"Sind so schlau wie vorher"
Enttäuschung und Existenzangst: Fan-Verbot bringt den deutschen Sport in Not

28.08.2020 | Stand 28.08.2020, 19:28 Uhr

−Symbolbild: Marius Becker/dpa

Der große Aufschrei blieb aus, doch die Enttäuschung ist unüberhörbar: Der Beschluss der Bundesregierung, bis Ende Oktober keine Zuschauer im Profisport zuzulassen, stellt die Verantwortlichen in den Ligen außerhalb des Fußballs vor große Probleme – auch wenn die Hoffnung auf Sonderwege weiterhin lebt.

Am Donnerstag hatte die Politik beschlossen, bis mindestens Ende Oktober keine Zuschauer im Profisport zu erlauben. Großveranstaltungen, bei denen die Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregeln nicht möglich sind, bleiben sogar mindestens bis Jahresende untersagt. Die Bundesregierung hatte den notleidenden Profiligen und ihren Klubs außerhalb des Fußballs ein Hilfspaket von 200 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Damit sollten in Sportarten wie Eishockey, Basketball und Handball drohende Insolvenzen verhindert werden. DOSB-Präsident Alfons Hörmann warnte nach Bekanntgabe des Beschlusses der Politik vor gravierenden Folgen. "Jeder zusätzliche Monat mit massiven Beschränkungen im Sport, wie nunmehr weiterhin durch Veranstaltungen ohne Zuschauereinnahmen, führt dazu, dass wir unser wertvolles Angebot im sportlichen und gesellschaftlichen Bereich nicht auf dem bewährten Niveau aufrechterhalten können", erklärte Hörmann.

Eishockey

"Wir werden und können nicht ohne Zuschauer bzw. ohne finanzielle Hilfen in den Spielbetrieb gehen und hierfür brauchen wir sechs bis acht Wochen Vorlauf", sagte DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke am Freitag. Tripcke sagte auch: "Wir lesen den gestrigen Beschluss nicht so, dass Zuschauer grundsätzlich ausgeschlossen sind. Zunächst müssen wir aus Erfahrung abwarten, wie dieser Beschluss nun in den Ländern umgesetzt wird." Die DEL hatte ihren Saisonstart bereits von Mitte September auf den 13. November verschoben. Würde die Liga erst Ende Oktober von neuen Richtlinien erfahren, wäre das zu spät, um dann noch kurzfristig den Ligastart zwei Wochen später entsprechend organisieren zu können. Der Deutsche Eishockey-Bund erwartet von der Arbeitsgruppe eine klare Perspektive. "Von immenser Wichtigkeit wird es dabei sein, dass klar reguliert wird, wie sich kleine, mittlere und große Sportveranstaltungen definieren und auf dieser Basis eine klare Perspektive zu erarbeiten, die absolut dringend notwendig ist", hieß es in einer Mitteilung des DEB. "Wir müssen wissen, was eine Großveranstaltung ist und was nicht, um die richtigen Maßnahmen zu ergreifen", sagte DEB-Präsident Franz Reindl. Die Oberligen sollen schon im Oktober wieder loslegen. Fraglich ist, ob deren Spiele zu den für Zuschauer verbotenen Großevents gehören oder nicht.

Handball

"Die Aufregung ist groß, ganz klar. Man spielt hier schon mit der Geschäftsgrundlage eines jeden Klubs", sagte Geschäftsführer Frank Bohmann von der Handball Bundesliga (HBL) dem SID auf die Frage, wie die Liga auf den Beschluss reagiert habe: "Man muss dazu bemerken, dass wir seit Anfang März unsere Geschäftsmodelle nicht mehr durchführen können, das heißt, die Klubs haben nur noch Ausgaben keine Einnahmen." Die HBL setzt weiter darauf, schon zum Saisonstart am 1. Oktober mit Hilfe von schlüssigen Hygienekonzepten vom Verbot nicht betroffen zu sein und so die Zulassung von Zuschauern zu ermöglichen. "Das ist die Absprache, die wir mit der Politik getroffen hatten", sagte Bohmann. Ohne Fans sei jedoch ein langes Überleben nicht möglich, betonte der HBL-Boss. "Wenn es tatsächlich so kommen sollte, ist das maximal für eine ganz kurze Übergangszeit möglich. Ganz kurze Übergangszeit heißt, ein oder zwei Spiele, danach wird den ersten Klubs die Luft ausgehen."

Basketball

Im deutschen Profi-Basketball fehlt die klare Perspektive. "Wir sind eigentlich so schlau wie vorher", sagte Geschäftsführer Stefan Holz von der Basketball Bundesliga über den Politik-Beschluss. Die Basketballer fangen mit ihrer Liga erst im November an, haben deshalb noch nicht ganz so viel Druck. "Alles hängt davon ab, wie sich die Fallzahlen entwickeln. Die Gesundheit hat absolute Priorität", so Holz. Falls sich die Lage verschlimmern sollte und die Fans auch ab November nicht in die Hallen dürften, "ist das dann halt so. Das müssen wir dann auch akzeptieren", sagte der Geschäftsführer.

Volleyball

Die Volleyball Bundesliga (VBL) geht dennoch weiter davon aus, beim Saisonstart im Oktober vor Zuschauern spielen zu können. "Die Entscheidung der Bundesregierung und der Länderchefs hat an den Voraussetzungen für einen Spielbetrieb mit Zuschauern in der Volleyball Bundesliga nichts geändert", sagte VBL-Geschäftsführer Klaus-Peter Jung. Man fahre "weiter auf Sicht", bekomme aber "große Probleme" bei einer kompletten Saison ohne Zuschauer.

− sid/red