Fürstenzell/Jägerwirth
Ein Dorf feiert seine Feuerwehr: 125-jähriges Jubiläum wie aus dem Bilderbuch

06.05.2024 | Stand 06.05.2024, 20:00 Uhr

Rund 1000 Feuerwehrmänner und -frauen nahmen am Festzug vor dem Festgottesdienst teil. Sie kamen aus 52 Vereinen, zusätzlich waren die weiteren Vereine aus Jägerwirth vertreten. Fast alle hatten sich vorher mit einem Weißwurst-Frühstück gestärkt. − Fotos: Thomas Jäger

Sie haben es sich verdient. Das Wetter hätte nicht besser sein können beim 125-jährigen Feuerwehrjubiläum am Sonntag in Jägerwirth: Sonnig, aber nicht heiß, ab und zu ein kühlender Wind. Das war der letzte Mosaikstein für ein perfekt abgelaufenes Fest, an dem sich nicht nur das Dorf mit all seinen Vereinen, sondern auch 52 benachbarte und befreundete Feuerwehren beteiligten.

Feuerwehren verstehen es, zu feiern. Die Abläufe, die Zeremonien, das Programm, die jahrelange Vorbereitung, das Zusammenstellen einer Festschrift (die in Jägerwirth hervorragend gelungen ist), das Patenbitten und die Reden unterstreichen die gesellschaftliche Bedeutung der Feuerwehr, die sich nicht nur als Retter und Helfer in der Not versteht, sondern sich auch ihrer gesellschaftlichen Rolle bewusst ist. Eine Feuerwehr bringt Leben in ein Dorf. Dort erfahren schon Jugendliche, was es heißt, zusammenzuhalten.

„Möge Euch der Dienst am Nächsten selbst bereichern“



Auch in diesem Sinn war die Predigt von Pfarrer Wolfgang de Jong zu verstehen. „Wer hat einen wirklich guten Freund?“, fragte er die über 1000 Menschen, die sich auf dem Sportplatz zum Festgottesdienst unter freiem Himmel aufgestellt hatten. „Noch mehr“, so der Pfarrer, „fragen wir uns auch: Wer ist selbst ein wirklich guter Freund?“ Bei der Feuerwehr zeige sich, wie wichtig es sei, sich auf den anderen verlassen zu können. Der Dienst dürfte nicht oberflächlich sein, sondern gehe in die Tiefe. „Wer sich so einbringt, wird selbst groß beschenkt“, zeigte sich de Jong überzeugt. Dienst bei der Feuerwehr sei gelebter, christlicher Glaube. „Möge Euch der Dienst am Nächsten selbst bereichern.“

Das war der Fall, selbst bei jenen, die seit rund einem Jahr das Fest vorbereiteten. Dem ehemaligen Kommandanten Johann Spieleder (63), den aktuellen Vorständen Konrad Sedlmayr und Sigrid Gotzler und Fahnenmutter Bettina Huber war anzusehen, wie glücklich es sie machte, dass alles so gut ablief. Sie hatten aber auch an alles gedacht – vom Aufstellen der drei Festzüge, dem Schmücken des Altars beziehungsweise der Bühne, vom Aufstellen eines Kreuzes mit zwei Birkenstangen, der Schaffung eines eigenen Logos zum Fest bis hin zu den Vasen für die Blumen der Festdamen. „Trinkt’s noch a Maß mehr, die Jägerwirther haben es sich verdient“, meinte Alois Pangratz vom Patenverein Voglarn, der mit 55 Mitgliedern außergewöhnlich stark vertreten war. Landrat Raimund Kneidinger erinnerte in seinem Grußwort daran, dass Deutschland vor 125 Jahren noch einen Kaiser hatte und seinerzeit das Aspirin erfunden wurde, „was für manchen morgen von Bedeutung sein dürfte“.

Eine von acht Feuerwehren in der Marktgemeinde



Dass es bei einem Feuerwehrfest rundgeht, zeigte sich am Sonntagmorgen. Um 9 Uhr hatten die Jägerwirther Helfer schon 700 Weißwurst-Paare serviert, die meisten tranken dazu ein Weißbier, was manchen während des 90-minütigen Festgottesdienst und Festaktes am Sportplatz dazu veranlasste, zwischendurch mal auszutreten. Schirmherr Bürgermeister Manfred Hammer lobte die positive Entwicklung der Feuerwehr Jägerwirth, eine von acht Wehren im Marktbereich. Drei haben im vergangenen Jahr ein Jubiläum gefeiert, Kleingern folgt heuer mit dem 100-Jährigen.

Die meisten der 153 Feuerwehren im Landkreis wurden vor rund 150 Jahren gegründet in der Zeit der Bürgerlichen Revolution. Rehschaln und Voglarn hatten 1899 schon Freiwillige Feuerwehren, doch war die Anfahrt mit den Pferdefuhrwerken nicht ideal. Eine eigene Feuerwehr bedeutete mehr Sicherheit für das noch junge Dorf Jägerwirth. 1952 erhielt die Wehr das erste motorisierte Fahrzeug. Heute hat man ein LF 10 und einen Kombi. Von den 200 Mitgliedern sind 46 aktiv im Dienst. Das Gerätehaus wurde 1999 neu gebaut. Einige große Brände (Scheunenbrand in Straß und einen Wohnhausbrand 1994) sind in Erinnerung. Ansonsten versteht sich die Wehr als Helfer in der Not auch in der Nachbarschaft, ob bei Hochwasser, Sturmschäden oder technischen Hilfeleistungen.

Zurück zum Fest: Die Jägerwirther freuten sich über die Teilnahme des Landrats, der Feuerwehr-Führungskräfte (auch ehemalige), der Landtagsabgeordneten Stefan Meyer und Christian Lindinger, der drei Fürstenzeller Bürgermeister und von acht Markträten. Stolz war man auf die fesch gekleideten Festdamen, die Fahnenmutter Bettina Huber und die Goldhaubenfrauen. Drei Musikkapellen führten die Züge an, die Chorgemeinschaft und die Wolfachtaler Musikanten gestalteten den Gottesdienst. Die Festbänder wurden geweiht, die Damen sprachen jeweils ihren Prolog („Nehmt das Band und haltet es in Ehren“), die Fahnenjunker kreuzten die Fahnen.

Am Mittwoch startet das Dorffest



Die Kirchenglocken läuteten zu Mittag, als es zurück ins Festzelt ging, wo sich alle auf das Mittagessen und eine frische Maß freuten. Auch das klappte ohne allzu langes Warten, so dass der Geräuschpegel an den voll besetzten Tischen schnell stieg. Das große Festzelt bleibt übrigens stehen: Am Mittwoch (Vorabend des Feiertags Christi Himmelfahrt) startet das mehrtägige Jägerwirther Dorffest mit der legendären Rockparty.