Die Bayern-Krise: Vernichtende Experten-Kritik – und Hamann sieht Kovacs Schicksal schon besiegelt

05.11.2018 | Stand 05.11.2018, 10:15 Uhr

Frustrierte Mienen in der Allianz Arena: Bayern-Profis (von links) Niklas Süle, Joshua Kimmich, Franck Ribéry und Thomas Müller nach dem Schlusspfiff des Spiels gegen den SC Freiburg. −Foto: M.i.S.

Diese Frage ging Hasan Salihamidzic dann doch entschieden zu weit. "Fragen Sie bitte solche blödsinnigen Fragen nicht", sagte der Sportdirektor des FC Bayern empört und drehte ab. Ein Reporter hatte nach dem 1:1 (0:0) gegen den SC Freiburg wissen wollen, ob denn der Job des Trainers in Gefahr sei, wenn das anstehende Liga-Topspiel in Dortmund verloren werde.

Alles scheint in München denkbar geworden in einer Zeit, in der die Bayern nach einer kurzen Stabilisierung der Ergebnisse daheim schon im vierten Pflichtspiel am Stück erfolglos blieben. Eine Niederlage gegen den BVB würde den trägen Dortmund-Jäger FC Bayern schon weit ins Hintertreffen bringen, nämlich mit sieben Punkten. "Aber wir fahren nach Dortmund und wollen da gewinnen", äußerte Salihamidzic mehr trotzig als im sonst üblichen Münchner Mia-san-mia-Gehabe: "Wir geben nicht auf!" Aber das Unwohlsein beim Rekordmeister wächst.

"Erstmal Athen – Dortmund ist weit weg"

"Dortmund ist weit weg – wir haben erstmal Athen. Da müssen und wollen wir gewinnen", sagte Niko Kovac zur Aufgabe in der Champions League am Mittwochabend. Der Bayern-Coach machte nach dem nächsten mauen Kick erneut die mangelhafte Chancenverwertung als das größte Manko aus. Intern aber werden längst viel mehr Mängel entdeckt.

Salihamidzic, als Sportchef der direkte Vorgesetzte von Kovac, benannte sie am Samstag in einer bei ihm bislang selten erlebten Deutlichkeit. Auszüge seiner Analyse: "Die ersten 20 Minuten sahen nach Fußball, nach Freude, nach Druck aus. Aber wir haben nicht die Tore gemacht. Dann wurde es langsamer und langsamer." Ob vorne oder hinten, überall hakt es. "Träge" habe die Spielweise ausgesehen, urteilte Salihamidzic. Selbst das späte Führungstor nach einer energischen Einzelaktion von Serge Gnabry (80. Minute) brachte keine Erlösung. "Mit dem Tor haben wir gedacht, jetzt gewinnen wir zumindest", sagte der Sportdirektor. Es war ein Irrglaube.

Der Verein gibt zurzeit ein katastrophales Bild ab

Thomas Müllers Ehefrau Lisa trug mit einem später gelöschten Beitrag auf Instagram dazu bei, die Gemengelage rund um den unglücklich agierenden Kovac zu befeuern. Die späte Einwechslung ihres Ehemannes begleitete sie auf einem Bild, das Kovac und Thomas Müller an der Seitenlinie stehend zeigt, mit dem Text: "Mehr als 70 Min bis der mal nen Geistesblitz hat." Kovac sagte dazu lieber – "nichts". Dass Thomas Müller wenigstens diese Situation in alter Souveränität meisterte ("Sie liebt mich halt, was soll ich machen?") hilft aber in der Sache auch nicht weiter. Ebenso wenig wie die Entschuldigung der übereifrigen Spielerfrau, die unmittelbar nach dem Spiel auf Kovac zugegangen war. Zu diesem Zeitpunkt dürfte der von dem Post aber noch gar nichts gewusst haben.

Der FC Bayern gibt nach außen derzeit ein desaströses Bild ab. Entsprechend vernichtend fällt daher auch die Kritik einiger Experten aus. Lothar Matthäus etwa sah den Instagram-Post von Lisa Müller bei Sky als Teil eines großen Ganzen: "So ist die Stimmungslage. Es sind die Gespräche zu Hause. Dass eben nicht alle hinter Niko Kovac stehen. Da ist eine Unzufriedenheit da." Ex-Bayer Dietmar Hamann sieht sogar das "Schicksal von Kovac" schon als "besiegelt" an. Im Sport1-Doppelpass stellte sich Ex-Profi Halil Altintop hinter Kovac: "Da ist jemand, der sich Tag und Nacht für den Verein zerreißt." Aktionen, wie die von Lisa Müller, seien "respektlos" und brächten "Unruhe rein".

− dpa/aug