Scholz-Rede wird gestört
Auszeichnung für Barbi Markovic zum Start der Leipziger Buchmesse

21.03.2024 | Stand 21.03.2024, 19:00 Uhr

Barbi Markovic hat den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik gewonnen. Sie wurde am Donnerstag für ihr Buch „Minihorror“ ausgezeichnet. − Foto: Hendrik Schmid, dpa

Mit einem experimentellen Horror-Comic-Roman hat Barbi Markovic den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik gewonnen. Die 1980 in Belgrad geborene Autorin wurde am Donnerstag für ihr Buch „Minihorror“ ausgezeichnet. „Barbi Markovic erzählt hinreißend komisch und bitterernst von unserer Gegenwart, der Mensch im Spätkapitalismus wird dabei notgedrungen zur Witzfigur“, sagte Jury-Mitglied Shirin Sojitrawalla bei der Verleihung.

In ihrem Buch beschreibt Markovic in Anlehnung an den beliebten Micky-Maus-Comic den Alltag der Protagonisten Mini und Miki – der vor allem durch zahlreiche Horrorszenarien geprägt ist. Auch in ihrer Dankesrede, die sie – wie sie sagt – kurz vorher in der Kantine vorbereitet hat, erzählt die Autorin eine Horrorgeschichte, in der sich Mini verschluckt und auf der Bühne stirbt.

Die Belletristik-Preisträgerin hat Germanistik studiert und lebt seit 2006 in Wien. Es geht um die alptraumhaften Erlebnisse von Mini und Miki, im Urlaub, auf Familienbesuch und auch – so scheint es – überall sonst. Groteske Formulierungen lassen den Lesenden immer wieder stolpern. So wird etwa an einer Stelle die Fratze einer familienfressenden Cousine auf gruselig detaillierte Weise beschrieben, dann kommt eine sprachliche Unterbrechung, dann eine unerwartete, witzige Bemerkung. Horror des Alltags, Kapitalismuskritik und Witz stehen nebeneinander.

In der Kategorie Sachbuch/Essayistik wurde der Berliner Kunsthistoriker Tom Holert ausgezeichnet. Sein Buch „ca. 1972: Gewalt – Umwelt – Identität – Methode“ stellt die Zeit nach der revolutionären Euphorie von 1968 in den Mittelpunkt. In der Übersetzungs-Sparte gewann Ki-Hyang Lee für ihre Übertragung von „Der Fluch des Hasen“ von Bora Chung aus dem Koreanischen. Die Buchmesse hat den Preis in diesem Jahr zum 20. Mal vergeben. Den Veranstaltern zufolge seien 486 Neuerscheinungen aus 177 Verlagen eingereicht und von einer siebenköpfigen Jury gesichtet worden.

Nachdem die Buchmesse ihre Türen am Donnerstag für Besucherinnen und Besucher geöffnet hatte, waren die Hallen im Norden Leipzigs gut gefüllt. Auch ein besonderer Gast war dort unterwegs: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war am Nachmittag für einen Rundgang gekommen, besuchte unter anderem den Stand der Ukraine. Am Abend wollte Steinmeier in Leipzig mit der Schriftstellerin Anne Rabe und dem Schriftsteller Marcel Beyer über den Zustand der Demokratie diskutieren. Bis zum Sonntag sind rund 100 Veranstaltungen geplant, 2085 Aussteller aus 40 Ländern präsentieren ihre Bücher und Neuerscheinungen.

Die offizielle Eröffnung der nach Frankfurt zweitgrößten deutschen Buchmesse fand am Mittwochabend im Leipziger Gewandhaus statt. An ihr nahm auch Bundeskanzler Olaf Scholz teil. Die Rede des SPD-Politikers wurde mehrfach von Demonstranten unterbrochen. Die Messeveranstalter hatten sich daraufhin gegen Hass, Gewalt, Diskriminierung und Antisemitismus ausgesprochen. „Wir stehen für das freie Wort“, erklärte Messe-Sprecher Andreas Knaut.

Inga Jahn/Gerd Roth