Deggendorf/München
Hochwasser-Experte erklärt: Darum brauchen wir die Flutpolder

26.11.2018 | Stand 18.09.2023, 3:17 Uhr

Das überflutete Autobahnkreuz Deggendorf im Juni 2013. Eine Computersimulation hat gezeigt: Hätte es damals die drei geplanten Flutpolder zwischen Regensburg und Straubing gegeben, wäre die Katastrophe möglicherweise zu verhindern gewesen. −Foto: Binder

Kurz nach der Flutkatastrophe von 2013 hatte die Staatsregierung beschlossen, dass entlang der Donau zwölf Flutpolder als "Festung" gegen extreme Hochwasser gebaut werden. Mit dem Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern steht diese Entscheidung nun wieder in Frage: Drei Flutpolder sollen aus dem Konzept gestrichen werden.

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Die zwölf Flutpolder-Standorte sind das Ergebnis einer Studie, die von 2009 bis 2012 am Lehrstuhl für Wasserbau und Wasserwirtschaft der Technischen Universität München erstellt wurde. Lehrstuhlinhaber Prof. Peter Rutschmann erläutert im Interview mit der Heimatzeitung, in welchen Situationen die Flutpolder von Nutzen wären und warum sie nicht – wie es im Koalitionsvertrag heißt – durch "dezentrale Regenrückhaltung und ein modernes Staustufenmanagement" ersetzt werden können.
Minister Aiwanger hat in einem Fernsehinterview gesagt, das "Rutschmann-Gutachten" habe gezeigt, dass die Flutpolder stromab keine Auswirkungen hätten. Gerade haben Sie etwas anderes erläutert.
Rutschmann: Zunächst: Es gibt kein "Gutachten Rutschmann", sondern nur das Gutachten der TU München, für welches ich verantwortlich zeichne. Zweitens: Ich habe nirgendwo geschrieben oder gesagt, dass Flutpolder stromab keine Wirkung hätten. Herr Aiwanger muss falsch informiert worden sein, oder es liegt ein Missverständnis seinerseits vor.
Kann eine "dezentrale Regenrückhaltung" die Funktion von Flutpoldern ersetzen?
Rutschmann: Meines Erachtens können Flutpolder nicht durch dezentrale Maßnahmen ersetzt werden. Die Strategie von Bayern ist ja: das eine tun und das andere nicht lassen. Eine dezentrale Strategie macht Sinn in einem lokalen Kontext, in einem Umkreis von vielleicht zehn Kilometer. Sie hat aber einen geringen Einfluss auf das, was großmaßstäblich passiert. Dabei geht es ja auch um ganz unterschiedliche Wetter- und damit Hochwassersituationen.
In Passau spielt der Inn bei den Pegelhöchstständen die entscheidende Rolle. Könnten Flutpolder an der Donau zum Hochwasserschutz in Passau irgendetwas beitragen?
Rutschmann: Für Passau ist der Schutz durch die Flutpolder an der Donau minimal, wenn es um den Spitzenabfluss geht. Hier gibt es aber die Thematik: Überlagern sich die Flutwellen von Inn und Donau? Und da können Flutpolder vielleicht einen gewissen Spielraum schaffen, weil man auf den Ablauf der Flutwelle Einfluss nehmen und den Scheitel auf der Donau hinauszögern kann.
Das Interview führte Stefan Gabriel. Sie können das komplette Gespräch nachlesen - am Montag kostenlos bei PNP Plus und in Ihrer Passauer Neuen Presse.