„Forbidden Fruit“
Meister der Liedkunst: Der Regensburger Bariton Benjamin Appl und sein neues Album

07.09.2023 | Stand 12.09.2023, 16:18 Uhr

Benjamin Appl auf dem CD-Cover seines neuen Albums „Forbidden Fruit“ : Der Regensburger Bariton ist einer der herausragenden Liedsänger unserer Zeit. −Foto: Manuel Outumuro

Das Kunstlied hat Konjunktur und ist mittlerweile fest in den Händen einer jungen Generation. Sie hinterfragt den gediegenen Kanon des althergebrachten Repertoires – stärker als jemals zuvor – und bricht die Umstößlichkeit und Geschlossenheit der großen Zyklen von Franz Schubert, Robert Schumann oder Hugo Wolf zugunsten einer frei verfassten Betrachtungsweise auf.

Der Regensburger Bariton Benjamin Appl gehört zweifelsohne zu diesem erlauchten Kreis. Als Liedsänger ist er international bestens etabliert; er besitzt längst die künstlerische Freiheit, sich das Repertoire auszusuchen und thematisch für sich neu zu sortieren. Und das tut er hörbar genüsslich auf seinem neuen Album mit dem verheißungsvollen Titel „Forbidden Fruit“ (Alpha Classics).

Appl collagiert zusammen mit seinem Pianisten James Baillieu ein hochaufgeladenes Kaleidoskop der Liebessehnsucht und Erotik und spreizt die Stilistik weit durch die zwei zurückliegenden Jahrhunderte, ohne sich chronologisch groß Gedanken machen zu müssen. Vielmehr schont er den Zuhörer nicht mit Brüchen, setzt auf kurzweilige Anschlüsse bei meist kleinen Liedminiaturen. Auf Schuberts „Heidenröslein“ folgt dann schon mal Hanns Eislers „Ballade vom Paragraphen 218“, auf die „Arie aus dem Spiegel von Arkadien“ von Arnold Schönberg das süffig gesungene „Just a Gigolo“ von Leonello Casucci.

Die Einspielung ist auch eine Leistungsschau dessen, zu welcher Flexibilität Appl mittlerweile fähig ist, wie traumwandlerisch und mühelos er seine Stimme durch die verschiedensten Schattierungen und Dramaturgien führen kann. Der Bariton surft dabei blind auf der zugewandten und dramaturgisch fein abgestimmten Klavierbegleitung von James Baillieu. Zum Ende treiben die beiden Künstler mit Gustav Mahlers „Urlicht“ ihre Kunst auf die Spitze, mit einer unerhört betörenden und ergreifenden Darbietung an Verinnerlichung und Zerbrechlichkeit, die den Hörer nach knapp 70 Minuten dann ganz still zurücklässt.

Andreas Meixner