Erst Höllenqualen beim Ironman auf Hawaii, dann vor den Traualtar an der Westküste

19.11.2019 | Stand 17.09.2023, 21:59 Uhr

11:34 Stunden nur unterwegs: Günter Hausschmid zog beim Ironman auf Hawaii durch, auch wenn es teilweise Höllenqualen waren. An Aufgeben dürfe man aber niemals denken.

Aller guten Dinge sind drei. Günter Hausschmid muss bei dieser Binsenweisheit immer wieder laut loslachen. Zu seinem Sport, dem Triathlon, und den dazugehörigen Plänen des Tüßlingers will das nämlich so gar nicht passen: Zwei Mal war der 55-Jährige schon beim Ironman auf Hawaii, obwohl nur einmal geplant war. Und jetzt noch ein drittes Mal? "Ich kann es mir nicht so recht vorstellen. Der Zauber ist verflogen." Wie eine glasklare Absage klingt das aber nicht...

Angefangen hat für Günter Hausschmid alles im Alter von acht, neun Jahren. Damals noch in Altenmarkt, wo auch sein Elternhaus steht. "Beim TSV habe ich mit Leichtathletik begonnen, war vor allem im Laufen aktiv." Bis zu den Oberbayerischen Meisterschaften hat er es über die 1000 Meter gebracht. Platz 6 ist da rausgesprungen.

Dann wollte irgendwann aber der Körper nicht mitspielen: "Bei allen anderen kam die Pubertät, die haben entsprechend angeschoben, waren für mich Riesen. Nur ich blieb weiterhin der Zwerg", erinnert er sich. Erste Zweifel kamen damals hoch. Nicht allzu lange drauf, als er bei einem Abendsportfest im Burgkirchner Alzstadion nur Vorletzter wurde – und auch das nur, weil der Letzte verletzt ausschied – "habe ich mir gesagt es reicht". 14 Jahre alt war Hausschmid – und schwer enttäuscht.

Es müssen wohl um die fünf Jahre gewesen sein, in denen er nicht nach Plan Sport gemacht hat. Und wenn, dann stieg er aufs Rad und schnürte kaum mehr die Laufschuhe. Mittlerweile nach Tüßling umgezogen, kam er 2005 über einen Freund zum Triathlon. "Im Radfahren war ich nicht stark, im Laufen war ich nicht stark und Schwimmen habe ich schon gleich gar nicht gekonnt." Beste Voraussetzungen also für einen Triathleten? Ja! "Irgendwie hat es doch immer geklappt. Der Erfolg lag in der Kombination", sagt Hausschmid und muss lachen.

Über Wettkämpfe wie den "Tri-Motion" in Saalfelden hat er sich immer tiefer in die Triathlon-Szene reingearbeitet – und Gefallen gefunden. "Ich war zunächst sehr zufrieden, es lief besser als erwartet." Nach der ersten Langdistanz 2008 in Klagenfurt stand für ihn fest: "Die kürzeren Distanzen mag ich nicht so, weil ich nicht der Schnellste bin. Das kann ich über die längeren Strecken mit der Ausdauer wegmachen." Und wo will nahezu jeder solche Sportler, dem es finanziell möglich ist, einmal hin? Natürlich: Hawaii!

"Für mich war das immer ganz weit weg. In meinen Gedanken war immer: ,Da sollen die hin, die es können.‘ Ich für mich habe mich mit dem Thema nie auseinandergesetzt." Bis 2014. Bei einem Rennen in Frankfurt gab es insgesamt 100 Tickets für die Trauminsel, in Hausschmids Altersklasse waren es fünf. "Das Schwimmen lief gut, nach dem Radfahren war ich aber fertig, dass ich mir nach drei Kilometer Laufen gedacht hab: ,Das wird nichts‘", erinnert er sich. Rang 20 am Ende. Ein Ticket? In weiter Ferne! "Normal sagen maximal vier oder fünf Leute ab, deswegen bin ich nicht zur Siegerehrung, wo diese verteilt werden, sondern enttäuscht nach Hause gefahren." Bis heute bereut er das noch, denn: Ausgerechnet in Frankfurt haben so viele abgesagt wie selten. Selbst der 21. kam weiter – weil Günter Hausschmid sich entschieden hatte, früher abzureisen. "Als ich das zu Hause gelesen habe, habe ich erst einmal einen Schreikrampf bekommen."

Das Jahr drauf hat er es in Zürich nochmal probiert: Vier Tickets gab es, Hausschmid war Fünfter. "Dieses Mal bin ich zur Siegerehrung geblieben." Und am Ende nach Hawaii gefahren.

Jahrelang hatte er immer schon auf ein Konto eingezahlt, um sich die teure Reise auch leisten zu können. Auch wenn es Höllenqualen sind, die man im Ironman überstehen muss: Für Hausschmid gibt es im Sport kaum was Schöneres. An Aufgabe war während des Rennens nicht zu denken! Seinen Platz so einfach wegschmeißen, wenn so viele ihn haben wollen? Das kam für ihn nicht in Frage. 11:28 Stunden war er 2015 unterwegs – und es habe sich voll ausgezahlt. "Da laufen wirklich die Top-Athleten rum und du bist mittendrin. Da kommt man sich schon komisch vor." Gepaart mit der einzigartigen Schönheit Hawaiis sei es ein einmaliges Erlebnis gewesen – das Hausschmid dann doch wiederholt hat.

Dieses Mal war aber ein Hintergedanke dabei: Der Sportler wollte seine Freundin Sabine, mit der er seit 25 Jahren zusammen ist, auf der Rückreise in San Francisco heiraten. Ein befreundetes Paar, das auch in den USA geheiratet hatte, hat ihn bei den Vorbereitungen unterstützt. Nun musste er sich nur noch qualifizieren: Hamburg hatte er sich als Ziel ausgesucht, wo die Quali klappen sollte – und es war eine gute Wahl. Trotz Fußproblemen schaffte es Hausschmid, einen von zwei Plätzen zu ergattern. "Das war so unrealistisch. Eigentlich hatte ich die USA-Hochzeitspläne schon fast wieder verworfen." Doch irgendwie musste es wohl so sein, dass "wir uns trauen".

Der Zauber von Hawaii war aber verflogen: Die beiden kannten schon alles auf der Insel, hatten die meisten Sehenswürdigkeiten besucht. Ein wichtiges Teil für sein Rad hatte er zu Hause vergessen und beim Zoll hatten sie sein Sportgerät verbogen. Dazu kommt, dass er sechs Minuten langsamer war. Das Rennen selbst hätte die Reise wohl kaum rausgerissen. "Dafür war das danach dann umso schöner", strahlt er. Mitte Oktober haben sich er und seine Sabine in Santa Rosa, nördlich von San Francisco, das Ja-Wort gegeben. "Das hat natürlich für alles entschädigt, es war einfach traumhaft." Auch wenn der kleine Makel mit dem wenig zufriedenstellenden Rennen für den Sportler Günter Hausschmid bleibt.

Der will sich jetzt eine neue Herausforderung suchen, denn die knapp 55 Kilometer mit dem Rad jeden Tag zur Arbeit nach Trostberg und wieder zurück reichen ihm nicht aus. "Momentan bin ich eher wieder auf dem Lauftrip, da muss ich mehr Qualität reinbringen." Fehlt nur noch ein Wettkampf, wo er das auch zeigt.

Mehr dazu lesen Sie am 19. November im Alt-Neuöttinger Anzeiger/Trostberger Tagblatt.