Molkerei Berchtesgadener Land
Zwischen Watzmann und Zugspitze: Höfe lieferten 380 Millionen Kilogramm Milch

29.04.2024 | Stand 29.04.2024, 9:11 Uhr

345 Mitglieder waren der Einladung zur Generalversammlung in die Auerbräu-Festhalle in Rosenheim gefolgt. − Fotos: Molkerei BGL

Welche Auswirkungen die weltpolitische Lage auf die Molkerei Berchtesgadener Land hat, wurde bei der 92. Generalversammlung der Genossenschaft deutlich. Für 345 Mitglieder gab es von Geschäftsführer, Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitzender in der Auerbräu Festhalle in Rosenheim umfassende Informationen über das Geschäftsjahr 2023, teilt die Molkerei in ihrer Presseaussendung mit.



Darin hebt sie hervor, dass die strategischen Entscheidungen der Molkerei in den vergangenen Krisenjahren richtig gewesen seien und sie sich über alle Krisen hinweg als langfristig verlässlicher Partner für Handel, Kundschaft und seine Mitgliedsbetriebe gezeigt habe.

216 Millionen Euro Milchgeld ausgezahlt



Anton Berger begrüßte als Ehrengäste den Kreisobmann Hans Gruber, vom Genossenschaftsverband Bayern Ludwig Huber (Bereichsleiter Ware), Haupt-Revisorin Sabine Gruhle und die Juristin Dr. Andrea Althanns als Wahlleiterin. In einem Jahr, das vom anhaltenden Ukraine-Krieg und dem neuen Krieg in Israel geprägt war, setzte sich der Wirtschaftsabschwung in Deutschland weiter fort. Weltweit habe sich der Milchmarkt seit Corona komplett gedreht: China hat die Rekordimporte von Milch eingestellt, Neuseeland weicht Richtung Europa aus, der Pro-Kopf-Konsum von Milch sank in Deutschland um sechs Prozent: So geriet der nationale Markt 2023 weiter unter Druck. In diesem äußerst schwierigen Marktumfeld habe die heimische Molkereigenossenschaft erneut „ihren Platz als Premiummolkerei“ und als stabiler Partner der Landwirtschaft behauptet.

216 Millionen Euro Milchgeld wurden in 2023 an die landwirtschaftlichen Betriebe zwischen Watzmann und Zugspitze ausgezahlt – so viel wie noch nie. Insgesamt wurden 380 Millionen Kilogramm Milch von den Höfen erzeugt, das waren zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Dem Fachkräftemangel begegnet die Molkerei mit fortgesetztem Engagement im Bereich Ausbildung. So starteten auch 2023 wieder zwölf junge Menschen in sechs Ausbildungsberufen ihren Weg ins Erwerbsleben.

Vorstandsvorsitzender:

„Wir können Krise“

„Wir können Krise“, davon zeigte sich Andreas Argstatter, seit 2003 Vorstandsvorsitzender, überzeugt und sprach den Führungskräften wie auch dem Ehrenamt sein vollstes Vertrauen aus. Die vielen Herausforderungen von Politik und Markt hätten sehr viel Kraft gekostet. Die Entscheidungen, die strategischen Überlegungen und deren konsequente Umsetzung trügen nun Früchte, so Argstatter. Während andere in der Branche auf Spotmarkt, Export in den asiatischen Markt, auf vegane Milchalternativen und Kontraktgeschäft mit Harddiscountern in den vergangenen Krisenjahren gesetzt haben, sei die Molkerei Berchtesgadener Land dem Markengeschäft treu geblieben. „Die Kunden vertrauen uns als Genossenschaft mehr als den Großkonzernen“, so Argstatter.

Der Lebensmittelhandel sehe in der Molkerei heute einen absolut verlässlichen Partner für gesunde Milchprodukte, der in schwierigen Zeiten die Preise nicht überzogen und seine Lieferquoten zu 98 Prozent erfüllt habe. Dank eines umfassenden Sparprogramms auf Seiten der Molkerei gingen praktisch alle Einnahmen der Molkerei als Milchgeld auf die Höfe. „Dass wir hier viel richtig gemacht haben, zeigen mir auch die Anfragen von externen Landwirten, die gerne zu uns in die Genossenschaft aufgenommen werden wollen.“

Gegen den Trend: Rückblick auf Entscheidungen



Geschäftsführer Bernhard Pointner begann mit einem weitgefassten Rückblick auf wegweisende Entscheidungen zur strategischen Ausrichtung der Genossenschaft, die anfangs oft Kopfschütteln ausgelöst hatten: vor 51 Jahren der Beginn der Erfassung und Vermarktung von Bio-Milch als Pionier in Deutschland, vor über 35 Jahren der Start der separaten Erfassung und Verarbeitung der Bergbauernmilch, vor 15 Jahren der konsequente Weg gegen gentechnisch veränderte Futtermittel und 2022 schließlich das Stemmen gegen die Preisrallye im Lebensmittelhandel. „Wenn der Wettbewerb den Kopf schüttelt, sind wir auf dem richtigen Weg“, so der Geschäftsführer.

In der Satzung der Molkereigenossenschaft Berchtesgadener Land steht: Das Ziel allen Handelns ist die bestmögliche Verwertung der angelieferten Milch der derzeit rund 1600 Mitglieder. Bernhard Pointner stellte klar: „Bestmögliche Verwertung bedeutet dabei nicht monatlich höchster, sondern mittel- und langfristig bester Milchpreis.“ Und genau danach richteten Vorstand, Aufsichtsrat und Geschäftsführung ihre gemeinsamen zukunftsfähigen Entscheidungen aus und lassen sich daran messen. In den vergangenen zwölf Jahren wurden Investitionen von 250 Millionen Euro in den Standort getätigt. Während beim Neubau der Molkerei 1986 staatliche Zuschüssen ausblieben, weil die Politik nicht an eine Molkerei in der Alpenregion glaubte, werde inzwischen die Markbedeutung der Genossenschaft anerkannt und so flossen in den letzten 15 Jahren Zuschüsse von neun Millionen Euro nach Piding. Dazu dankte Pointner der bayerischen Ministerin für Landwirtschaft Michaela Kaniber, „die sich mit verbindlichen Aussagen und echter Unterstützung immer für die Molkerei und ihre Mitglieder einsetzt“. Auch auf weitere Krisen sei die Molkerei bestens vorbereitet. Dies bestätige ein kürzlich durchgeführter Blackout-Test: Die Molkerei ist mit den zwei je 1500-PS-starken Notstromaggregaten im Notfall energieautark.

Obwohl sich der Trend Richtung Sparen fortsetzt, sehen die Pidinger ihre Markenheimat weiterhin im konventionellen Lebensmittelhandel. „Auch wir haben uns neue Märkte in den letzten Jahren ganz genau angeschaut und uns nach eingehender Analyse trotzdem zum Beispiel gegen vegane Ersatzprodukte, gegen protein-angereicherte Produkte oder gegen Kleinstverpackungen im Sortiment entschieden“, führt Pointner aus.

Milchersatzprodukte: Hype flacht wieder ab



Der Markt bestätigte dieses Gespür für Trends inzwischen: Der Hype der Milchersatzprodukte flache wieder ab, in Studien stünden künstliche High-Protein-Produkte in der Kritik und die EU greift mit rigorosen Verordnungen den Verpackungsmüll an. „To go“ und die Außerhausverpflegung am Arbeitsplatz dagegen sind Trends, die von der Molkerei erfolgreich genutzt würden. So wies das TetraTop-Sortiment mit Milch, Milchmischgetränken und Joghurtdrinks ein zweistelliges Wachstum auf und werde in 2024 mit großem Sommergewinnspiel und Werbekampagnen mit neuen Akzenten unterstützt. Die weiterhin pfandfreien Getränkekartons boomen auch in den Automaten und Shops zum Beispiel von BMW, VW und Allianz.

„Milch hat Zukunft“, davon zeigte sich Pointner, selbst Vater von zwei Vorschulkindern, voll und ganz überzeugt. Wie das Ministerium, so will auch er, dass Kinder Einblicke in die Landwirtschaft bekommen, um den Wert von regional erzeugten Lebensmitteln schätzen zu lernen. Mehr als 2000 Kinder waren in 2023 bereits auf Bauernhöfen und anschließend in der Molkerei. Den Markenbotschaftern, die mit viel Herzblut ihre Höfe für Kinder öffneten, dankte er. Sie trügen dazu bei, dass Milch aus dem Grünland der Alpen auch zukünftig Kundschaft habe.

Neu- und Wiederwahlen von Vorstand und Aufsichtsrat



Sie sind Entscheider in der Genossenschaft und immer erste Ansprechpartner der Mitglieder: die gewählten Bäuerinnen und Bauern im Vorstand und Aufsichtsrat. Auf der Generalversammlung wurden alle zur Neu- und Wiederwahl vorgeschlagenen Mitglieder in Vorstand bzw. Aufsichtsrat per Akklamation gewählt.

Andreas Argstatter aus Piding wurden mit überwältigender Mehrheit wieder in den Vorstand, Josef Frank aus Truchtlaching und Alois Kramer aus Krün in den Aufsichtsrat gewählt. Für den aus dem Aufsichtsrat ausgeschiedenen Andreas Stanggassinger aus Berchtesgaden wurde Katharina Walch aus Berchtesgaden gewählt. Sie engagiert sich seit 2023 als Markenbotschafterin für die Molkerei. Alle neu- und wiedergewählten bedankten sich für das Vertrauen und freuen sich auf die Aufgabe.

Der Vorstand besteht weiterhin aus fünf gewählten Vertretern, der Aufsichtsrat aus 14 aktiven Bäuerinnen und Bauern, die sich über das ganze Einzugsgebiet der Molkereigenossenschaft verteilen und so große und kleine, Bio- und konventionelle Betriebe vom Watzmann bis zur Zugspitze vertreten.

− red