Ab 27. Oktober im Kino
Die schwule Romantikkomödie "Bros" taugt auch für Heteros

26.10.2022 | Stand 19.09.2023, 3:58 Uhr
Gregor Tholl

Taugt die Komödie über zwei Schwule auch für Heteros? Aber ja! Auf den ersten Blick passen Aaron (Luke Macfarlane, links) und Bobby (Billy Eichner) nicht wirklich zusammen, doch das wird sich schnell ändern. −Foto: 2022 Universal Studios

Huch, eine Liebeskomödie um zwei verknallte Männer kommt ins Kino. Ist das 2022 noch ein Erlebnis? Scheint so. Zumindest wird "Bros" mit Billy Eichner (44) und Luke MacFarlane (42) in den Hauptrollen als "erste Romcom eines großen Studios über eine schwule Beziehung" (Zitat: Universal Pictures) vermarktet. Romcom bedeutet Romantic Comedy, also romantische Komödie. Also: zwei problembeladene Verliebte, Hindernisse, Happy End.

Taugt die erste romantische Komödie eines großen Hollywood-Studios über zwei Schwule etwas – und womöglich auch für Heteros? Aber ja!



Erst mal lässt der ansehnliche Luke MacFarlane – ein Muskelkerl mit Labrador-Blick – auch Herzen von heterosexuellen Frauen höher schlagen. Schon letztes Jahr in der schwulen Netflix-Weihnachts-Produktion "Single All The Way" war er der sexy Typ. Und die "Bros"-Story ist süß, auch wenn sie in Sachen Coming-out, Dating-Apps, Sexualpraktiken und Details aus der queeren Geschichte stellenweise recht voraussetzungsreich bei ihren Gags ist.

Der leicht verbitterte Podcaster und verkopfte Autor Bobby (Eichner), der auch an der Planung eines LGBTQ-Museums beteiligt ist, hat sich in seinem großstädtischen Singleleben eingerichtet. Eines Tages lernt er den scheinbar oberflächlichen Fitness-Kerl und Anwalt Aaron (MacFarlane) in einem Club kennen. Das bleibt nicht ohne Hin und Her und kleine Verletzungen, könnte aber darin enden, dass einer für den anderen vor großem Publikum ein Liebesgeständnis singt. Wie man das kennt von Hollywood.

Der Film von Regisseur Nicholas Stoller ("Nie wieder Sex mit der Ex") kommt aus dem Hause Universal. Früher wandten sich die Storys der Traumfabrik an die Publikumsmehrheit, waren so gut wie immer heterosexuell. Nicht-Heteros – und Nicht-Weiße – waren höchstens Randerscheinungen, meist negative. Es dauerte lang in der Filmgeschichte, bis Homosexuelle normal vorkamen. Bis aus ihrem Leben – ohne Problematisierung der Identität an sich – erzählt worden ist.

Und jetzt? In diesem Herbst wird "Bros" mit großem Budget beworben. Dann heißt es in der Werbung zum Beispiel, in dem Film trete das "Who's who der queeren Schauspieler*innen Hollywoods" auf. Die Besetzung besteht fast ausschließlich aus Mitgliedern der queeren Community wie Hauptdarsteller Billy Eichner, der das Drehbuch mitschrieb.

"Nachdem queere Schauspieler Jahrzehnte damit verbracht haben, heterosexuellen Schauspielern dabei zuzusehen, wie sie sowohl künstlerisch als auch beruflich Kapital schlagen, indem sie LGBTQ-Charaktere spielen, ist ein lang gehegter Traum mit dieser Besetzung wahr geworden", sagt Eichner. Er hoffe, so Eichner, dass "Bros" nur die erste vieler Gelegenheiten sei, in der offene LGBTQ-Ensembles zeigen könnten, dass sie mehr als den verrückten Kumpel oder schwulen besten Freund eines Hetero-Filmstars darstellen können. LGBTQ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- sowie queere Menschen.

Trotz vieler guter Kritiken startete der Film in den US-Kinos schwach. Statt erwarteter acht bis zehn Millionen Dollar spielte er in den Staaten am ersten Wochenende nur etwa fünf Millionen ein. Nicht zuletzt wegen der neuen Lust am Zuhausebleiben infolge von Corona erleben die Kinos Publikumsschwund. Billy Eichner twitterte enttäuscht: "Kinokassen haben, wie wir alle wissen, absolut nichts mit der Qualität eines Films zu tun."

Gregor Tholl

•USA 2022, von Nicholas Stoller, mit Billy Eichner, Luke Macfarlane, Ts Madison, Jim Rash, 115 Minuten, frei ab 12 Jahren

•Den Trailer sehen Sie im digitalen Feuilleton auf pnp.de/kultur