Triftern
Natürliche und imaginäre Landschaften

17.06.2021 | Stand 21.09.2023, 6:48 Uhr
Imme Rosenberg

Durch ein Bullauge hat Verena von Gagern eine Atlantikreise als Video festgehalten. Der 20 Minuten lange Film "The Moon‘s carving off the sea" wird bei der Ausstellung gezeigt. −Foto: Rosenberg

"Nah und doch fern" ist die Ausstellung betitelt, die im Rahmen des Kooperationsprojektes "Landschaftsmalerei an Rott und Inn" in der "Alten Post, Haus für zeitgenössische Kunst" in Triftern, zu sehen ist. Neun Künstlerinnen und Künstler aus der Umgebung stellen hier aus, und es ist mal wieder erstaunlich, welche Vielfalt die heimischen Kreativen auf die Leinwand, auf die "Filmrolle", in die Druckerpresse und aufs Sperrholz zaubern.

Wie "ausgehungert" die Menschen nach Kunst sind nach der langen Corona-Pause, drückte Besucherin Gabriele Löhneisen aus Pfarrkirchen aus: "Mir geht das Herz auf, dass jetzt wieder alles auf ist. Nach einer zweidimensionalen Zeit kommt als dritte Dimension endlich wieder das gesellschaftliche Leben dazu, das macht mich glücklich." Von der Ausstellung "Nah und doch fern" in der "Alte Post" Triftern, schwärmt Löhneisen geradezu: "Die Räume allein sind schon ein Kunstwerk, die Wände leben durch die verschiedenen Farbschichten, korrespondieren aber trotzdem mit den Kunstwerken," sagt sie.

Jeder Künstler hat in dem großzügigen Haus einen eigenen Raum, was die Konzentration auf die einzelnen Werke zulässt und gleichzeitig eine Korrespondenz mit benachbarten Werken herstellt. Am deutlichsten wird das im ersten Stock bei dem Video-Film von Verena von Gagern und dem großen Ölbild "Stellamaris" von Barbara Strack. In dem 20-minütigen Film "The Moon‘s carving off the sea" über eine Meerreise hat von Gagern als Stilmittel immer die gleiche Perspektive über das runde Bullauge aufs Wasser, eingenommen. Vom Film schweift der Blick durch die Türöffnung auf Stracks Ölbild und bleibt auf einer weiten, verträumten Meerlandschaft die sich bis zum Horizont erstreckt, hängen.

Im nächsten Raum scheinen sich zarte Pflanzen-Linolschnitte des Bernd Stöcker mit den Zeichnungen von Pflanzen und Vögeln zu unterhalten, welche die Bildhauerin Monika Jung in einer früheren Ausstellung in den Putz geritzt hat. Die Linolschnitte des Hausherrn zeigen einmal ein ganz anderes Werkbild des Künstlers. Sie sind umgekehrt negativ geschnitten, sodass sie wie filigrane Holzschnitte wirken.

Ungewöhnlich für Christiane König sind die ausgestellten Holzschnitte, auf denen sie sich auf wenige breite Balken, die wie Pinselstriche scheinen, reduziert. Die mittig durch einen weißen Strich unterbrochenen Arbeiten muten wie eine komplexe Grafik des abstrakten französischen Malers Pierre Soulages an, der "nichts abbilden sondern autonome Werke schaffen" will.

Auf das "Eigentliche" der Form besinnt sich auch Martin van Bracht in seinen kleinen ruhigen Gouache-Bildern. Bei den Acryl-Arbeiten von Fritz Dumanski wiederum entsteht der Eindruck als "kämpften" Farben und Formen gegeneinander. Alles bewegt sich in innerer Aufruhr.

Ein ganzer Raum ist den Arbeiten des Landschaftsmalers Reinhard Wolf aus Triftern gewidmet, der bis zu seinem Tod sehr aktiv das kulturelle Leben des Ortes gefördert hat. Die kolorierten Feder- und Tuschezeichnungen zeigen liebevoll und realistisch verschiedene Ansichten von Triftern. Keine Trifterner Ausstellung ist komplett ohne die träumerischen Bilder von Rut Kohn, die sich im zweiten Stock befinden. Kohns Arbeiten sind aus zwei Gründen leicht zu erkennen – einmal wegen der spielerisch fantastischen Motive und zum anderen wegen der besonderen Technik, die sie "grafische Technik" nennt. Mit speziellen Farbstiften schraffiert die Malerin ihre Motive auf unbehandelte Sperrholzplatten. Um eine besondere Farbintensität zu erreichen, legt sie manchmal mehrere Farbschichten übereinander.

Im gleichen Stockwerk stellt Danae Xynias ihre fantastisch anmutenden Landschaftsbilder aus. Xynias experimentiert mit Farbpigmenten wie Caput mortum, lichter Ocker, roter Jaspis, Turmalin und anderen, was ihren rätselhaft, tief und dunkel wirkenden Ölbildern eine besondere Anziehungskraft verleiht.

Kurator Bernd Stöcker ist von der Ausstellung begeistert: "Das künstlerische Potenzial im Landkreis Rottal-Inn ist enorm", sagt der studierte Bildhauer. "Dabei zeigen wir in dieser Ausstellung nur Künstler aus dem südlichen Landkreis. Bei den Arbeiten werden die beiden Pole – natürliche Landschaft sowie imaginäre Landschaft – deutlich."

Die Ausstellung "Nah und doch fern" in der "Alten Post" in Triftern wurde verlängert und dauert jetzt bis zum 22. August, Öffnungszeiten sind Freitag, Samstag, Sonntag jeweils 14 bis 18 Uhr.