Wo auch der Bundespräsident Urlaub macht

28.04.2017 | Stand 21.09.2023, 2:14 Uhr

Die Erdpyramiden zählen zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten am Ritten. − Fotos: Isabel Metzger

Der Bundespräsident tankt dreimal im Jahr in den Südtiroler Bergen auf. Die PNP traf in Oberbozen seinen guten alten Freund, der einiges über den Privatmann Frank-Walter Steinmeier verriet.

Woher Frank-Walter Steinmeier diese Bombenkondition hat, ist Dieter Bernard ein Rätsel. Berufsbedingt sitzt der Bundespräsident, der seit März im Amt ist, und ehemalige Minister viel – im Auto, im Flugzeug, bei Sitzungen und Terminen. Für Sport bleibt nur wenig Zeit. Doch sobald er in seinem Südtiroler Feriendomizil am Ritten hoch über der Landeshauptstadt Bozen angekommen ist, zieht der 61-jährige Politiker die Wanderschuhe an. "Der rennt auf jeden Berg", sagt Dieter Bernard über den begeisterten Alpinisten Steinmeier. Schon in der Früh marschiere dieser von Bozen aus auf den etwa 1200 Meter hochgelegenen Ritten. "Der hat eine Wahnsinnskondition", sagt Bernard (74) anerkennend.

Der Südtiroler kennt Steinmeier seit mehr als 20 Jahren. Damals entdeckte der SPD-Politiker Norditalien als die Region, in die es ihn in der Zukunft immer wieder ziehen wird. Dreimal im Jahr mache Steinmeier am Ritten Urlaub – immer an Ostern, im Juli und an Weihnachten, erzählt Dieter Bernard. Früher sei Frank-Walter Steinmeier jeden Morgen in seinen Gemischtwarenladen ("Ich habe alles außer Lebensmittel") in Oberbozen gekommen und habe mehrere Zeitungen gekauft. Dabei kamen die beiden regelmäßig ins Gespräch, aus den Treffen und Plaudereien entstand eine enge Männerfreundschaft. Beide sind längst per Du.

"Keiner sagt hier ,Herr Bundespräsident‘"Freilich könne er mit dem jetzigen Bundespräsidenten – Steinmeier war in dieser Woche zwei Tage zu Besuch in Bayern – und früheren Minister nicht so oft telefonieren wie mit "normalen" Freunden, erklärt Bernard. Doch wenn sich Steinmeier in Südtirol aufhält, dann ist ein Treffen der Männer ein absolutes Muss. "Er ist ein netter Mensch und einfach und bodenständig geblieben", nennt Bernard die Charaktereigenschaften, die er an seinem deutschen Freund besonders schätzt. Von Steinmeiers Ehefrau, Elke Büdenbender (55), schwärmt er in den höchsten Tönen: "Die Elke ist die netteste Frau, die ich je kennengelernt habe." In Oberbozen nennt man sie schlichtweg "Frau Steinmeier". Und auch ihr Mann scheut den Kontakt mit den Einheimischen nicht. Das Paar geht zu Aufführungen des Dorftheaters und kehrt gerne im urigen Gasthaus "Pfos-Hof" in Lengmoos ein. "Keiner sagt hier ,Herr Minister‘ oder ,Herr Bundespräsident‘", stellt Dieter Bernard klar.

Die Oberbozener schätzen ihren prominenten Urlaubsgast – und dieser schätzt die Oberbozener. Denn der Bundespräsident könne hier "einfach der Privatmensch Steinmeier" sein, der sich auf die Diskretion der Einheimischen verlassen könne. Keiner verrät, wo genau sich das Feriendomizil des bekannten Deutschen befindet. "Jeden Tag kommen Leute in meinen Laden und fragen nach Steinmeiers Haus", erklärt Bernard. Doch würde dies publik, wäre Schluss mit der Idylle im eher verschlafenen Oberbozen, ist er sich sicher.

"Der Frank hat selbst gekocht"Außerdem besitze Steinmeier gar kein Haus am Ritten. Er miete sich dreimal im Jahr zusammen mit einem befreundeten Ehepaar eine Wohnung, verrät Bernard. Die Wohnung sei "schlicht und nett", sagt er. Hier habe Steinmeier, ein leidenschaftlicher Hobbykoch, auch seinen 60. Geburtstag gefeiert, zu dem der Oberbozener eingeladen war. "Der Frank hat selbst gekocht. Wir haben wahnsinnig gut gegessen."

Steinmeier sei nicht nur von den Südtiroler Bergen begeistert – am liebsten wandert er in den Sextener Dolomiten –, sondern auch von der regionalen Küche. "Er liebt Knödel heiß und innig." Generell möge Steinmeier alles, "was einfach gekocht ist", sagt Dieter Bernard. Und trinkt der Bundespräsident lieber Wein oder Bier? "Nur Rotwein", betont der Freund. Zu einem Glas seines Lieblingsweins, dem Südtiroler Lagrein, gönne er sich hin und wieder auch eine Zigarre.

Dieter Bernard hofft, dass er schon bald wieder mit seinem Freund, dem Bundespräsidenten, bei einem Glas Lagrein hoch über Bozen zusammensitzen wird. Im Juli feiert der Südtiroler seinen 75. Geburtstag. "Und der Frank ist eingeladen."

Die Sonnenplateaus über BozenZu den acht sogenannten "Bozener Seligkeiten" zählt es, ein Haus in der Sommerfrische hoch über Bozen auf dem Ritten zu besitzen. Denn hier oben wurde die Sommerfrische quasi erfunden. Vor über 500 Jahren entstand der Brauch, dass wohlhabende Bozener Familien alljährlich zu Beginn des Sommers am 29. Juni in die "Frisch", also aus der Stadt hinauf auf die auf über 1000 Meter gelegenen Sonnenbalkone, zogen. Hier blieben sie genau 72 Tage.

Warum es die Bozener ausgerechnet auf den Ritten und nicht in das benachbarte und mindestens genauso reizvolle Jenesien gezogen hat, ist allerdings nicht überliefert. Das Bergdorf mit dem so gar nicht südtirolerisch klingenden Namen liegt auf 1100 Metern Höhe auf der "Bozner Sunnseitn", wie die Einheimischen sagen. Ihnen zufolge zählt Jenesien die meisten Sonnenstunden in Südtirol. Und in der Tat: Wenn die Sonne scheint, dann lacht sie in Jenesien von morgens bis abends vom Himmel. Die kleine Gemeinde, die bequem in knapp zehn Minuten von Bozen aus mit der Seilbahn erreichbar ist, wartet mit weiteren Superlativen auf: In Jenesien befinden sich die größten Lärchenwiesen Europas. Und Jenesien ist die Gemeinde in Südtirol mit den meisten Reitställen und Haflingerpferden.

INFORMATIONEN

Bozen ist die Landeshauptstadt Südtirols, einer autonomen Provinz in Italien, in der sowohl Deutsch als auch Italienisch gesprochen wird.

ÜBERNACHTEN
Das Vier-Sterne-Superior-Hotel "Belvedere" in Jenesien eröffnete nach der Renovierung im April 2016 wieder. Der Umbau des Hauses in Hanglage, das seit 65 Jahren in Familienhand ist, gestaltete sich schwierig: 3000 Kubikmeter Felsen wurden gesprengt. Dort befinden sich nun die neuen, exquisiten Hang- und Gartensuiten. Der Name "Schönblick" kommt nicht von ungefähr: Die Gäste haben schon beim Frühstück das Dolomiten-Panorama vor sich, Bozen liegt ihnen zu Füßen. www.belvedere-hotel.it

ESSEN

Mit die besten Schlutzkrapfen, eine Südtiroler Spezialität, bietet das Gasthaus "Maria Saal" in Klobenstein am Ritten. www.sentres.com

AUSFLUGSTIPP

Die Rittnerbahn feiert heuer ihren 110. Geburtstag. Am 13. August 1907 wurde sie eröffnet, sie führte vom Stadtzentrum Bozens direkt auf den Ritten. Heute kommen die Urlauber bequem mit einer modernen Seilbahn auf den Berg. Am Rittner Hochplateau hat sich die Schmalspurbahn jedoch erhalten, das ganze Jahr über verkehrt sie zwischen Klobenstein und Oberbozen. www.rittnerbahn.suedtirol-reisen.com

www.ritten.com

www.jenesien.net

PNP-Redakteurin Isabel Metzger recherchierte am Ritten und in Jenesien auf Einladung des Hotels "Belvedere".