NHL-Star Marco Sturm exklusiv!
Dingolfinger Eishockey-Star greift nach dem Stanley Cup - und sagt Nein zu WM und DEL!

<span class='unterzeile'> Eishockey-Star aus Dingolfing im Interview mit heimatsport.de: "Ich will meine Karriere in der NHL beenden" - Mit den Washington Capitals greift der 32-Jährige als erster Niederbayer nach dem Stanley Cup. </span>

15.04.2011 | Stand 15.04.2011, 6:00 Uhr

Nach dem erfolgreichen Start der Washington Capitals in die NHL-Playoffs (2:1 n.V. gegen New York Rangers) hatte heimatsport.de-Mitarbeiter Michael Kirchner die seltene Gelegenheit, mit Niederbayerns bestem Eishockey-Export Marco Sturm über seine überraschenden Wechsel von Boston nach Los Angeles und schließlich in die Hauptstadt der USA zu plaudern. Der 32-jährige Linksaußen - mit 907 NHL-Einsätzen (242 Tore, 243 Assists) seit 1997 der erfolgreichste deutsche NHL-Profi aller Zeiten - will seine Karriere in der stärksten Eishockey-Liga der Welt beenden und schließt eine Rückkehr nach Deutschland in die DEL aus.

  Herr Sturm, Sie haben in den letzten sechs Spielen fünf Scorerpunkte gesammelt. Sind Sie jetzt in Washington angekommen?

Marco Sturm: "Spielerisch hat es auch von Anfang an gepasst, man hat mir auch ordentliche Leistungen bescheinigt. Ich habe meinen Job gemacht, war auch selbst im Großen und Ganzen zufrieden. Jetzt sind eben auch die Punkte dazugekommen. Ich hatte ein schwieriges Jahr mit Verletzungen hinter mir. Insofern bin ich froh, dass es jetzt immer besser läuft."

  Wie würden Sie Ihre Rolle im Team der Capitals beschreiben?

Marco Sturm: "Etwas anders als in Boston oder auch zuvor in San José. Weil eben hier Stars wie Alexander Ovechkin und Alexander Semin spielen. Die beiden haben sehr viel Eiszeit, aber auch zurecht, sie sind an vielen Toren beteiligt. Meine Rolle hier ist, gut defensiv zu spielen, in allen Situationen, besonders in Unterzahl."

  Was sind die markantesten Unterschiede der Teams, für die du in dieser Saison gespielt hast?

Marco Sturm: "Los Angeles hat eine sehr junge Mannschaft. Sie spielen kompakt, äußerst diszipliniert. Das ist ihr System, und es funktioniert sehr gut. Boston ist groß und kräftig! Sie spielen immer hart und ein hohes Tempo - und zwar alle vier Reihen. Hier in Washington versuchen wir auch kompakt zu agieren, mit allen Formationen. Aber Washington ist die einzige Mannschaft mit einem Superstar wie Ovechkin, und auf ihn kommt es hier an."

  Ein Journalist der Washington Post hat Sie mit folgenden Worten gelobt: "Sturm ist megaschnell, er fliegt über das Eis". Er sagte auch, dass so ein Spielertyp wie Sie im Team noch gefehlt habe ...

Marco Sturm (lacht): "Sie haben mich verpflichtet, weil sie an mich glauben, weil ich die nötige Erfahrung mitbringe, dem Team helfen zu können. Die vergangenen beiden Jahre war ich sehr oft verletzt; ich hoffe, dass es jetzt bergauf geht."



  Die Capitals sind letzte Saison als punktbestes Team im Osten bereits in der ersten Runde gegen die Montreal Canadians ausgeschieden. Auch diese Saison gehen sie als Topfavorit in die Playoffs. Selbst zum Spiel gegen den Letzten in der Eastern Conference, Florida Panthers, war das Stadion ausverkauft. Die Erwartungshaltung ist riesengroß in der Stadt, das spürt man bei jedem Gespräch mit Fans und Verantwortlichen. Beflügelt das eher oder ist der Druck dadurch, weit kommen zu müssen, auch entsprechend hoch?



Marco Sturm: "Beides! Die Euphorie in Washington ist gigantisch, die Stimmung im Stadion ist immer super. Die Fans stehen hinter uns, die ganze Stadt fiebert den Playoffs entgegen. Es kommt im Endeffekt nur auf uns an. Wenn wir gut spielen, kann uns keine Mannschaft stoppen."

  Die Klubführung sagt, dass u.a. mit ihrer Verpflichtung die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt werden soll, damit sich nicht alles auf Ovechkin konzentriert.

Marco Sturm: "Auch die Verpflichtung von Jason Arnott war sicher so eine Entscheidung, damit drei Reihen ausgeglichen besetzt sind. Von Ovechkin hängt natürlich sehr viel ab, das ist ganz klar. Wenn er marschiert, sind wir eine ganz andere Mannschaft. Er ist unser bester Mann auf dem Eis. Wenn wir alle einen guten Job machen, werden wir sicher weit kommen."

  Experten sagen, dass ihr in der Defensive nicht so stabil sei, auch die beiden jungen Torhüter Michal Neuvirth und Semyon Varlamov haben kaum bis wenig Playoff-Erfahrung.



Marco Sturm: "Washington hat in der Vergangenheit eigentlich nur offensiv gedacht und agiert. Das hat sich jetzt etwas geändert. Seit ich hier bin, hat man mir bestätigt, dass die Mannschaft defensiv stabiler geworden ist. Mike Green kommt zu den Playoffs zurück, ein enorm wichtiger Spieler für uns; er ist vielleicht sogar der beste Abwehrspieler in der Liga."

  In der ersten Runde kommt es jetzt zum Duell mit den New York Rangers, gegen die Washington in den vier Vorrundenspielen nicht gut ausgesehen hat: sie haben nur sechs Tore geschossen und 18 kassiert .....

Marco Sturm: "Stimmt, die Caps haben nur ein Spiel gewonnen. Es gibt Mannschaften, die einem nicht so liegen, da gehören die Rangers dazu. Aber es geht von null los. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die nächste Runde erreichen."

  Sollten Sie in den Playoffs frühzeitig ausscheiden, käme für Sie eine Teilnahme bei der WM 2011 in der Slowakei Frage?



Marco Sturm: "Nein, auf keinen Fall! Ich hatte viele Verletzungen, bin vielleicht auch etwas zu früh reingeworfen worden. Ich habe auch jetzt noch etwas Probleme, brauche daher die Pause im Sommer, um mich zu erholen und um mich wieder gut auf die neue Saison vorbereiten zu können. Wichtig ist, dass ich wieder hundertprozentig gesund werde."

  Stichwort neue Saison. Ihr Vertrag in Washington läuft im Sommer aus. Gibt es schon Pläne, wie es für Sie weitergehen könnte?



Marco Sturm: "Bisher noch nicht. Ich gehe davon aus, dass ich hier noch einige Jahre spielen kann. Wo, das wird sich im Sommer zeigen."

  Wäre eine Rückkehr nach Deutschland für Sie auch ein Thema?

Marco Sturm: Nein, das ist ausgeschlossen. Ich möchte meine Karriere hier in der NHL beenden.

  Welcher deutscher Nachwuchsspieler könnte irgendwann einmal in Ihre Fußstapfen treten?

Marco Sturm: "Die beiden Landshuter Tobias Rieder und Tom Kühnhackl bringen viel Talent mit. Ich kenne beide persönlich und habe sie auch schon spielen sehen. Sie haben das Zeug für eine gute Karriere. Kühnhackl ist ja sogar schon gedraftet."

  Was würden Sie jungen Spielern raten: sich zunächst über die Bundesliga und DEL nach oben zu arbeiten oder frühzeitig den Wechsel nach Nordamerika anzustreben?



Marco Sturm: "Ich würde den Talenten raten, frühzeitig rüber zu gehen, um die Erfahrung zu machen. Mit Tobias Rieder bin ich im engen Kontakt, ich hatte ihn auch nach Kanada vermittelt. Weil ich eben der Meinung bin, dass sie sich dort schneller an das nordamerikanische Eishockey gewöhnen können. Die Jungs sollen es versuchen. Wenn es nicht klappt, können sie immer noch nach Deutschland zurück."