IBU deckt russische Machenschaften
Andi Birnbacher in Rage: "Rennverläufe kaputt gemacht"

06.02.2021 | Stand 18.09.2023, 7:09 Uhr
Siegi Huber

Blick zurück nicht ohne Zorn: Andreas Birnbacher ist wegen diverser Machenschaften der IBU-Führung "richtig verärgert". −Foto: Wukits

Mit deutlichen Worten hat der ehemalige Biathlet Andi Birnbacher (Schleching/Lkr. Traunstein) auf den Abschlussbericht einer unabhängigen und externen Überprüfungskommission des Weltverbandes IBU reagiert. Nach diesem Bericht sollen der ehemalige IBU-Präsident Anders Besseberg und die frühere Generalsekretärin des Verbandes, Nicole Resch, russische Machenschaften – auch im Doping – gedeckt haben.

"Ich bin richtig verärgert. Genau in dieser Zeit der Vorkommnisse bin ich Rennen gelaufen und konnte des Öfteren einige Leistungen von Athleten nicht nachvollziehen", so der Schlechinger. "Ich wünsche deshalb jedem, der diese Korruption toleriert und nur einen Hauch mehr als null Prozent Toleranz gegen Doping besitzt, Folgendes zu beachten, was Leistungssport betrifft: viele Jahre der Entbehrung bis zur absoluten Erschöpfung. Ich denke, die Leute wissen überhaupt nicht, was ein Athlet leisten muss, bis er absolute Weltspitze im Ausdauersport ist", betont der 39-Jährige. Und legt nach: "Im Kampf um ein paar Sekunden geht man ans Limit und in vielen Fällen auch mal drüber hinaus. Manchmal kann man dann seine Leistung nicht bringen, weil die Erschöpfung zu groß ist."

Birnbacher schildert auch die Entbehrungen, die ein Weltklasse-Sportler in jungen Jahren aufbringen muss. Da gebe es den Verzicht auf Treffen mit Freunden und Partys sowie weitere Einschränkungen. Dem Sport werde alles untergeordnet. "Dafür durfte ich in den Rennen erleben, wie nachweislich gedopte Leute einen auf der Strecke überholt haben, unter Druck gesetzt haben und man verzweifelt versucht hat, vor einem Millionenpublikum sein Gesicht nicht zu verlieren", ärgert sich Birnbacher auch Jahre nach Ende seiner sportlichen Laufbahn und spricht zum Beispiel Fehlschüsse am Schießstand an, weil er versucht hatte, sich in läuferischer Hinsicht an gedopten Sportlern zu orientieren. "Mit dem Abstand, den ich mittlerweile habe, ärgert mich meine Naivität von damals fast ein wenig. Doch wahrscheinlich musste man die an den Tag legen, um sich von dem Ganzen nicht ablenken zu lassen. Es gab viele Dopingfälle in den Athletenfeldern, in denen ich gelaufen bin. Da wurden nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die Rennverläufe kaputt gemacht, Das kann wahrscheinlich nur ein Athlet nachvollziehen, der sich mit maximaler Anstrengung auf der Runde bewegt", schimpft der Sportler weiter. Abschließend bittet Birnbacher, der heute als Trainer arbeitet, alle Beteiligten, sich in die Athleten hinein zu versetzen und nicht nur auf ihre eigenen Interessen zu achten.

Laut dem Bericht der Untersuchungskommission ERC haben sich die Vorwürfe gegen die früheren IBU-Verantwortlichen nochmals erhärtet. Ex-Präsident Besseberg soll nach vorliegenden Beweisen konsequent russische Interessen bevorzugt und geschützt haben. Dafür soll er von den Russen unter anderem mit Bestechungsgeldern belohnt worden sein. Nicole Resch wird vorgeworfen, vor allem bei der Verfolgung von russischen Dopingsündern nicht konsequent gewesen zu sein. Besseberg war 25 Jahre an der Spitze der IBU und hat 2018 sein Amt ruhen lassen.
Lesen Sie dazu auch die PNP-Printausgabe vom Freitag, 5. Februar 2021 – zum Beispiel das Reichenhaller Tagblatt oder die Südostbayerische Rundschau.