Herr der Wellen: Der Plattlinger Thomas Hinkel und sein Leben für das Freestyle-Kanu

02.04.2021 | Stand 18.09.2023, 5:23 Uhr
Luca Both

Daheim auf der Plattlinger Isarwelle: Thomas Hinkel zog 2008 von Münster nach Niederbayern – und beherrscht seinen Sport wie kaum ein Zweiter. −Foto: th

Der Plattlinger Thomas Hinkel (33) folgte dem Ruf des Wassers – und lebt als Kanu-Chef, Wettkämpfer und Naturfreund seine Leidenschaft.

Die Hochzeitsreise mit seiner Frau ging drei Wochen durch Nepal, mit Mountainbike und 30-Liter-Rucksack. "Dieses minimalistische Reisen macht es gerade so entspannend", sagt Thomas Hinkel (33). Generell braucht Thomas die Freiheit und das "Draußen-Sein" an der frischen Luft – und auf dem Wasser. Der Plattlinger ist der Mister Freestyle-Kanu.

Thomas Hinkel ist ein Freund der Natur, er liebt den Kajak-Sport. Im Freestyle-Kanu ist er vergangenes Jahr deutscher Meister geworden, er ist Mitglied des deutschen Nationalteams. Alles was er macht, hat irgendwie mit dem Paddeln zu tun. Sei es das Outdoorgeschäft, das er zusammen mit seinem Freund David Ernst leitet, sei es seine ehrenamtliche Tätigkeit beim TSV Plattling oder seien es die Reisen zu den Wildwassern dieser Welt.



Das Überraschende, das die Natur bereithält, treibt ihn an. Auch zehn Zentimeter Schnee können Thomas Hinkel nicht vom Kanufahren abhalten. Wann immer es geht, paddelt er auf der Isarwelle in Plattling. Man brauche nur die richtige Ausrüstung, dann mache es keinen Unterschied, ob man draußen oder auf dem Wasser ist, sagt Hinkel. Im Wettkampf geht es darum, in zweimal 45 Sekunden, auf einer natürlichen oder künstlich angelegten Welle sich zu bewegen und mit unterschiedlichen Figuren wie Loopings die Konkurrenz auszustechen.

Die Isarwelle war ein wesentlicher Grund, warum Hinkel heute im ländlichen Niederbayern zu Hause ist und nicht mehr in der Stadt. Zu viele Menschen bedeuteten Unruhe, stellt Hinkel fest. Aufgewachsen ist er in der Fahrrad-Hauptstadt Münster. Nicht nur des Sports wegen hat es den Naturfreund aus Westfalen 2008 nach Niederbayern verschlagen, sondern auch aus beruflichen Gründen.

Bessere Ergebnisse durch neu entdeckte Lockerheit

Im Kanugeschäft, wo er seine Ausbildung gemacht hat, firmiert Hinkel heute zusammen mit David Ernst als Geschäftsführer. Im Berufsleben will er ebenso das Optimale herausholen wie im Wettkampf. "Früher war ich schon Tage vor dem Wettkampf im Tunnel und deswegen auch wahrscheinlich zu nervös gewesen. Heute bin ich viel gelassener und dankbarer, überhaupt dabei zu sein und sehe es mehr als Hobby und nicht mehr als Leistungssport", sagt Hinkel. "Witzigerweise sind dadurch meine Wettkampfergebnisse besser geworden, obwohl ich mich rein technisch nicht wirklich verbessert habe", stellt er fest.



Die Gelassenheit hat er auch in der Natur gelernt. Er erzählt von seiner Hochzeitsreise: "Andere Probleme werden nebensächlich, weil man nur so wenig Platz in seinem Rucksack hat. Man muss sich jeden Tag genau überlegen, was man einpackt und konzentriert sich so auf das Wesentliche. Dadurch, dass man nicht so viele Sachen mit sich trägt, muss man sich auch weniger Gedanken um all diese Dinge machen. Man ist sorgenfreier und Luxusprobleme fallen in den Hintergrund. Der Überlebensgedanke tritt in den Vordergrund. So darf der Rucksack nicht nass werden oder es drängt sich die Frage auf: Wann kann ich das nächste Mal Wäsche waschen? Das alles schafft ein deutliches Bewusstsein für Natur und Umwelt."

Wickelkommode statt Kaukasus

Dass das Hauptaugenmerk beim Herrn der Wellen längst nicht mehr nur auf dem Leistungssport liegt, ist allerdings auch Folge privater Veränderungen: Ende Januar ist Thomas Hinkel zum zweiten Mal Vater geworden. So richtig zur Ruhe kommt er dann, wenn er die Kinder zu Bett bringt und ihnen vorlesen kann. Ruhe kann nicht schaden. Neben der täglichen Herausforderung im Beruf leitet Thomas Hinkel die Kanu-Abteilung des TSV Plattling, beim Bayerischen Kanuverband das Freestyle-Ressort. Bei Veranstaltungen ist er oft nicht nur Wettkämpfer, sondern auch Organisator. "Beschweren kann sich jeder, aber wenn man möchte, dass etwas besser wird, muss man auch was dafür tun", sagt der Vielbeschäftigte.

Aber jetzt stehen ohnehin erstmal andere Dinge im Vordergrund. Reisen in Regionen wie den Mount Kazbek in Georgien, den einzigen Fünftausender im östlichen Kaukasus, sind in naher Zukunft nicht drin. Steht doch jetzt eher Windeln wechseln auf der Tagesordnung als das Erkunden aufregender Gebirgsregionen.