Notfälle
Münchner KIT wird 30 Jahre alt

08.03.2024 | Stand 10.03.2024, 8:34 Uhr

Tödliche Unfälle, Suizide oder rohe Gewalt sind für Angehörige und Betroffene oft kaum auszuhalten. Kriseninterventionsteams stehen ihnen bei. Die weltweiten Vorreiter aus München feiern nun Jubiläum.

Wenn Menschen nahe Angehörige durch grausame Unfälle oder tödliche Gewalt verlieren, einen Suizid miterleben oder bei Kindern das Herz stehenbleibt, rücken in und um München die ehrenamtlichen Helfer vom Kriseninterventionsteam (KIT) des Arbeiter-Samariter-Bundes aus. Rund um die Uhr stehen sie parat, um Menschen im Ausnahmezustand Beistand zu leisten. An diesem Samstag jährt sich die Gründung des Teams zum 30. Mal - die Bayern sind damit weltweit die Vorreiter.

„Es ist oftmals nur das „Dasein““, erläutert der Leiter des KIT, Stephan Jansen, die Hauptaufgabe der 61 ehren- und 4 hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Egal wie groß etwa bei einer Katastrophe das Chaos drumherum sei: „Wir sind immer der Fels in der Brandung.“

Während bei der notfallmedizinischen Versorgung in Deutschland seit vielen Jahrzehnten ein Rädchen ins andere greift, gab es für die Mit-Betroffenen von besonders schwerwiegenden Ereignissen im Rettungsdienst lange keine psychosoziale Akuthilfe. Wenn die Rettungskräfte abrückten, blieben die Angehörigen oder Augenzeugen sich selbst überlassen - oftmals mit gravierenden Folgen für die Psyche. Der unmittelbare Beistand der KIT-Experten könne in 90 Prozent solcher Fälle Traumafolgestörungen wie Depressionen verhindern, betont Jansen.

„Was die Ehrenamtlichen vom KIT-München jeden Tag leisten, bleibt oft im Verborgenen“, lobt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). „Die Einsatzkräfte stehen Menschen in den vielleicht schlimmsten Stunden ihres Lebens bei - in Situationen, die unbegreiflich sind und fassungslos machen.“ Reiter hat deshalb die Schirmherrschaft für die große Jubiläumsfeier übernommen, die Anfang Mai über die Bühne gehen soll.

Das KIT steht den Betroffenen kostenlos zur Seite. Dafür sind jedes Jahr mehrere 100.000 Euro an Spenden nötig: „Es gibt keinerlei gesetzliche Grundlage für die psychosoziale Akuthilfe“, kritisiert Jansen. Zwar gebe es Fördergelder von Stadt und Landkreis München, diese deckten aber bei Weitem nicht die Kosten. Er hofft deshalb, dass der Freistaat dem Vorbild anderer Bundesländer folgt und die psychosoziale Akuthilfe in das Rettungsgesetz aufnimmt. Auch, damit noch mehr Menschen im Fall der Fälle Hilfe bekommen. „Bayernweit ist die Versorgung deutlich schlechter als in Stadt und Land München.“

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