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Auf jeden Fall Colt Seavers: „The Fall Guy“ als spaßige Hommage an die Stuntmen

01.05.2024 | Stand 03.05.2024, 14:38 Uhr
Sascha Rettig

Als Stuntman ist Colt Seavers (Ryan Gosling) in halsbrecherischen Aktionen voll in seinem Element, dirigiert wird er dabei vom Auto aus von seiner Regisseurin und Ex-Flamme Jody Moreno (Emily Blunt). − Foto: Universal Studios

Einen Oscar bringt der riskante Knochenjob bis heute nicht ein. Für die Academy sind sie, obwohl sie in den meisten Filmen vor der Kamera stehen, ganz offensichtlich genauso unsichtbar, wie sie es seit jeher auf der Leinwand für das gesamte Kinopublikum sind: die Stuntmen und -women. Nun allerdings betreibt David Leitchs „The Fall Guy“ etwas Wiedergutmachung.



Der Regisseur („Bullet Train“) richtet das Rampenlicht endlich mal auf diejenigen, die in den Actionszenen seit jeher ihren Kopf für die Stars hinhalten – und das in Form von starbesetztem Blockbusterkino mit Ryan Gosling und Emily Blunt. „The Fall Guy“ basiert dabei lose auf der Fernsehserie „Ein Colt für alle Fälle“, bei deren Titelsong „Unknown Stuntman“ allein schon alle Kinder der 80er bis heute nostalgiefeuchte Augen bekommen.

Größer, lauter, cleverer



Abgesehen von zwei blinzelkurzen Cameo-Auftritten nach dem Abspann halten sich die eindeutigen Anspielungen auf das Original jedoch in Grenzen. Vielmehr ist in der Leinwandversion alles größer, lauter, aufwendiger und cleverer. Nicht zuletzt bekommt Colt Seavers hier, verkörpert vom ewig sexy Hollywood-Charmeur Gosling, der erst im vergangenen Jahr als Ken in „Barbie“ einen ironischen Umgang mit toxischem Machotum demonstrierte, ein angemessenes Update in Sachen moderner Männlichkeit.

Alles beginnt hier jedoch mit einem tragischen Unfall bei Dreharbeiten. Bei einem Stunt als Double für den Weltstar Tom Ryder fällt Colt in die Tiefe und wird schwer verletzt. 18 Monate später sind die Knochen zwar wieder heil, aber das Stunt-Selbstbewusstsein hat gelitten. Trotzdem nimmt der untergetauchte Colt das Angebot an, in die Filmwelt zurückzukehren und in Australien am Sci-Fi-Epos „Metalstorm“ mitzuarbeiten. Regie führt schließlich seine Ex-Flamme Jody Moreno (Blunt). Die ist zunächst wenig amüsiert, dass Colt am Set auftaucht, schickt ihn dann aber auf die Fersen ihres verschwundenen Hauptdarstellers Ryder.
Sollte Colt ihn nicht wiederfinden, steht die gesamte Produktion vor dem Aus. Auf seiner anschließenden Odyssee durch Sydney betreibt „The Fall Guy“ natürlich die Ausweitung der Stuntzone – vom Kinoset in die Wirklichkeit des Films. Dabei wird das gesamte Repertoire ausgeschöpft: von handfesten Faustkämpfen bis zu hochtourigen Verfolgungsjagden.

Regisseur war selbst erfolgreicher Stuntman



Leitch kennt den riskanten Knochenjob aus eigener Erfahrung. Der Regisseur war früher selbst mal erfolgreicher Stuntman und wiederholt auch Stunt-Double für Brad Pitt. Für ihn ist die Hommage an diese handgemachte Faust- und Blechschaden-Action daher durchaus eine Herzenssache. In einer klassischen Mixtur aus Action-Wumms mit Over-the-Top-Showdown, etwas Thriller und gut getimten Sprüchen bringt er sie auf die Leinwand und reichert sie mit Persiflagemomenten, einigen Meta-Gags auf die Filmindustrie und einer erhöhten Dosis Romantik an. Denn trotz aller Sticheleien und Spannungen knistert es zwischen Colt und Moreno, und Gosling und Blunt haben für diese Liebesgeschichte die richtige Chemie. Den unsichtbaren Stars der Filmwelt beschert „The Fall Guy“ einen überfälligen Aufmerksamkeitsschub – und einen überaus spaßigen, unterhaltsamen noch dazu.


• USA 2023, von David Leitch, mit Ryan Gosling, Emily Blunt, Aaron Johnson, 127 Minuten, frei ab 12 Jahren