Gäubodenmuseum Straubing
"Keltische Lebenswelten": Die Vergangenheit war kunterbunt

31.10.2022 | Stand 19.09.2023, 3:58 Uhr

Die Gewänder der Kelten hat Sieglinde Obermüller anhand einer detaillierten Analyse rekonstruiert. Sie ist gelernte Weberin und Mitglied der Keltengruppe Segarios, die sich ein Mal im Monat im Keltendorf Gabreta in Ringelai (Landkreis Freyung-Grafenau) trifft. −Foto: Bäumel-Schachtner

Wer glaubt, dass die "graue Vorzeit" ihrem Namen alle Ehre macht, der irrt. Die Vergangenheit war bunt – zumindest bei den Kelten. Die Vertreter dieser Kultur, die vermutlich von rund 800 vor Christus bis zu Christi Geburt existierte, waren bereits in der Lage, exquisite Gewänder anzufertigen und diese einzufärben. Blau, rot, gelb, außerdem kariert und verziert mit Pelz und Schmuck – all das war für die Kelten kein Problem. Da es von ihnen keine Abbildungen gibt, müssen Wissenschaftler heute rekonstruieren, wie sie sich kleideten.

Daran wirkt auch Sieglinde Obermüller mit. Die Linzerin ist gelernte Weberin und hat anhand von Stofffunden aus Hallstadt und Hallein die Gewänder dieser Kultur in liebevoller und mühevoller Kleinarbeit auferstehen lassen. Die Ergebnisse sind bis 1. Mai 2023 im Rahmen der Sonderausstellung "Keltische Lebenswelten" im Straubinger Gäubodenmuseum zu sehen.

Die für uns berühmtesten Kelten existieren nur auf Papier und auf der Leinwand und heißen Asterix und Obelix. Dabei hat die keltische Kultur auch sonst für zahllose Errungenschaften gesorgt – zum Beispiel hat sie die Pferdetrense erfunden. Und die Vertreter der gehobenen Stände kleideten sich wahrlich nicht in Sack und Asche. Sie trugen prächtige Gewänder aus ganz besonderen Materialien. So wurden zum Beispiel Brennnesselfaser zu sehr feinen Textilien versponnen. "Das fühlt sich viel besser an, als man glaubt – Brennnesselfaser ist sehr weich", sagt Holger Horenburg, und er muss es wissen: Er ist Mitglied der Keltengruppe Segarios, die sich seit rund 15 Jahren rund einmal im Monat im Keltendorf Gabreta in Ringelai im Landkreis Freyung-Grafenau trifft und sich dort über die Kelten austauscht.

Zu ihnen zählt auch Sieglinde Obermüller. Die Weberin hat sich lange mit den Stofffragmenten beschäftigt, die in Hallein und Hallstadt gefunden wurden, konserviert bis in die heutige Zeit. "Anhand von Gräberfunden hat man zudem gesehen, an welchen Stellen die Gewänder zusammengenäht wurden. Dadurch konnte man die Schnittmuster rekonstruieren", geben Sieglinde Obermüller und Holger Horenburg Einblick. Die Techniken seien seit den Ägyptern nachgewiesen. Und ausgerechnet derjenige, den viele für das Ende der keltischen Kultur verantwortlich machen, hat überliefert, dass die Kelten bunte Stoffe liebten – Caesar.

Die schillernde Vergangenheit lassen auch Originalfunde bei der Sonderausstellung in Straubing auferstehen. So werden Gegenstände gezeigt, die der Erdboden im Landkreis Straubing-Bogen preisgegeben hat: Waffen und Gefäße. "Und wenn Sie die Ausstellung ansehen, dann denken Sie daran, mit wie viel handwerklichem Geschick früher die Menschen ihren Alltag gemeistert haben", empfiehlt Museumsleiter Günther Moosbauer, der die Ausstellung gemeinsam mit Ludwig Husty, dem Kreisarchäologen von Straubing-Bogen, und der Keltengruppe Segarios möglich gemacht hat. Dies erklärt die Magie dieser Kultur: "Den Kelten haftet ein besonderes Flair an – sie sind das erste Volk, das aus dem Dunstkreis der Vorgeschichte hervorgetreten ist."

Melanie Bäumel-Schachtner

Bis 1. Mai 2023, Gäubodenmuseum Straubing, Fraunhoferstraße 23, geöffnet Dienstag bis Sonntag 10 bis 16 Uhr