Radsport
Christian Vaith: Bodenständiger Niederbayer tritt für Paralympics kräftig in die Pedale

22.05.2015 | Stand 22.05.2015, 8:00 Uhr

Im Nationaltrikot für Deutschland am Start: Christian Vaith, sehbehinderter Radsportler aus Deggendorf, zusammen mit seinem Piloten Marcel Kalz in Belgien. − Foto: Hohenwarter

Christian Vaith aus Natternberg (Stadt Deggendorf/Niederbayern) hat ein großes Ziel: Der sehbehinderte Rad-Rennfahrer (28) will bei den Paralympics 2016 in Rio starten. Und dafür tritt er mächtig in die Pedale – aber der Weg für den behinderten Sportler ist nicht frei von Stolpersteinen. Ein Gespräch.

Christian, was treibt Sie an, was ist Ihre Motivation?

Christian Vaith: Über den Sport schaffe ich als behinderter Mensch die Integration in die Gesellschaft. Im Training und im Wettkampf leiden alle gleich, da macht mein Handicap keinen Unterschied. Im Sport kann ich mich als fast Blinder beweisen, mich ausrichten, orientieren und somit mein Selbstbewusstsein steigern.

Gibt’s weitere, positive Nebenaspekte?

Christian Vaith: Quasi nebenbei halte ich mich als Spitzensportler gesund und bin viel leistungsfähiger. Außerdem ist es eine total irre Sache, hinten auf einem Tandem zu sitzen, nichts zu sehen und dann mit bis zu Tempo 90 über den Asphalt zu donnern. Da muss ich meinem Piloten Marcel Kalz im Rennen zu 100 Prozent vertrauen.

Und ihr Ziel sind die Paralympics 2016 in Brasilien...

Christian Vaith: Generell ist der Weg das Ziel, schon damit kann ich mich jeden Tag neu motivieren. Aber nur trainieren ohne ein wirkliches Ziel, wäre ja für die Katz. Mein großes Ziel, mehr noch, mein Traum, ist die Teilnahme bei den Paralympics in Rio 2016. Auf dem Weg dorthin starte ich natürlich noch bei nationalen und internationalen Rennen.

Wie verlief die Saison bisher?

Christian Vaith: Nach einer mäßigen Bahnsaison, da war die Vorbereitung mit meinem neuen Trainer Thomas Hohenwarter noch zu kurz, ging’s erst zur Belgien-Tour, dann folgen Deutsche Meisterschaften in Köln, Weltcup-Rennen in Italien, Schweiz und Deutschland mit dem Ziel Weltmeisterschaften in Notwill (Schweiz).

In Belgien sind Sie im Nationaltrikot für Deutschland gestartet?

Christian Vaith: Für mich als bodenständiger Niederbayer aus Natternberg ein große Ehre, meine Heimat international präsentieren zu dürfen – ein tolles Gefühl.

Wie sieht ihr Pensum in der Woche aus, wenn Sie nicht zu Rennen aufs Rad steigen?

Christian Vaith: Mein Alltag ist neben einer 37-Stunden-Arbeitswoche vom täglichen Training und einem sportlich gesunden Lebensstil geprägt. Bis zu sieben Stunden Training am Wochenende und zwei bis vier Stunden Training an einem Werktag sind mittlerweile bei mir Standard. Da kommen dann schon mal 30 Stunden Training pro Woche zusammen.

Als behinderter Sportler ist es sicher nicht einfach, das Training effizient zu gestalten, da gibt‘s sicher kleine Tücken?

Christian Vaith: An dieser Stelle möchte ich mich mal bei allen bedanken, die mich unterstützen. Auch bei meiner Familie, allen voran bei meiner Mutter, ohne die ich nicht durchs Leben käme. Seit Oktober habe ich einen Trainer, Thomas Hohenwarter aus Straubing, der unter anderem einen Rad-Profi trainiert. Krass, was Tom mir alles auf den Zettel (Trainingsplan) schreibt. Ab und zu gibt’s dann mal Trainingseinheiten wie "Pyramide des Wahnsinns" oder "Laktat-18-Intervalle". Er sagt dann nur: "Wenn’s den Profis hilft, kann’s dir nicht schaden. Mensch ist Mensch" – das ist Toms Art der Inklusion. Neben Ausdauer, Kraft und Technik wird natürlich auch an meiner Motorik und vor allem auch an meiner Ernährung gearbeitet.

Fahren Sie zu Hause nur "auf der Rolle"?

Christian Vaith: Seit Frühjahr habe ich endlich wieder einen Trainings-Piloten, Christoph Schönlein aus Plattling. Christoph pilotiert mich auf dem Straßen-Tandem und macht da die langen und eher lockeren Einheiten mit mir. Ebenso kümmert sich Christoph um alle technischen Dinge am Tandem.

Die Technik am Rad ist die eine Seite, für die Sie Hilfe brauchen. Wo sind noch "helfende Hände" von Nöten?

Christian Vaith: Neben den Schwierigkeiten, die man als sehbehinderter Mensch generell hat, stellt das Training und der Radsport weitere Ansprüche, die ich alleine nie bewältigen kann. Aktuell wendet sich für mich vieles zum Guten, dennoch ist das Projekt Paralympics Rio 2016 vor allem eine finanzielle Gratwanderung. Geradeaus gesagt: Ich brauche dringend Sponsoren. Die Kosten für Ernährung, Training, Material, Reisekosten oder Übernachtungen sind schon enorm. Momentan bekomme ich die meiste Unterstützung aus meiner Familie, die aber das alles nicht finanzieren kann. Ebenso bin ich auf der Sponsoren-Plattform Monaco Founding platziert. Am meisten würde mich aber ein regionaler Sponsor freuen. Als bodenständiger Niederbayer könnte ich dann auch meine Heimat Niederbayern und die Region Deggendorf repräsentieren. Denn unterm Strich bin ich nur der "Vaithi" aus Natternberg, Deggendorf, Niederbayern.