Thriller in Helmbrechts
Irre: Buzzer-Beater von Verena Schimpf bringt #badgirls Big Points

24.10.2023 | Stand 24.10.2023, 21:03 Uhr

Lagen sich nach dem Spiel in den Armen: Verena Schimpf (r.) und Laura Bachmaier.  − Foto: Alex Schmadel

Nachdem sich die erste Jubeltraube der Innstädterinnen gelöst hatte, konnten die vielen Zuschauer in der Göbelhalle in Helmbrechts ein nachdenkliches Simbacher Trainer-Duo beobachten, das bereits wenige Sekunden nach Abpfiff viel Rede- und Analysebedarf hatte – obschon die #badgirls durch ein 32:31 ihren zweiten Sieg in der Bayernliga feiern konnten. Zuvor hatten ihre Schützlinge den Mitaufsteiger SG Helmbrechts/Münchberg in deren eigener Halle zunächst in allen Belangen dominiert, im späteren Verlauf souverän kontrolliert, nur um sich binnen zwölf Minuten fast um den verdienten Lohn zu bringen. Innerhalb dieser Zeitspanne verspielten die Innstädterinnen eine sichere Acht-Tore-Führung, nur um dank Verena Schimpfs Buzzer-Beater (zu Deutsch wörtlich Sirenenbezwinger) eine phänomenale Aufholjagd der Gastgeberinnen zunichte zu machen und diese auf die wohl härtest mögliche Weise aus dem Rausch zu holen, in den sie sich in der Schlussphase gespielt hatten. Vier Sekunden vor Schluss knallte die 18-Jährige den Ball zum Sieg ins Tor.

Nach entspannter Anreise durch den gesamten bayerischen Freistaat trafen die #badgirls bereits drei Stunden vor Spielbeginn im hübschen oberfränkischen Helmbrechts ein. Offenbar mehr als genug Zeit, um die Fahrtenmüdigkeit abzuschütteln und den Fokus auf Handball zu richten. Es war eine beeindruckend reife Vorstellung, die die Simbacherinnen ab dem Anpfiff der beiden, wie schon in der Vorwoche sehr umsichtig und fehlerfrei leitenden, Unparteiischen Carsten Hehn und Oliver Jauch, hinlegten.

Nach einer schnellen 2:0-Führung folgten zwar ein paar fehlerbehaftete Minuten, die die Gastgeberinnen ihrerseits zum 3:2 nutzten nutzten – die einzige Führung im ganzen Spiel. Fortan liefen die Oberfränkinnen dem Spielgeschehen und den Innstädterinnen hinterher. Dem TSV gelang es, erneut eine bärenstarke Deckung zu stellen, dazu zeichnete sich diesmal Pia Mühlböck dahinter wieder mit vielen Paraden, inklusive zweier gehaltener Strafwürfe, aus.

Die Sicherheit, die sich die Innstädterinnen dadurch holten, wurde mit ins Angriffsspiel transportiert. Dort zerpflückte der Rückraum der #badgirls die oberfränkische Defensive nach allen Regeln der Handballkunst. Jede Lücke wurde entdeckt, attackiert und genutzt. Wenn nicht selbst vollstreckt wurde, wurde die mit beeindruckender Treffsicherheit agierende Flügelzange um Bianca Brandmeier und Kati Eglhofer in Szene gesetzt (9 Treffer bei 10 Abschlüssen in Durchgang 1). Auf 19:11 bauten die Innstädterinnen ihren Vorsprung bis zum Pausenpfiff aus und hinterließen nicht nur bei ihrem eigenen Trainergespann staunende Gesichter, ob einer eiskalten und an Coolness kaum zu überbietenden ersten Halbzeit.

Doch der zweite Abschnitt sollte anders verlaufen, ganz anders: Bereits nach fünf Minuten zog Coach Andi Lex die Notbremse. Spielstand 22:16, somit schon fünf Gegentore in Halbzeit 2, jedoch noch alles im grünen Bereich. Der Simbacher Chef-Trainer wiederholte seine Warnung aus der Halbzeitpause und erreichte diesmal die Köpfe seiner Mannschaft. Diese fand nun wieder den Zugriff auf das Spielgeschehen. Die Dominanz aus der 1. Halbzeit war zwar verschwunden, aber die #badgirls kontrollierten nun wieder in souveräner Manier das Spielgeschehen. Laura Bachmaiers Treffer zum 29:21 in der 47. Minute zwang Heimtrainer Christopher Seel zu seinem zweiten Team-Time-Out, bei welchem sehr entspannte Stimmung auf der Gästebank herrschte. Schwächephase überstanden, Souveränität wiedergefunden, nun galt es, das Spiel sauber und konzentriert nach Hause zu bringen.

Gesagt, nicht getan: Nach Verena Schimpfs Treffer zum 30:22 in der 48. Minute folgte eine zehnminütige Torflaute. Aus unerklärlichen Gründen stellten die TSV-Damen sämtliche Bemühungen ein, Handball zu spielen. Helmbrechts witterte seine eigentlich nicht mehr vorhandene Chance und spielt auf „Alles oder Nichts“. Der Plan ging auf.

Fortan entwickelte das Spiel eine Dynamik, die so zu keiner Zeit absehbar war und derer auch nicht mehr entgegenzusteuern war. Minütlich schmolz der Vorsprung ob vieler schneller Gegentreffer aus dem oberfränkischen Tempospiel, zeitgleich stieg erkennbar die Nervosität der Innstädterinnen. Der Blick richtete sich immer öfter in Richtung Hallenuhr, doch diese zeigte beim Stand von 30:28, als Andi Lex sein letztes Time-Out zog, immer noch über vier Minuten Spielzeit an.

Die Auszeit zeigte nicht die gewünschte Wirkung. Inzwischen hatte jeder in der Halle verstanden, dass der Ausgang des Spiels wieder völlig offen war und die Lautstärke stieg entsprechend an. Ein erneuter Ballverlust ermöglichte dem Heimteam den Anschlusstreffer. Dann endlich brach Kapitänin Stephanie Kube den Bann und brachte den Ball zweieinhalb Minuten vor dem Ende zum 31:29 für den TSV im Tor unter. Sicherheit bringt dies jedoch nicht, da die Gastgeberinnen binnen zehn Sekunden kontern konnten. Es folgte ein weiterer Ballverlust und die Auszeit des Heim-Coaches. Sophia Knoll erzielte nach starker Kombination 90 Sekunden vor dem Ende das 31:31 und somit den ersten Ausgleich seit Minute 5. Ein weiterer kapitaler Fehler schenkte der SG Helmbrechts in der Schlussminute den Ball. Alles sprach gegen die #badgirls.

Doch entgegen des Spielverlaufs der vorherigen Minuten sucht das Heimteam zu früh die Entscheidung. Der schwere Wurf vom Kreis wird dank einer Riesenparade von Pia Mühlböck entschärft, prallt jedoch direkt in Richtung der Rechtsaußen der Gastgeberinnen ins Feld zurück. Lilly Wimmer schmeißt sich gedankenschnell vor der eigentlich besser positionierten Gegenspielerin auf das Spielgerät, welches dadurch erneut bei Torfrau Pia Mühlböck landet. Zehn Sekunden verbleiben für einen finalen Angriff, Verena Schimpf braucht nur sechs. Mit aller Gewalt trifft die 18-Jährige den letzten Wurf des Spiels und beschert den #badgirls den ersten Auswärtssieg in der Bayernliga. Ob verdient oder nicht sei dahingestellt.

− td

Für den TSV Simbach spielten: Tor: Pia Mühlböck, Juliana Gartman: Feld: Vanessa Bachmeier, Fanni Gruber (1), Sabrina Brand (3), Stephanie Kube (4/1), Anja Fischhold, Lilly Wimmer, Alina Greilinger, Verena Schimpf (8/4), Laura Bachmaier (5), Bianca Brandmeier (6), Kati Eglhofer (5).

Bayernliga, 6. Spieltag: Zirndorf – Stadeln 26:29, Helmbrechts/Münchberg – Simbach 31:32, Nürnberg – Regensburg II 21:25.

Nächstes Spiel des TSV: Sonntag, 19. November, 16.30 Uhr: Simbach – Nürnberg.