Heute Wahl des neuen BFV-Boss
Ende einer Funktionärs-Ära: Reizfigur Koch räumt Bayern-Machtbasis

25.06.2022 | Stand 25.06.2022, 6:00 Uhr

Tritt aus dem Rampenlicht: Rainer Koch. −Foto: dpa

Zum Abschied des Fußball-Landesfürsten Rainer Koch kommt auch der DFB-Präsident eigens nach Niederbayern. Bernd Neuendorf (60) hat sich für diesen Freitag in Bad Gögging angekündigt. In dem Kurort endet eine Ära: Auf dem Verbandstag des Bayerischen Fußball-Verbandes wird der 63 Jahre alte Koch gut drei Monate nach seiner Wahl-Abstrafung auf dem DFB-Bundestag in Bonn den im Anschluss angekündigten nächsten Rückzugsschritt vollziehen.

18 Jahre stand der Jurist an der Spitze des größten Landesverbandes im Deutschen Fußball-Bund. Am Samstag stellt sich Koch nicht mehr zur Wiederwahl als Präsident. Drei Bewerber kämpfen um seine Nachfolge.

Kochs Lebensplan sah eigentlich einen anderen Ablauf vor. Anlässlich seines 60. Geburtstages hatte er Ende 2018 noch eine weitere Amtszeit ins Visier genommen. Erst 2026 wollte der oberste Amateurvertreter im DFB die bayerische Machtbasis räumen. Doch dieses Vorhaben wurde auf DFB-Ebene durchkreuzt. Im jahrelangen DFB-Chaos mit den Rücktritten der Präsidenten Wolfgang Niersbach, Reinhard Grindel und zuletzt Fritz Keller geriet der ausgefuchste Strippenzieher Koch immer mehr ins Zentrum der Kritik. Er wurde für viele zur zentralen Reizfigur.

Der öffentliche Druck auf den langjährigen DFB-Vizepräsidenten, der den Verband in den vergangenen Jahren gleich dreimal als Interimschef anführte, war beim x-ten Versuch eines Neubeginns für eine Mehrheit nicht mehr tragbar. Auf dem Bundestag in Bonn unterlag er im März bei der Wahl zum Vizepräsidenten seiner Gegenkandidatin Silke Sinning.

"Ich weiß nur zu genau, dass es nicht immer dazu beiträgt, ganz oben in der Beliebtheitsskala aufzutauchen, wenn man sich für eine Sache stark macht und Durchsetzungsvermögen mitbringt", äußerte Koch vor dem BFV-Verbandstag. Besonders die Vertreter des Profifußballs hatte der entschiedene Vorkämpfer für die Amateure stets gegen sich.

Am Aufstieg von Neuendorf zum DFB-Chef wirkte Koch im Hintergrund noch mal mit. Nach den ersten 100 Tagen im Amt betonte Neuendorf zu Wochenbeginn, es sei gelungen, "dass es eine gewisse Stabilität im Verband gibt. Diese ist in den Verband zurückgekehrt." Ohne Koch.

Dessen Zeit an den Machthebeln des Fußballs läuft ab. Auch Kochs Rückzug aus dem Exekutivkomitee der UEFA ist längst beschlossen. Dortmund-Chef Hans-Joachim Watzke wird ihn in seiner Funktion als Aufsichtsratschef der Deutschen Fußball Liga in der Regierung des europäischen Dachverbandes ablösen. Koch stimmt derweil zum Abschied sein lebenslanges Leitmotiv an: "100 Prozent pro Amateurfußball!"

Seinem Nachfolger an der Spitze des BFV übergebe er "einen in allen Bereichen bestens aufgestellten, zukunftsorientiert und nachhaltig ausgerichteten Landesverband", sagt der Langzeit-Präsident. Den Konvent in Bad Gögging dürfte er als Ehrenpräsident verlassen.

Wer ihm als BFV-Chef nachfolgt, ist offen. Erwartet wird ein enges Rennen zwischen Vizepräsident Robert Schraudner (58), der auch Vorsitzender des Bezirks Oberbayern ist, und Christoph Kern. Der 39 Jahre alte Jurist führt den Bezirk Schwaben an. Christian Bernkopf (44), Betreuer Landesliga Südost, gilt als Außenseiter. Er stuft sich selbst als "großer Underdog" ein. Schraudner will als BFV-Chef die Basis "stärker einbinden". Der deutlich jüngere Kern betonte im Wahlkampf die große Chance zum "Generationenwechsel". Er will für "frischen Wind an der BFV-Spitze" sorgen – nach der Ära Koch.

− dpa