100 Meilen zum Sieg über sich selbst – Martin Prossel aus Burgkirchen absolviert Berliner Mauerweglauf

28.08.2014 | Stand 28.08.2014, 6:30 Uhr

Stolz auf die Trophäen der 100 Meilen von Berlin: Martin Prossel zeigt die Finishermedaille und die Gürtelschnalle, die er sich beim Ultralauf verdient hat, weil er mit einer Zeit unter 24 Stunden ankam. − Foto: Kleiner

Bislang machte Martin Prossel in der heimischen Sportszene vor allem als Schütze auf sich aufmerksam, als Mitglied des SV Wacker und der FSG Burghausen erzielte er mit dem Vorderlader zahlreiche Deutsche Meisterschaften. Nun sorgt der Burgkirchner auch als Läufer für Aufsehen. Er spulte bei den 100 Meilen von Berlin eine Strecke von 160,90 Kilometern ab und feierte dabei neben dem Sieg über sich selbst auch seinen bislang größten internationalen Erfolg. Unter 273 Aktiven (darunter 28 Frauen) aus 24 Ländern belegte der 44-Jährige in 22:38:23 Stunden Rang18 seiner Altersklasse und den 75. Platz der Gesamtwertung.

Laufen als Mittel zur GewichtsabnahmeVor zehn Jahren habe er mit dem Laufen begonnen, erzählt Prossel. Als sich sein Körpergewicht der 100-Kilogramm-Marke näherte, so der 1,88-Meter-Mann, habe er beschlossen abzunehmen und sich dazu "die billigste Sportart" ausgesucht. Schnell war er mit dem Laufvirus infiziert und bestreitet seitdem zwischen sechs und acht Marathons pro Jahr. Dazu kommen noch zwei bis drei Ultras (Läufe über 50 Kilometer). Heuer stand nun sein 50. Marathon an. "Es sollte etwas Besonderes werden und einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen", sagt Prossel, der sein Gewicht mittlerweile bei 84 Kilogramm eingependelt hat. Nachdem er die letzten drei Jahre jeweils ein Rennen über 100 Kilometer in "einer guten Zeit" absolviert hatte, sollten es nun erstmals 100 Meilen sein, also rund vier Marathons am Stück.

Da kam es ihm gerade recht, dass in Berlin 25 Jahre nach dem Mauerfall die dritte Auflage des 100-Meilen-Rennens in Szene ging. Die Strecke führte entlang des einstigen Grenzpatrouillenwegs rund um das ehemalige West-Berlin und der Wettkampf wurde zum Gedenken an Peter Fechter ausgetragen, der 1962 im Alter von 18 Jahren bei einem Fluchtversuch aus der DDR erschossen worden war.

Kurz nachdem um 6 Uhr morgens der Startschuss im Jahn-Sportpark gefallen war, legten die Läufer bei der ersten Verpflegungsstelle am Mahnmal für Fechter vom Veranstalter bereitgestellte rote Rosen ab. "Auf dem langen weiteren Weg fielen uns immer wieder Gestecke und Kränze für andere Opfer inmitten von Wald und Flur auf", erzählt Prossel sichtlich berührt von diesem dunklen Kapitel der Geschichte der Hauptstadt. Aber auch die sportliche Komponente dieses Gedenkens war im wahrsten Sinne des Wortes bewegend. So hatte sich der Schichtarbeiter im Wacker-Werk, der seine 65 bis 90 Laufkilometer pro Woche oftmals auf dem Weg zur und von der Arbeit abspult, vorgenommen, die ersten 100 Kilometer "in zwölf Stunden locker anzugehen". Er schaffte seine Vorgabe, aber der schwierigste Teil folgte noch.

"Durch die Regenwolken, die uns zum Glück nicht viel taten, wurde es gegen 20 Uhr schnell dunkel", berichtet Prossel, der wie alle Mitstreiter aus Sicherheitsgründen Warnweste und Stirnlampe tragen musste. Auf den letzten der 27 Verpflegungsstationen hätte er, wie das Gros der Teilnehmer, den meisten Zuspruch gebraucht. Der Starter der LG Gendorf Wacker Burghausen: "Die letzten 30 Kilometer verlief die Strecke teilweise im stockfinsteren Wald oder auf nassem Kopfsteinplaster."

Etwas leichter fiel Prossel der ewig lange Endspurt durch die Tatsache, dass er sich mit einem Kollegen aus Linz zusammentat. "Gemeinsam konnten wir die Müdigkeit durch Unterhaltungen ein wenig unterdrücken. Unser gemeinsamer Lichtkegel der Stirnlampen ermutigte uns immer wieder, in Bewegung zu bleiben", schildert der Marathonmann von der Alz, der nach eigener Aussage "nie ans Aufgeben gedacht" hat und schließlich rundum glücklich um 3:38 Uhr das Ziel erreichte. Die 160,90 Kilometer hatte er mit einem Kilometerschnitt von 8,26 Minuten absolviert und war in der Gesamtzeit unter 24 Stunden geblieben. Dafür gab es neben der Finishermedaille auch noch die heißbegehrte Gürtelschnalle "Buckle".

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