Passau
Bonpflicht auch beim Bäcker: Handel kritisiert Zettelwirtschaft

18.12.2019 | Stand 18.09.2023, 4:12 Uhr

Eine kilometerlange Schlange hat Bäcker Michael Tenk aus Nordrhein-Westfale produziert: Er probierte zwei Tage lang die Bonpflicht aus und poste das Ergebnis - 600 Kassenbons - auf Facebook. −Foto: Michael Tenk/dpa

"Ein Breze, bitte" - der Stammkunde legt wie jeden Morgen seine 50 Cent auf den Tresen, braucht keine Tüte, weil er gleich im Auto frühstückt. In Zukunft bekommt er, ob er will oder nicht, täglich einen Kassenbon obendrauf. Ab 1. Januar 2020 gilt die "Belegausgabepflicht". "Ein Wahnsinn", sagen betroffene Händler.

Das Finanzministerium will dem Vorkauf am Fiskus vorbei einen weiteren Riegel vorschieben, was im Grunde von allen Beteiligten begrüßt wird. "Das Ziel ist gut", sagt zum Beispiel Andreas Keller, Bereichsleiter Beratung, bei der Handwerkskammer Niederbayern/Oberpfalz. Aber der Aufwand sei enorm und nicht zuletzt mag die Regelung ein weiterer Baustein sein, dass "manchem Handwerker das Geschäft madig gemacht wird". Viele der 38.000 Betriebe im Bereich Niederbayern-Oberpfalz finden schon keinen Nachfolger mehr, "weil man sich das nicht mehr antun mag".

"Ein ehrbarer Kaufmann ist kein Steuerbetrüger"

Mit dem ersten Tastendruck beim Kassieren werde bereits eine digitale Aufzeichnung gestartet, "die sich nicht mehr löschen oder manipulieren lässt", findet Petra Steinberger, Einzelhändlerin aus Plattling (Landkreis Deggendorf) und Vorsitzende des IHK-Fachausschusses Handel. Die zusätzliche Ausgabe eines Papierzettels bringe "keinerlei zusätzlichen Nutzen oder ein Mehr an Sicherheit", erklärt sie. Was nicht nur sie stört, ist der Generalverdacht: "Ein ehrbarer Kaufmann ist kein Steuerbetrüger", stellt sie sich vor die Berufskollegen. Und Berater Keller von der Handwerkskammer ergänzt, dass dem Finanzamt ohnehin kaum noch etwas entgehen kann. Jeder Betrieb müsse eine elektronisch auslesbare Buchführung haben, dazu werde hoch- und quergerechnet, der Wasser- und Energieverbrauch bei Friseuren, die Wetterdaten in der Gastronomie.

Das Bundesfinanzministerium weist auf eine Alternative zur Bonpflicht hin: ein virtueller Beleg, der dem Kunden zum Beispiel als E-Mail oder auf das Handy geschickt werden kann. "Da sieht man, wie praxisfern Gesetze beschlossen werden", sieht ein Händler ein weiteres Beispiel für wachsende Bürokratie. Denn nicht nur, dass für einen elektronischen Beleg teure Software erforderlich wäre, der Kunde muss dafür explizit sein Einverständnis geben - denn es gibt ja auch die Datenschutzverordnung.
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