GSG 9-Kämpfer berichtet an Sportmittelschule Hauzenberg
Befreiungsaktion 1977 in Mogadischu: „Alle Geiseln sind frei“

17.04.2024 | Stand 17.04.2024, 8:00 Uhr

Schulleiterin Margit Uhrmann (rechts) und Konrektorin Katrin Elmenreich (von links) dankten Rosaviola Frohneberg und Aribert Martin für die eindrucksvolle Geschichtsstunde, die in Zukunft an der Sport-Mittelschule einen festen Platz haben wird. − Foto: Simmerl

Eine sehr bewegende Geschichtsstunde haben die Schülerinnen und Schüler der beiden 10. Klassen der Sport-Mittelschule bei einem einzigartigen Zeitzeugengespräch mit dem ehemaligen GSG 9-Kämpfer Aribert Martin und Rosaviola Frohneberg von der Landeszentrale für politische Bildung in München erlebt.

Dabei ging Aribert Martin zunächst auf die Entstehung der Spezialeinheit GSG 9 des Bundesgrenzschutzes 1972 ein, die heute zur Bundespolizei gehört.

Anlass sei damals die missglückte Geiselbefreiung der jüdischen Sportler bei den Olympischen Spielen in München gewesen. „Die Polizei war damals nicht darauf vorbereitet und konnte deshalb diese Lage nicht lösen“, erklärte der Experte.

Bekannt wurde die GSG 9 durch die politischen Ereignisse im sogenannten „Deutschen Herbst“ 1977. RAF-Terroristen hatten Hanns-Martin Schleyer entführt und danach die Freilassung ihrer Gesinnungsgenossen aus Stammheim gefordert. Kurz darauf entführten palästinensische Terroristen die Lufthansa-Maschine „Landshut“.

Die Bundesregierung unter Kanzler Helmut Schmidt war damals nicht bereit, die Forderungen der Terroristen zu erfüllen. Sie ließ sich nicht erpressen und plante vielmehr die Befreiungsaktion durch die GSG 9. Aribert Martin erlebte diese hautnah mit. Er schilderte jetzt den Sportmittelschülern spannend und einfühlsam den Ablauf des Geschehens auf dem Flughafen in Mogadischu in Somalia.

Gebannt lauschten dabei die Schüler seinen Worten und zeigten sich schockiert über das brutale und menschenverachtende Handeln der Terroristen, vor allem durch die Ermordung des Flugkapitäns Jürgen Schuhmann. „Kurz vor Mitternacht näherten wir uns mit sechs Trupps mit jeweils fünf Mann von allen Seiten dem Flugzeug. Blendgranaten explodierten, wir stürmten durch die Türen ins Flugzeug und überwältigten die Terroristen. Die Geiseln blieben unverletzt“, so erzählte der GSG 9-Mann den Schülern.

„Hatten sie Angst bei diesem gefährlichen Einsatz?“. Das wollte ein Schüler wissen. „Wir hatten solche Einsätze hundertmal geübt. Jeder von uns hatte die nötige Resilienz und wir wussten, dass wir uns aufeinander verlassen können“, war dazu die Antwort von Aribert Martin. Er musste aber auch zugeben, dass sie bei ihrer Aktion auch Glück hatten, weil die Terroristen die Handgaranten nicht mehr einsetzen konnten.

Nach der erfolgreichen Befreiungsaktion und dem kollektiven Selbstmord der inhaftierten Terroristen in Stammheim wurde Hans-Martin Schleyer von der RAF ermordet.

Aribert Martin kann bis heute nicht verstehen, dass der Terrorist Christian Klar, der nachweislich an vielen Morden der RAF beteiligt war, 2008, ohne Reue zu zeigen, begnadigt wurde und wieder aus dem Gefängnis frei kam.

Kompetent und geduldig ging der ehemalige GSG 9-Beamte anschließend auf die vielen weiteren, auch sehr persönlichen Schülerfragen ein.

Er betonte dabei immer wieder den großen Wert einer wehrhaften Demokratie. Er und Rosaviola Frohneberg appellierten abschließend an ihre jugendlichen Zuhörer, sich dessen immer bewusst zu sein und sich auch selber aktiv für Demokratie und Freiheit einzusetzen – und nicht Rattenfängern nachzulaufen.

− fst