Mit Aufwind in den Himmel
Martin und Simon Streitberger aus Triftern starten beim anstehenden Jugendvergleichsfliegen

06.09.2023 | Stand 12.09.2023, 22:07 Uhr

Während sich Martin Streitberger im Cockpit der Astir CS startklar macht, klinkt sein Zwillingsbruder Simon das Windenseil unten am Segelflugzeug ein. −Foto: Herwig Slezak

„Beim Fliegen bleiben die Sorgen auf dem Boden, und wir kriegen den Kopf frei“, sagen die Zwillinge Simon und Martin Streitberger aus Triftern (Landkreis Rottal-Inn). Die 17-jährigen Piloten wollen beim Jugendvergleichsfliegen am kommenden Wochenende starten.

Passendes Wetter vorausgesetzt, steigt am kommenden Wochenende das ostbayerische Jugendvergleichsfliegen. Da der Luftsportclub Pfarrkirchen im Vorjahr das beste Nachwuchsteam stellte, richtet der Verein den diesjährigen Wettbewerb am heimischen Flugplatz in Postmünster aus. Die Zwillinge Simon und Martin Streitberger (17) verrieten, auf was es neben Spitzenergebnissen wirklich ankommt.

Majestätische Ausblicke



Der Motor eines Porsche 928 treibt die Winde an. Das daran befestigte, 1100 Meter lange Seil spannt sich und zieht das Segelflugzeug über die Startbahn. Überraschend flott steigt der Pilot mit dem Luftfahrzeug in den Himmel empor. In rund 400 Meter Höhe klinkt das Seil aus. Nun wird auf Sicht geflogen. Der Horizont dient zum Orientieren. Je nach Thermik hält sich das Segelflugzeug wenige Minuten oder eine halbe Ewigkeit in der Luft. „Einmal bin ich fast drei Stunden lang oben geblieben“, berichtet Martin. Gerne erinnert sich der Feinwerkmechaniker-Azubi an einen Flug, bei dem sich die Rottaler Kreisstadt beim Blick vom Himmel unterm Bodennebel verbarg, zugleich die Alpen am südlichen Horizont majestätisch aufragten.

Nicht ohne Grund findet sein Zwillingsbruder Simon: „Beim Fliegen bleiben die Sorgen auf dem Boden, und wir kriegen den Kopf frei.“ Immer wieder dreht er eine Runde über seiner Heimatgemeinde Triftern. Auch wenn das Flugbuch alle absolvierten Starts aufzeichnet. Genau genommen bleibt das Landen die größte Herausforderung. „Es geht um die Kunst, präzise und weich aufzusetzen“, fasst Simon zusammen.

„Wenn sich das Seil spannt, ist die Aufregung weg“



Im Alter von 14 Jahren fingen die Zwillinge mit dem Flugschein an. „Da wir nur am Wochenende sowie bei passendem Wetter fliegen, dauert das zwei, drei Jahre lang“, so Martin. „Nach 85 Starts bin ich vor gut zwei Jahren zum ersten Mal alleine geflogen“, erzählt der Auszubildende. „Erst ist man nervös, aber wenn sich das Seil spannt, ist die Aufregung weg“, findet Zwillingsbruder Simon, der denselben fliegerischen Werdegang durchläuft. Seinen ersten Alleinflug bezeichnet der Elftklässler von der Fachoberschule Pfarrkirchen „als Erlebnis, auf dass man lange hinarbeitet und dass man nie vergisst“.

Sitzen die Teenager aus Triftern hinterm Steuerknüppel, wissen sie den Höhenmesser, den Fahrtmesser mit der Geschwindigkeit gegen die Luft oder den Variometer mit der vertikalen Sink- und Steiggeschwindigkeit korrekt zu lesen sowie das Funkgerät zu bedienen. In diesem Frühjahr meisterten beide die praktische Prüfung für den Flugschein. Simon: „Neben dem Start und einer Ziellandung gehören Übungen wie der Langsamflug zu den gestellten Aufgaben.“ Am schwierigsten fanden die beiden aber die vorausgegangene theoretische Prüfung, etwa das Rechnen in Hinblick auf die Navigation. Martin: „Die Theorie ist die größte Hürde.“ Mit dem erfolgreich erstandenen Pilotenschein in der Tasche sammeln die zwei jungen Rottaler weiter fliegerische Erfahrung.

Eine weiche Landung zum Abschluss



Dieses Wochenende wollen die Zwillinge beim ostbayerischen Jugendvergleichsfliegen ihre starken Ergebnisse vom Vorjahr bestätigen. Letzten Herbst in Cham holte sich Martin den ersten Platz, gefolgt von Simon. „Nach jedem der drei Starts folgt eine Platzrunde mit je einer speziellen Übung, zusätzlich der Seitengleitflug“, erklärt der Fachoberschüler. Und Azubi Martin weiß: „Zum Abschluss ist eine weiche Ziellandung zwischen den Landereitern auf der Piste gefragt.“

Eine zehnköpfige Jury bepunktet die gezeigten Leistungen. Die besten Nachwuchs-Flieger qualifizieren sich für den bayernweiten Wettbewerb, der Ende September in Bamberg steigt. Darüber hinaus geht es darum, die Jugend benachbarter Vereine kennenzulernen. Ohnehin gehört der Teamgeist den Zwillingen zufolge zu den Kennzeichen der Fliegerei. Am Flugplatz in Postmünster bedeutet das im Alltag: Damit eine Person fliegen kann, braucht es einen Starthelfer, der die Flügel waagrecht hält, den Windenfahrer am Porsche-Motor sowie einen speziell eingewiesenen volljährigen Flugleiter. Immerhin verfügt der rund 100 Mitglieder starke Luftsportclub Pfarrkirchen über sieben eigene Segelflugzeuge. Zum Nachwuchs zählen rund 15 Piloten unter 25 Jahre, davon ein Drittel weiblich. Um den reibungslosen Ablauf zu garantieren, bekommen alle Aktiven einen Dienstplan.

Flugplatzfest am 16. und 17. September



Derzeit geht es Schlag auf Schlag. Dem anstehenden ostbayerischen Jugendvergleichsfliegen an diesem Wochenende folgt am 16./17. September das beliebte Flugplatzfest. Natürlich sind die Zwillinge beide Male mit von der Partie. Darüber hinaus fliegen die zwei Teenager, wann immer es sich einrichten lässt. Bei ihrem intensiven Einsatz für ihr Hobby haben Martin und Simon Streitberger für eins immer noch keine Zeit gefunden: einmal mit einem Düsenjet mitzufliegen.