Dennoch steht der Götschen im Fokus: "Der Schnee hält", sagt Stützpunktleiter Helmuth Wegscheider, diese Woche kommt nochmal einiges dazu. Bereits vor exakt einem Jahr war Bischofswiesen – als Ersatz für Winterberg (dort lag im März kein Schnee mehr) – im Gespräch. Doch dann kam Corona. "Das wäre natürlich was gewesen, wenn ich daheim meinen Gesamtsieg hätte feiern können", denkt Hofmeister wehmütig an die "gezwungenermaßen" verpassten Chancen zurück. Jetzt wird sie sich mit der Russin Sofija Nadyrschina, die 50 Punkte zurückliegt, noch um die große Weltcup-Kugel matchen.

Hofmeisters große Stärke ist "mein Kopf", lacht sie. Mental sei sie enorm stark: "Gesunde Anspannung ist immer gut, um die Konzentration hochzuhalten. Im Grunde stehe ich aber immer sehr locker am Start und freue mich riesig auf das Rennen. Und dabei gehe ich immer volles Risiko, etwas anderes gibt es bei mir nicht. Ich bin eine richtige Kamikaze-Fahrerin. Nur so erreiche ich das, was ich will – einen Podestplatz."

Mit viereinhalb Jahren stand sie das erste Mal auf einem Snowboard. Ihre Schwestern Sandra und Melanie, die im Freestyle-Weltcup unterwegs war, weckten das Interesse der jüngsten der drei Hofmeister-Dirndln. "Zuerst war’s wirklich nur reiner Spaß". Mit 14 Jahren und nach den ersten FIS- und Europacuprennen wurde aus purer Freude schließlich weitaus mehr Ernsthaftigkeit. Dass der Knoten nach bereits sehr guten Weltcup-Jahren ausgerechnet in der vorletzten Saison – in der die Vorbereitung aufgrund der Schulter-Operation im März 2019 nicht planmäßig ablaufen konnte – so richtig platzte, kann sie sich selbst gar nicht richtig erklären. Doch Physiotherapeut Marcus Hirschbiel brachte sie mit einem völlig veränderten, auf sie abgestimmten und optimierten Sommertraining wieder perfekt hin. Punktegenau in den Wettkampfmodus. "Im Rückblick war die Vorbereitung perfekt, ich war noch nie so auftrainiert wie vor dem Winter 2019/20." In der jüngsten Saison verlor sie davon nichts und bestätigte ihre Form eindrucksvoll.