Reform-Pläne
Pflege im Heim: Spahn will Eigenanteil deckeln - Kritik

04.10.2020 | Stand 20.09.2023, 7:15 Uhr


Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat ein sechs Milliarden Euro teures Konzept für eine Reform der Pflegeversicherung vorgelegt. Damit will er den Eigenanteil für stationäre Pflege deckeln.

"Mein Vorschlag ist, dass Heimbewohner für die stationäre Pflege künftig für längstens 36 Monate maximal 700 Euro pro Monat zahlen", sagte Spahn der "Bild am Sonntag". "Das wären maximal 25.200 Euro. Zwar bleibt die Pflegeversicherung auch dann eine Teilkaskoversicherung. Aber der Eigenanteil wird berechenbar." Zur Begründung führte Spahn die gestiegenen Kosten für die Pflegebedürftigen an. Seit 2017 sei der monatliche Eigenanteil für die stationäre Pflege um durchschnittlich 238 Euro gestiegen. Dies werde "für immer mehr Familien zum Problem", so Spahn.

Patientenschützer: Vorschläge "eher dürftig"

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hat zurückhaltend auf die von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplante Deckelung des Eigenanteils für stationäre Pflege bei 700 Euro reagiert. "Bei genauem Hinsehen, fallen seine Vorschläge eher dürftig aus", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. "So soll der Pflegeanteil im Heim auf monatlich 700 Euro begrenzt werden und nach drei Jahren wegfallen. Tatsache ist aber, dass die Hälfte der Bundesländer diesen Höchstbetrag gar nicht erreichen. Zudem sterben ein Drittel der Heimbewohner nach drei Monaten, und 60 Prozent sind nach zwölf Monaten tot. Es gibt also kaum Pflegebedürftige die drei Jahre im Heim leben."

Pflegekosten nur ein Teil des Eigenanteils

Brysch unterstrich, die Pflegekosten seien nur ein Teil des durchschnittlichen Eigenanteils von rund 2000 Euro im Monat. Denn Verpflegung und Investitionskosten kämen hinzu. "Deshalb muss die Pflegeversicherung endlich zukunftssicher werden und alle Kosten für die reine Pflege tragen."

Im Schnitt über 2000 Euro fällig

Insgesamt müssen Pflegebedürftige für die Heimbetreuung immer mehr aus eigener Tasche beisteuern. Der Eigenanteil für die reine Pflege lag zuletzt im Schnitt bei 786 Euro im Monat. Zuzüglich weiterer Kosten - etwa für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen der Heime - waren insgesamt im bundesweiten Schnitt zuletzt 2015 Euro pro Monat fällig, wie aus Daten des Verbandes der Ersatzkassen (Stand 1. Juli) hervorgeht. Dabei gibt es große regionale Unterschiede.

Zweiter Baustein: Pflicht zur tariflichen Bezahlung

Abseits der Deckelung enthält Spahns Konzept zwei weitere Komponenten. So sollen alle Pflegeheime in Deutschland gezwungen werden, ihre Angestellten besser zu entlohnen: "In der Pflege sollte mindestens nach Tarif bezahlt werden", so der Minister. Um mit der Pflegeversicherung Leistungen abrechnen zu können, solle ein Pflegeheim oder ein Pflegedienst die Mitarbeiter in Zukunft nach Tarif bezahlen. " 2018 hätten nur 40 Prozent der Pflegeheime ihre Angestellten nach Tarif bezahlt, bei den ambulanten Pflegediensten seien es nur 26 Prozent gewesen.

Dritter Baustein: Budget für pflegende Angehörige

Als dritten Baustein der Reform will Spahn die Leistungen für pflegende Angehörige stärker bündeln: "Für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege möchte ich ein Jahresbudget in Höhe von 3.330 Euro einführen. Das soll jeder nach Bedarf einsetzen können." Das Pflegegeld und die Pflegesachleistungen sollten jedes Jahr automatisch um einen Inflationsfaktor steigen.

− kna/dpa