Staffel 2 ist gerade angelaufen
Schonungslos und raffiniert: Warum „Yellowjackets“ eine der aktuell stärksten Serien ist

18.04.2023 | Stand 25.10.2023, 11:50 Uhr

In der zweiten Staffel von „Yellowjackets“ werden einige Rätsel gelöst, dafür tauchen neue mysteriöse Figuren auf. Außenseiterin Misty (Christina Ricci) findet in Walter (Elijah Wood) ihren perfekten Partner. −Foto: Paramount+

Ein Flugzeugabsturz. Tote Teenager. Kannibalismus. Es ist, pardon, keine leichte Kost, die „Yellowjackets“ dem Publikum zumutet. Schonungslos zeigt die Serie in drastischen Bildern, was passiert, wenn junge Menschen in der Wildnis auf sich alleingestellt sind.



Ein solches verstörendes Schreckensszenario beschrieb schon der britische Autor William Golding in seiner 1954 erschienenen Robinsonade „Herr der Fliegen“. Waren es dort ausschließlich Jungs, die sich zu blutdurstigen Wilden mit eigenen fragwürdigen Ritualen entwickelten, ist es in „Yellowjackets“ eine Gruppe junger Frauen – plus einiger männlicher Sidekicks – die fernab der Zivilisation ums Überleben kämpft.

Auf dem Flug zu einem Turnier stürzt eine weibliche High-School-Fußballmannschaft, die Yellowjackets, in den Bergen Kanadas ab. Schnee und Kälte machen den Mädchen zu schaffen. Neben der unbarmherzigen Natur sehen sich die Heranwachsenden zudem mit ihren eigenen Ängsten und Abgründen konfrontiert. Zusätzlich von einer düsteren, übernatürlichen Kraft bedroht, zersplittert das erfolgreiche Team nach und nach in rivalisierende Gruppen, die angespannte Dynamik eskaliert.

Clever kombiniert die Produktion verschiedene Genres. „Yellowjackets“ ist Survival-Thriller und Coming-of-Age-Drama in einem, angereichert mit Horror-Elementen und unterlegt von einem hervorragenden 90s-Rock-Soundtrack. Der packende Plot ist rappelvoll mit furchterregenden Kinnlade-runter-Momenten.

Doch die Serie hat noch mehr zu bieten als schockierende Bilder: Die beiden Serienschöpfer Ashley Lyle und Bart Nickerson zeigen eindrücklich, was mit Menschen passiert, die hungernd und frierend 19 Monate ohne Kontakt zur Außenwelt ausharren mussten.

Das Raffinierte an der bissigen Serie ist ihre Erzählweise auf zwei Zeitebenen. Zum einen werden die tragischen Ereignisse im Jahr 1996 vor und nach dem Flugzeugabsturz gezeigt, zum anderen porträtiert „Yellowjackets“ die Frauen 25 Jahre später und schildert einfühlsam, wie die traumatisierten Figuren, geplagt von quälenden Erinnerungen, mit den psychischen Folgen der Katastrophe umgehen. Während die komplexen Teenager-Charaktere von Nachwuchstalenten wie Sophie Nélisse und Sophie Thatcher verkörpert werden, glänzen bekannte Schauspielerinnen wie Juliette Lewis und Christina Ricci als ihre erwachsenen Versionen. Das erstklassige Ensemble schafft starke Serienheldinnen, die in Erinnerung bleiben.

Renzo Wellinger


• Die erste Staffel von „Yellowjackets“ ist auf Sky abrufbar, die zweite ist gerade bei Paramount+ gestartet, wo jeweils freitags eine neue Episode erscheint

• Den Trailer sehen Sie im digitalen Feuilleton auf pnp.de/kultur