„She Came to Me“
Berlinale 2023 ist eröffnet mit Marisa Tomei, Anne Hathaway und Peter Dinklage

15.02.2023 | Stand 17.09.2023, 2:52 Uhr

Prominenter Auftakt in Berlin: US-Schauspieler Marisa Tomei (v.l.), Evan Ellison, Anne Hathaway und Peter Dinklage beim Fototermin für den Eröffnungsfilm „She Came to Me“. Die 73. Internationalen Filmfestspiele finden bis 26. Februar in Berlin statt. −Foto: Soeren Stache/dpa

Die Berlinale ist nicht gerade für Minimalismus bekannt. Über 200 Filme laufen dieses Jahr im opulenten Programm quer durch alle Sektionen – und da sind die Kurzfilme nicht mal mitgezählt. So viele Beiträge es gibt, so viele verschiedene inspirierende Zündfunken hatten die Filmschaffenden auch für deren Entstehung.

„Inspiration kann überall entstehen. Selbst aus Fehlern“, sagt Peter Dinklage („Game of Thrones“) als kreativ blockierter Opernkomponist, der im Eröffnungsfilm „She Came to Me“ von Rebecca Miller eine unverhoffte Muse findet: In einer Bar begegnet er Marisa Tomei in der Rolle als Kapitänin eines Schlepperboots. Mit ihr stolpert er in eine kurze, bizarre sexuelle Begegnung – und bekommt dadurch die überfälligen Impulse für sein aktuelles Opern-Projekt.

„Es ist eine süße Last“

Das ist aber bei Weitem nicht die einzige Geschichte, mit der der starbesetzte Berlinale-Auftakt, der Dinklage, Tomei und Anne Hathaway auf den roten Teppich brachte, aufwartet. Regisseurin Miller („Pippa Lee“) hat offenbar gleich eine ganze Reihe inspirierender Ideen und angeschrägter Charaktere verarbeitet.

Schließlich gehört auch noch die zwangsneurotische, bakteriophobe Psychotherapeutin (Hathaway), die Frau des Komponisten, zum Personal. Genauso wie ein zutiefst konservativer Gerichtsschreiber mit einer Vorliebe für kostümierte Nachstellungen historischer Ereignisse. Und zwischen den beiden denkbar unterschiedlichen Familien und all den eigenwilligen Gestalten manövriert schließlich der Teenagernachwuchs als verbindendes Element: ein frisch verliebtes Paar, sie 16 und er gerade 18, das unversehens in einer Romeo-und-Julia-Variation landet.

Immer wieder treiben dabei neue Themen an die Oberfläche von „She Came to Me“. Es geht um Beziehungen und das Erwachsenwerden, um Kunst und Inspiration, um entscheidende Zufälle und auch irgendwie um die USA und die gesellschaftliche Spaltung dort. Und doch fragt man sich, während man dem spielfreudigen Ensemble durchaus amüsiert zuschaut, hin und wieder, wohin das alles wohl führen soll – bis sich auf den letzten Metern auf ganz wundersame Weise alles zusammenfügt. Denn der Film ist trotz ernsterer Anklänge gar nicht so dramatisch und tragisch wie die Oper auf der Leinwand, sondern ein leichtfüßiger, hoffnungsstreifender Start in die 73. Ausgabe der Berliner Filmfestspiele.

Der Wettbewerb um den Goldenen Bären dürfte da thematisch häufig sicher deutlich düsterer ausfallen. 19 Beiträge sind es, die die siebenköpfige Jury von ihrer Preiswürdigkeit überzeugen wollen. Die Präsidentin der Jury ist mit 32 Jahren die jüngste der Festivalgeschichte: Kristen Stewart, deren ungewöhnliche Karriere nach dem Durchbruch mit der „Twilight“-Erfolgsreihe immer wieder auch zu Independent- und Kunstfilmprojekten führte.

„Ich bin ein bisschen kribbelig und finde es sehr aufregend“, sagte die US-Schauspielerin über ihre Aufgabe in Berlin, wo sie in einem Hingucker-Anzug auftrat und nur sehr wenig unter dem Sakko trug. „Es ist eine Last, eine süße Last, mit so vielen talentierten Kollegen und Kolleginnen in einer Jury zu sein.“ Welche Filme ihrer Meinung nach preisverdächtig sind? „Da ist sehr subjektiv“, erklärte sie. Man müsse versuchen, unvoreingenommen und offen für Neues zu sein. Wie hitzig die Diskussionen ausfallen, bleibt das Geheimnis der Jury – anders als die Bären-Gewinner, die bei der Gala am 25. Februar ausgezeichnet werden.

Sascha Rettig